Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition)
Und die Katze läuft gern auf der Tastatur herum.“
Er spürte, dass sie nur Small Talk machte, obwohl sie eigentlich etwas anderes mit ihm besprechen wollte. Etwas Ernstes.
Die Kellnerin kam, und sie bestellten Sandwiches, Kaffee für Nick und einen Chai-Tee für Juliette.
Sobald sie wieder gegangen war, beugte sich Juliette vor und fragte: „Nick … Was wollen wir machen?“
Er nahm ihre Hand, die er über den Tisch hinweg festhielt.
„Wir könnten damit anfangen, Händchen zu halten. Dann, nachher, zu Hause …“, begann er.
Sie drückte seine Hände.
„Das ist mein Ernst“, fuhr sie fort und sah ihm in die Augen. „Immer, wenn ich denke, wir könnten eine Art stabiles Liebesleben haben oder sogar richtig zusammenleben …“
„Ich weiß“, erwiderte er.
Dann kommt uns diese Grimm-Sache dazwischen
.
Ihm kam ein Gedanke, und er spürte einen Stich in der Brust.
„Moment mal … Du willst dich doch nicht von mir trennen, oder?“
Sie schürzte die Lippen, und ihm war klar, dass sie schon darüber nachgedacht hatte. Aber dann lächelte sie und schüttelte den Kopf.
„Das kann ich anscheinend nicht. Aber zuerst hast du mir absichtlich nichts gesagt …“
„Ich habe versucht, dich zu beschützen. Ich wollte dich nicht verlieren. Ich schätze, das war egoistisch.“
„Das war es. Und dann wurde ich beinahe umgebracht … Ich lag im Krankenhaus und habe zum Teil das Gedächtnis verloren …“
Er hätte ihr gern gesagt, dass sie den Großteil ihrer Erinnerungen zurückbekommen hatte, aber er wusste, dass sie das nach all dem, was sie hatte durchmachen müssen, nicht trösten konnte.
Stattdessen sagte er: „Und jetzt?“
„Und jetzt ist es manchmal, wenn wir zusammen sind, als wärst du gar nicht da.“
Er nickte. „Das könnte noch eine Weile so weitergehen. Ich sitze an einer großen Sache. Wir ermitteln da in einem Fall, der … irgendwie ziemlich knifflig ist.“
„Kannst du nicht darüber reden?“
„Nicht wirklich.“
„Hat das etwas mit den Leichen zu tun, die sie bei Canby gefunden haben?“
„Wie kommst du darauf?“
„Ach, die Beschreibung in der Zeitung … Der Zustand der Leichen …“
„Oh. Ja.“ Sie wusste von den
Wesen
, daher hatte sie geahnt, was mit den „tierischen Klauenspuren“ gemeint sein konnte.
Ihre Sandwiches kamen und sie aßen, ohne sich dabei viel zu unterhalten. Nick sah durch das vom Regen verschmierte Fenster hinaus auf die Passanten, die vorbeikamen und deren Regenschirme miteinander zu verschmelzen schienen …
Juliette schob ihr halb gegessenes Sandwich zur Seite und trank einen Schluck Tee.
„Vielleicht … könntest du dich einfach ab und zu mal bei mir melden. Bis die Sache vorbei ist. Falls sie dich nicht zu sehr … in Anspruch nimmt?“, meinte sie leise.
„Willst du mich denn nicht sehen?“
„Doch, aber ich bin mir nicht sicher, ob das so gut wäre, Nick.“
„Hank wollte mit uns auf ein Doppel-Date gehen. Er hat Karten für Princess.“
„Glaubst du wirklich, dass ihr Zeit dafür findet?“
Er seufzte. „Ich weiß nicht, ob ich überhaupt viel Zeit für was anderes als meinen Job haben werde. Und für vieles, was nicht zu meinem Job gehört. Aber …“
„Nick? Erzähl es mir nicht. Im Moment … möchte ich nichts über solche Sachen hören.“ Sie nahm erneut seine Hand. „Ich würde mir gern eine Zeitlang einreden, dass ich den Wohnwagen deiner Tante nie betreten hätte …“
An diesem Abend war es kalt in dem alten Airstream-Wohnwagen. Er fand nur eine Stelle in den verzierten, gelblichen Seiten, auf denen das
Seelensiegel
erwähnt wurde, und bei diesem Begriff bekam er noch immer eine Gänsehaut. Der einzige Eintrag schien von einem britischen Grimm aus dem achtzehnten Jahrhundert zu stammen:
„Von den zahlreichen Tränken, Mitteln und Gegenmitteln, Giften und Gegengiften, die mit dem Hexenbiest in Verbindung gebracht werden, ist das Seelensiegel das wohl verstörendste. Was lässt uns Gott schon für eine Wahl, als das Gute dem Bösen vorzuziehen? Der freie Wille ist das Licht der menschlichen Seele. Doch das Seelensiegel verzehrt den freien Willen, so wie die Flamme den Docht verzehrt, bis die Kerze zu einer Pfütze geschmolzen ist …“
Wie weit würden sie gehen, wenn sie das
Seelensiegel
einsetzen, fragte er sich. Möglicherweise war das organisierte Verbrechen nur der Anfang, nur die Grundlage für etwas weitaus Größeres.
Er legte das Buch zur Seite und sah noch zwei weitere durch, doch er
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