Grimm 2: Die Schlachtbank (German Edition)
„Etwa für einen Monat?“
„Mehr oder weniger“, antwortete Wu und nickte. „Crawford hat ihr gegenüber behauptet, es würde sich bei seinen Klienten um Prominente handeln, die unbedingte Anonymität verlangten und bereit wären, dafür auch entsprechend mehr zu bezahlen.“
„Prominente?“, fragte Monroe. „Wirklich?“
„Laut ihren Notizen hat Crawford ihr das so gesagt. Das Geschäft lief nicht sehr gut, und da sie eine beachtliche Kaution bekam, hat sie nicht viele Fragen gestellt.“
„Und wie bringt uns das weiter?“, wollte Renard wissen.
„In einem ihrer privaten Ordner hat Gary eine unter ‚Promis‘ gespeicherte Datei gefunden, die sich als Entschlüsselungscode für die seltsamen Adressen herausgestellt hat. Neben jeder falschen Adresse steht da die korrekte des jeweiligen Objekts.“
„Wir brauchen Durchsuchungsbefehle“, meinte Nick an Renard gewandt.
„Wir haben schon die ganze Zeit auf einen Durchbruch in diesem Fall gewartet“, erwiderte Renard. „Der Bezirksanwalt hat einen Richter für uns abgestellt. Außerdem haben wir einen hinreichenden Verdacht, da dürfte das nicht lange dauern. Und jetzt, wo auch noch ein Detective entführt wurde und in Gefahr ist, sollten sie erst recht eine Ausnahme machen.“ Er drehte sich zu Wu um. „Wie viele Adressen haben wir?“
„Wenigstens ein Dutzend.“
„Mindestens Zweierteams“, ordnete Renard an. „Wir sollten so viele Adressen wie nur möglich gleichzeitig aufsuchen. Los!“
Wu rannte los, um die Razzien zu koordinieren, während Renard in sein Büro zurückkehrte und seine Vorgesetzten informierte. Monroe hielt Nick am Arm fest, als der gerade den Konferenzraum verlassen wollte.
„Nick, das Fest wird in keinem der gemieteten Häuser stattfinden“, sagte Monroe. „Wir suchen nach einem abgelegenen Ort und einem offiziellen Gastgeber. Nur aus diesem Grund haben sie Hank und die anderen Entführungsopfer bisher am Leben gelassen.“
„Das ist mir klar“, erwiderte Nick. „Aber wenn wir Mitglieder der Gesellschaft festnehmen, dann werden sie uns dorthin führen.“
„Die Tafelsilbergesellschaft existiert seit mehreren Hundert Jahren“, entgegnete Monroe. „Vielleicht sogar noch länger. Selbst wenn du einige Mitglieder erwischst, werden sie nicht reden.“
„Oh doch, das werden sie“, versicherte ihm Nick im Rausgehen. „Die werde ich schon zum Reden bringen.“
In den nächsten beiden Stunden führten sie Razzien in diversen geräumigen Häusern, Luxuswohnungen und Apartments durch. Nick hatte sich Wu als Partner ausgesucht, und sie überprüften zusammen drei Adressen, wo sie eine Enttäuschung nach der nächsten erwartete. Überall war offensichtlich, dass hier bis vor Kurzem noch jemand gewohnt hatte. Mal stand Geschirr im Spülbecken, mal war ein Mülleimer umgeworfen worden, dann wieder standen Schranktüren offen, Kleiderbügel lagen auf dem Boden und unter einem Bett entdeckten sie ein Paar rote Manolo-Blahnik-Sandalen, die jemand vergessen hatte. Der Inhalt einiger Mülleimer war sogar verbrannt worden.
Andere Teams entdeckten Kleidungsstücke, Kaffee, Alkohol, Wasserflaschen, aber so gut wie keine anderen Nahrungsmittel. Nick vermutete, dass sie auch nicht viel aßen, wenn sie ein Kannibalenmenü erwartete, und immer mit gesundem Appetit beim Fest erschienen. Schließlich hatten sie fünfundzwanzig Jahre lang darauf gewartet, Menschenfleisch zu essen. Da wäre es doch sinnlos, noch groß einzukaufen.
Dummerweise entdeckte keines der Teams etwas, das sich einer bestimmten Person zuordnen ließ. Die Mitglieder der Tafelsilbergesellschaft waren unter falschem Namen nach Portland gereist. Vielleicht gab es in Crawfords Computer einen Schlüssel, mit dem sich die falschen Identitäten lüften ließen und sie die richtigen Namen bekamen, doch bis jetzt hatten die Techniker ihn noch nicht gefunden.
Als Nick mal einen Augenblick alleine war, rief er Monroe an und berichtete ihm, dass die Razzien Zeitverschwendung gewesen waren. Die Kriminaltechniker würden in den gemieteten Objekten nach Fingerabdrücken und DNA-Spuren suchen, doch selbst wenn sie etwas fanden, konnten sie nur einen Treffer landen, wenn die Verdächtigen bereits im System waren.
„Wenn sie die Wohnungen aufgegeben haben, dann muss heute der letzte Tag sein, Nick“, beharrte Monroe. „Nach allem, was ich gelesen habe, versammeln sie sich an einem Ort und veranstalten eine Art Abschiedsfeier, sozusagen eine
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