Grimm 2: Die Schlachtbank (German Edition)
hatten das Gelände aus einer Laune heraus betreten und das unebene Terrain als perfekte Teststrecke für ihre Mountainbikes angesehen. Es war reiner Zufall gewesen, dass sie auf die Knochen gestoßen waren.
Hank lehnte sich gegen einen Felsen, den ein Bagger ausgegraben, aber nicht mehr vom Gelände entfernt hatte, stützte seine Krücken dagegen und massierte sich die Unterarme. Er konnte ganz offenkundig eine Pause gebrauchen.
Während alle anderen jedes Trümmerstück am Boden untersuchten und mit der Entdeckung eines dritten zerteilten Skeletts rechneten, entfernte sich Nick ein Stück weit vom ersten Fundort und versuchte, das ganze Gelände mit den Augen eines Killers zu betrachten, der nach einer Stelle sucht, an der er menschliche Überreste entsorgen kann.
Abgelegen. Leicht zu übersehen. Flache Gräber, die auf Ungeduld oder Oberflächlichkeit hindeuten. Vielleicht war dem Mörder aber auch nur wichtig, dass die Knochen kurze Zeit, möglicherweise einige Wochen oder Monate, nicht gefunden wurden. Vielleicht reiste er viel umher. Ermordete mehrere Menschen, verließ die Stadt und wiederholte das Ganze woanders. Bislang hatten sie die Knochen der Opfer gefunden, die vor mehreren Wochen entführt worden waren. War der Killer bereits weitergezogen? Falls nicht, wie viel Zeit blieb ihnen noch, um den Fall zu lösen und den Mörder – ob Mensch oder
Wesen
– zu schnappen, bevor er die Stadt verließ?
Eine heftige Windbö erfasste ihn und schien der Vorbote eines aufkommenden Sturms zu sein. Er blickte gen Himmel und sah, wie sich die dunklen Wolken zusammenballten.
Schon bald würde sich der Killer mit dem Wind treiben lassen.
Beim nächsten Windstoß sah er im Augenwinkel eine Bewegung. Ein Blatt Papier hing an einigen Ästen fest, wurde vom Wind losgerissen und klappte herum. Ein Stück nachgemachtes Pergament. Nick sah einige geometrische Muster auf einer Seite, bevor es erneut herumgewirbelt wurde. Jetzt war er neugierig geworden und hastete hinterher, während er sich im Gehen Latexhandschuhe überstreifte, die er immer in der Tasche hatte. Wenn das Papier dem Mörder gehört hatte, fanden sie darauf vielleicht einen Hinweis auf seine Identität.
Zwei Mal, als er sich gerade herunterbeugte, um es aufzuheben, wurde das Blatt weitergeweht. Er sah sich um und hoffte, dass niemand seine kleine unfreiwillige Slapstickeinlage mitbekommen hatte, bei der er sich so vorkam, als hätte jemand eine Angelleine an einen Dollarschein geklebt und diesen immer wieder weitergezogen. Er machte einen weiteren Schritt, und das Papier wirbelte durch die Luft bis auf Kniehöhe, wo Nick es in der Luft auffing.
Auf die Vorderseite des zerrissenen Blattes hatte jemand mit einem dicken schwarzen Stift ein Muster gemalt. Einen Bogen oder eine Kurve mit präzisen Dreiecken, die entlang der Außenseite verliefen. Unter den geometrischen Formen war mit demselben Stift eine Nachricht oder ein Code notiert worden, aber der Großteil davon schien auf dem fehlenden Teil des Blattes zu stehen. Nur die obere Hälfte war noch vorhanden. Vier Buchstaben oder Zahlen mit einer Lücke zwischen dem dritten und dem vierten Eintrag. Der erste konnte eine Fünf oder die Oberkante eines S sein, der zweite eine Acht oder der obere Teil eines Os, und der dritte war vielleicht eine Eins, ein I oder ein L. Das vierte Objekt nach der Lücke sah aus wie ein winziges, umgedrehtes V, was jedoch sehr unwahrscheinlich war.
Nick sah von dem Blatt auf und bemerkte, dass ihn ein Mann anstarrte, der auf der anderen Straßenseite stand. Er trug einen blauen Overall, rauchte eine Zigarette und stand vor einem Autohändler, der sich gegenüber der Nordseite des leeren Grundstücks befand. Offenbar arbeitete der Mann dort. Als er merkte, dass Nick ihn ansah, schnippte er die Zigarette weg, drehte sich auf dem Absatz um und huschte in die offen stehende Werkstatt. Das war ein recht ungewöhnliches Verhalten für einen unschuldigen Passanten oder einen Schaulustigen an einem Tatort.
Nick schob das Blatt Papier in einen Beweismittelbeutel, der noch in seiner Jackentasche steckte, und stopfte diesen und seine Handschuhe wieder in seine Tasche zurück, bevor er zum Nordrand des Geländes hinüberging. Er lief am Zaun entlang, bis er an eine Lücke kam, über die man das Absperrband x-förmig gespannt hatte, um ein Durchkommen zu verhindern. Er duckte sich unter dem Band hindurch, ohne es zu zerreißen, überquerte die Straße und näherte sich dem schäbigen
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