Grimm 2: Die Schlachtbank (German Edition)
als es an der Tür klopfte, die nicht verschlossen war, da er alleine hier arbeitete.
Eine vertraute Stimme rief: „Knochenabholung!“
„Okay“, knurrte er und ließ das scharfe Messer an einer Rippe entlanggleiten, um das Fleisch abzutrennen. Manchmal wollten sie die Rippchen, aber bei diesem Kadaver hatte der Koch nur das Fleisch verlangt.
Er war derart vertieft in seine Arbeit, dass er dem Mann fürs Grobe den Rücken zuwandte, während dieser den Handwagen mit dem quietschenden Reifen hereinzog. Wenn Farley ihn noch ein Mal darum bitten musste, dieses verdammte Rad zu ölen, dann würde er ihm auch gleich einen neuen Scheitel mit seinem Hackmesser verpassen.
Sei doch wenigstens ein bisschen stolz auf deine Arbeit, Mann!
Aber er seufzte nur und sagte nichts.
In wenigen Tagen bin ich dieses Arschloch ohnehin los
.
Dann fing diese Nervensäge auch noch an, eine dämliche Melodie zu pfeifen. Der Kerl wickelte Streifen um die Metalleimer und band sie auf seinem Wagen fest. Im Verlauf der Feste häuften sich die Knochen, und der Metzger hasste Chaos in seinem Schlachtraum. Daher war er immer froh, wenn die Knochen abgeholt wurden.
„Ist das die ganze Ladung?“, fragte der Mann fürs Grobe. „Oder hat der Koch noch ein paar in seinen Suppentöpfen behalten?“
„Soweit ich weiß, ist das alles“, erwiderte Farley.
„Ich werde ihn lieber fragen, um auf Nummer sicher zu gehen.“
„Mach das.“
„Anscheinend muss ich mir eine neue Abladestelle suchen.“
Auch wenn er es längst bereute, überhaupt etwas gesagt zu haben, fragte er trotzdem nach: „Warum das?“
„Guckst du denn keine Nachrichten, Metzger? Die Polizei hat beide Stellen entdeckt. Es wäre viel zu riskant, dorthin zurückzukehren.“
Farley konnte sich den spitzen Kommentar nicht verkneifen. „Wenn du die Knochen besser versteckt hättest …“
Der Mann schnaufte. „Warum? In einer Woche ist doch sowieso alles egal.“
Dieses Mal schwieg Farley lieber. Der Mann versuchte, seine Nachlässigkeit herunterzuspielen. Doch Farley hatte diese armselige Kreatur nicht eingestellt und würde gewiss keine Zeit damit vergeuden, sich mit diesem Kerl zu streiten. Viel lieber hätte er den Mann ausgeweidet. Zu schade, dass er kein Mensch war, sonst hätte Farley den Koch gebeten, auch den Mann fürs Grobe auf die Speisekarte zu setzen.
„Entspann dich, Großer. Es ist bald vorbei.“
Farley hörte, wie der Mann die Tür hinter sich schloss. Er hielt kurz inne und kniff die Augen zusammen, bis das Quietschen des Rads schließlich nicht mehr zu hören war. Dann seufzte er erleichtert und setzte seine Arbeit fort.
Obwohl Hanks Nacken und seine Schultern schmerzten, weil er ständig durch die Natur Portlands auf seinen Krücken humpeln musste, behielt er seine Beschwerden für sich. Wenn man ihm im Revier auf seinen Krücken sah, fing er sich ohnehin schon genug dumme Sprüche ein. Einige seiner Kollegen waren vermutlich der Auffassung, dass er lieber Schreibtischarbeit machen sollte, bis der Gips runter kam. Aber sie würden es nie wagen, ihm das auch offen ins Gesicht zu sagen.
Auf den ersten Blick wirkten alle entgegenkommend und verständnisvoll. Aber in den letzten Tagen hatte er seinen vorgetäuschten Mut und seine Dickköpfigkeit so manches Mal verflucht. Hin und wieder hoffte er – nun ja,
hoffen
war vielleicht zu viel gesagt, aber er hätte sich auf keinen Fall beschwert, wenn sich der nächste Mordfall, in dem sie ermittelten, in einem modernen Bürogebäude mit glatten Bodenfliesen und einem Fahrstuhl ereignete.
Allerdings hätte er ohne seine Krücken nie das zweite Skelett auf dem leeren Grundstück entdeckt, das den uniformierten Beamten und den Kriminaltechnikern entgangen war. In diesem Fall hatte seine Behind… seine vorübergehende Bewegungseinschränkung die Ermittlungen sogar vorwärts gebracht. Außerdem hatte Nick nie irgendwelche Andeutungen gemacht, dass Hanks verringerte Mobilität …
Nick?
Hank suchte die Gruppen aus Polizisten und Technikern nach seinem Partner ab.
Er hatte Nick zum letzten Mal gesehen, als er ein Stück von den anderen entfernt einen Fetzen Papier eingepackt hatte. Dann musste er aus irgendeinem Grund woanders hingegangen sein. Vielleicht hatte er auf dem Papier irgendetwas entdeckt, war einer Spur gefolgt, aber keiner, die gefährlich wirkte.
Vermutlich wollte er mir mal eine Atempause gönnen
.
Hank stützte sich auf seinem unverletzten Fuß ab, griff nach seinen Krücken und schob sie
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