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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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Saliettis Stirn befühlt hatte.
    Grimpow kam ins Zimmer und seine Miene verdüsterte sich, als legte sich ein unheilvoller Schatten über das Licht der Öllämpchen. Die bösen Vorahnungen, die ihn vor ihrem Aufbruch in Straßburg befallen hatten, waren wahr geworden, und der Sturm auf die Burgen des Steinkreises war mit einem erbarmungslosen Blutbad zu Ende gegangen. Aber er konnte von Glück sagen, dass sein Freund Salietti noch am Leben war.
    »Wenn ich dem Inquisitor den Stein und die Karte mit dem Unsichtbaren Weg ausgehändigt hätte, wäre dieser Krieg vielleicht verhindert worden«, sagte Grimpow. Wie gebannt starrte er in die offene Wunde, die der Medikus sich zu schließen anschickte.
    Nachdem Weynelle die Verletzungen gereinigt hatte, stach Humius beherzt mit der Spitze einer hakenförmigen Nadel in Saliettis Fleisch. Er schob sie weiter, bis sie in der Wunde zum Vorschein kam, und zog so fest daran, als wollte er ein Stück Leder flicken.
    Dann sagte er: »Sie hätten euch allesamt getötet, selbst wenn du ihnen das Geheimnis der Weisen preisgegeben hättest. Das ist schon einmal geschehen und es wird wieder passieren. Mörder wie dieser Dominikanermönch brauchen keine Gründe, um zu töten. Du kannst nichts dafür.«
    »Der Gedanke, dass Herzog Ulf und seine Ritter sterben mussten, weil sie für uns gegen Aberglauben und Unwissenheit gekämpft haben, schmerzt mich.«
    »Unsere Sache ist die der ganzen Menschheit, Grimpow, das darfst du nicht vergessen. Wir haben nie jemandem etwas zuleide getan, und alle unsere Erkenntnisse werden dazu dienen, eine bessere, gerechtere und vernünftigere Welt aufzubauen, in der nicht mehr Ruhmsucht, sondern Weisheit herrscht. Dass andere Menschen, ungeachtet des Schadens, den sie damit anrichten, nur ihre Habgier und ihre Bosheit ausleben wollen, kannst du dir nicht anlasten. Wenn der König von Frankreich und Fenio de Vokko unter dem Einfluss dieses ruchlosen Inquisitors all diese Morde befohlen haben, dann trägst nicht du die Schuld an diesen Verbrechen, sondern sie. Schlimm genug, dass wir uns verstecken müssen.«
    »Ich fürchte, es werden noch sehr viel mehr Menschen sterben, ehe diese Gräuel ein Ende nehmen«, sagte Weynelle betrübt und wischte das Blut ab, das aus Saliettis Wunde rann.
    »Ja, das ist wohl wahr, leider«, pflichtete der Medikus ihr bei.
    Die Tür öffnete sich abermals und Manele kam herein. Sie ging zu Weynelle und übergab ihr ein paar Tücher und Verbände, die einen kräftigen Kräuterduft verströmten.
    »Ich will gleich noch eine Brühe holen, die ich auf dem Herd stehen habe. Die wird dem Verwundeten zur Genesung verhelfen und euch noch ein paar Stunden Nachtruhe verschaffen«, sagte sie und verließ lautlos das Zimmer.
    Manele war nicht sonderlich gesprächig, und obwohl sie ihrem Mann bei der Behandlung seiner Patienten stets zur Hand ging, mischte sie sich kaum in seine Angelegenheiten ein. Nur wenn es um die passende Salbe oder den richtigen Trank ging, um die Leiden eines Kranken zu lindern, brachte sie ihr Wissen ein. In seiner Jugend hatte Humius weite Reisen unternommen und sein Heilwissen von weisen Männern in fernen Ländern erworben. Er war lange Zeit Herzog Ulfs Leibarzt gewesen, bis ihm das Alter nahelegte, ins heimelige Städtchen Metz zurückzukehren, wo er geboren war und wo er auch seine Tage beschließen würde.
    Nachdem die Wunde genäht war, behandelte der alte Medikus die Verbrennungen in Saliettis Gesicht und auf seinem geschundenen Körper mit verschiedenen Salben. Dann wickelte er ihn in die Tücher aus Maneles Kräuterbad, und Weynelle und Grimpow halfen ihm, den Verletzten ins Nachbarzimmer zu tragen, wo ein großes, bequemes Bett auf ihn wartete.
    »Ich werde für den Rest der Nacht bei ihm Wache halten«, erklärte Weynelle und nahm Saliettis Hände in die ihren.
    Während Humius und Grimpow sich in ihre Schlafkammern zurückzogen, grübelte die junge Frau über das gegensätzliche menschliche Streben nach. Viele weise Männer wie Humius taten alles, um das Leben ihrer Nächsten zu retten, wogegen andere alles taten, um es auszulöschen.
    Trotz des fortgeschrittenen Frühjahrs graute der Tag regnerisch und kühl. Am Brunnen im Hof des Hauses plusterten sich die Spatzen auf und schüttelten die Tropfen aus dem Gefieder. In der Küche hantierte Manele mit mehreren Töpfen, in denen über den Flammen des Herdfeuers Wasser sprudelte, während Humius, Weynelle und Grimpow zum Frühstück ein paar Brotscheiben mit

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