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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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Salietti, ergriff Aziels raue Hand und drückte drei Goldbohnen hinein. »Eine für jeden Fahrgast«, erklärte er.
    »Ich lege sofort die Rampe an, damit Ihr Eure Pferde in den Laderaum bringen könnt. Ihr könnt an Deck mitfahren«, sagte der mürrische Troubadour schon ein wenig freundlicher.
    Als sie ablegten, sahen sie im hellen Mondlicht hinter dem schäumenden Kielwasser die Türme der Kathedrale von Chalons wie zwei auf das Firmament gerichtete Pfeile in den Himmel aufragen. Salietti und Weynelle betteten zum Schlafen die Köpfe auf die Satteltaschen und legten sich je eine Decke über, um sich vor der feuchten Kälte zu schützen, während Grimpow an der Reling stand und beobachtete, wie der Bootskiel die Fluten teilte, ehe die Finsternis sie verschluckte.
    Kurz nachdem sie ausgelaufen waren, begann der Troubadour, seine Romanzen zu singen, und seine raue Stimme sorgte dafür, dass um sie herum ein lautes Froschkonzert anhob.

Die letzten Worte

    D ie Überfahrt dauerte die ganze Nacht und den halben Morgen, aber noch vor Mittag gingen sie in Paris an Land. Die Sonne strahlte an einem beinah unwirklich blauen Himmel und breitete mit ihrem Glanz einen Zauber über das trübe Seinewasser. Der Hafen lag in der Nähe der beiden Pariser Inseln, die der Fluss so umspülte, dass seine Arme eine langgestreckte Acht bildeten.
    Grimpow zweifelte keinen Augenblick daran, dass sich Aidor Bilbicums Handschrift auf eine dieser Inseln bezog, wahrscheinlich auf die größere, auf der die Kathedrale von Notre-Dame stand. Von der Seine betrachtet, wirkte das Bauwerk mit seinen mächtigen Türmen wie ein riesiger zweiköpfiger Krebs, die hohen Strebebogen der Seitenschiffe waren seine Beine und sein Panzer war von den stacheligen Kuppelspitzen übersät.
    Im Pariser Hafen lagen Dutzende von Schiffen jeder Art und Größe in einer langen Reihe hintereinander. Die Stauer schufteten um sie herum und beluden die Frachträume, während die Seeleute an Deck hin und her liefen, wo sie die Takelage und die Segel in Ordnung brachten.
    Viele wandten sich um, als die drei Reiter Aziels bauchige Barkasse über den Steg verließen, und bestaunten die bezaubernde Dame, die ihr Pferd mit unvergleichlicher Anmut am Zügel führte. Zwar hatte Weynelle ihr Haar unter einer Haube versteckt, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen, doch ihre Schönheit war derart überwältigend, dass kaum einer der Versuchung widerstehen konnte, ihre großen grünen Augen anzustarren, die wie die Sonne über dem Meer strahlten.
    Nachdem sie den Kai hinter sich gelassen hatten, machte Weynelle ihren beiden Begleitern den Vorschlag, sich als Erstes zu ihrem Elternhaus zu begeben. Seit sie mit ihrem Vater nach Cornille aufgebrochen war, war sie nicht mehr dort gewesen. Sie könnten die Pferde dort unterstellen, ein heißes Bad nehmen und die Kleider wechseln.
    Aber Salietti wehrte ab und erklärte, es sei zu unvorsichtig, wenn Weynelle am helllichten Tage mit zwei Fremden und ohne ihren Vater nach Hause zurückkehrte.
    »Es würde mich nicht wundern, wenn der Inquisitor in der Nachbarschaft einen Späher untergebracht hätte, der sofort bei den königlichen Wachen Alarm schlägt, sobald du dich in der Nähe deines Elternhauses blicken lässt. Da es den ruchlosen Dominikaner schon in Fenio de Vokkos Festung unter den Nägeln gebrannt hat, dich den Scharfrichtern auszuliefern, können wir davon ausgehen, dass er dem Teufel seine Seele verkaufen würde, wenn er uns auf diese Weise zu fassen bekäme. Gerade jetzt, da sich alle seine Hoffnungen zerschlagen haben, den Schatz der Templer zu heben oder das Geheimnis der Weisen zu finden.«
    »Was wollen wir dann tun?«, fragte Grimpow, der auf die Fortsetzung ihres Abenteuers aus war.
    »Ich schlage vor, dass wir nach der Herberge Ausschau halten, die uns der Troubadour empfohlen hat, und dort unsere Pferde unterbringen. Als Fußgänger fallen wir weniger auf. Sobald es dunkel wird, können wir unbemerkt zu Weynelles Haus gehen. Dort die Nacht zu verbringen, hieße aber womöglich, uns in die Höhle des Löwen zu begeben und damit in eine Gefahr, die genauso unsichtbar ist wie der Weg auf unserer Landkarte. Wenn die königlichen Wachen dort nach uns suchen, sitzen wir jedenfalls in der Falle.«
    »Wahrscheinlich sind deine Befürchtungen berechtigt, aber irgendwann muss ich nach Hause zurück. Dort befindet sich alles, was meinem Vater und mir gehört«, brachte Weynelle nachdenklich vor und wurde bei der Erinnerung ganz

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