Grimwood, Ken - Replay
bringen.«
Frank seufzte, fuhr mit der Hand durch sein sich vorzeitig lichtendes Haar. »Nein. Ich nicht. Mir reicht’s. Ich will aussteigen.«
»Herrgott noch mal, wir haben doch gerade erst angefangen!«
»Ich bin sicher, du wirst sensationell erfolgreich sein. Aber mir wird es zu unheimlich, Jeff. Mir ist nicht wohl dabei, mit dir weiter zusammenzuarbeiten.«
»Um Himmels willen, du glaubst doch nicht, ich hätte etwas zu tun mit…«
Frank hob die Hand, schnitt ihm das Wort ab. »Das habe ich nicht gesagt. Ich will es nicht wissen. Ich will bloß… aussteigen. Du kannst den Großteil meines Anteils weiter als Arbeitskapital einsetzen, mich aus den Gewinnen der nächsten paar Jahre auszahlen, oder wie lange es dauert. Ich würde dir raten, meine Tätigkeiten Jim Spencer zu übertragen; er ist ein guter Mann, der weiß, was er tut. Und er wird deine Anweisungen wortwörtlich befolgen.«
»Verdammt, wir waren doch Partner! Damals beim Derby, in Emory…«
»Das waren wir, und es war eine höllische Strähne. Aber ich sammle meine Chips ein, alter Partner. Ich steh auf vom Tisch.«
»Um was zu tun?«
»Das Jurasrudium beenden, nehme ich an. Um ein paar eigene nette, konservative Investitionen zu machen; ich habe soviel, daß es für mein ganzes Leben reicht.«
»Tu das nicht, Frank. Du würdest die Gelegenheit deines Lebens verpassen.«
»Daran habe ich keinen Zweifel. Eines Tages werde ich es vielleicht bedauern, aber im Moment ist es das, was ich tun muß. Um meines eigenen Seelenfriedens willen.« Er stand auf, streckte die Hand aus. »Viel Glück, und danke für alles. Es hat Spaß gemacht, solange es gedauert hat.« Sie schüttelten sich die Hand, während Jeff sich fragte, was er hätte tun können, um dies zu verhindern. Vielleicht nichts. Vielleicht mußte es so kommen.
»Ich werde am Montag mit Spencer sprechen«, sagte Frank. »Vorausgesetzt, es herrscht dann noch Frieden auf der Welt und das Land funktioniert.« Jeff maß ihn mit einem langen, sachlichen Blick. »Das wird es.« »Gut zu wissen. Paß auf dich auf, Partner.« Als Frank gegangen war, zog Jeff zu einem Barhocker um und bekam schließlich einen Drink. Er war bei seinem dritten angelangt, als CBS die Kurznachrichten unterbrach: »…im Zusammenhang mit der Ermordung von Präsident Kennedy einen Verdächtigen festgenommen. Ich wiederhole, die Polizei von Dallas hat im Zusammenhang mit der Ermordung von Präsident Kennedy einen Verdächtigen festgenommen. Bei dem Mann soll es sich um einen Herumtreiber und linksradikalen Gelegenheitsaktivisten namens Nelson Bennett handeln. Wie behördlicherseits verlautet, wurde in Bennetts Tasche eine Telefonnummer der sowjetischen Botschaft in Mexico City gefunden. Mehr über diese gerade hereingekommene Meldung bringen wir, sobald…«
Die Terrasse des Wohnhauses an der East Side war in der spät-novemberlichen Kälte trostlos; sie war ein Ort, der für den Sommer geschaffen war, in einer Welt, aus der der Sommer vertrieben war. Der glasbedeckte Tisch, die polierten Chromstreben der Clubsessel ließen diesen sonnelosen Tag irgendwie noch öder erscheinen.
Jeff zog seine dicke Strickjacke fest zusammen und fragte sich zum hundertsten Mal während der vergangenen zwei Tage, was an jenem nicht zu verhindernden Tag in Dallas eigentlich geschehen war. Wer, in aller Welt, war Nelson Bennett? Ein gekaufter Ersatzmörder, der in den Kulissen gewartet hatte, als Oswald festgenommen worden war? Oder ein reiner Zufall, ein beliebiger Verrückter, manipuliert durch Kräfte, die viel mächtiger waren als jede menschliche Verschwörung, damit der Fluß der Wirklichkeit nicht unterbrochen wurde?
Gewißheit darüber würde es nicht geben, erkannte er. In diesem wiederhergestellten Leben sah er sich mit genügend anderem konfrontiert, das außerhalb seines Begriffsvermögens lag; warum sollte dieses spezielle Element weniger unbegreiflich sein als der ganze Rest? Und dennoch ärgerte es ihn, stimmte es ihn nachdenklich. Er hatte versucht, sein Vorauswissen dafür zu benutzen, dem Schicksal eine neue positive Richtung zu geben, etwas, das weit über die Banalität seiner Wetten und Investitionen hinausgegangen war – und seine Anstrengungen hatten nicht mehr bewirkt als ein leichtes Sichkräuseln des Stroms der Geschichte. Der Name eines Mörders war verändert worden, mehr nicht.
Was, fragte er sich, bedeutete das für seine eigene Zukunft? Seine ganzen Hoffnungen, sein Leben mit Hilfe seines Vorauswissens
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