Grimwood, Ken - Replay
zu seinen Investitionen zurück.
Die Röcke, das wußte er, würden in den nächsten paar Jahren kürzer werden und eine enorme Nachfrage nach gemusterten Strümpfen und Strumpfhosen schaffen. Jeff kaufte dreissigtausend Anteile an Hanes. All diese entblößten Schenkel mußten Konsequenzen haben; er investierte stark in pharmazeutische Firmen, die Antibabypillen herstellten. Achtzehn Monate nach dem Umzug ins Seagram Building waren die Aktienbestände der Future Inc. auf einen Papierwert von siebenunddreißig Millionen Dollar angewachsen. Jeff zahlte Frank vollständig aus und legte dem letzten Scheck einen langen persönlichen Brief bei. Er erhielt nie eine Antwort.
Natürlich lief nicht alles so, wie Jeff es geplant hatte. Er wollte einen größeren Anteil an Comsat erwerben, als sie sich in eine Aktiengesellschaft umwandelte, doch die Nachfrage nach den Aktien war so stark, daß die Ausgabe auf fünfzig Anteile pro Käufer limitiert war. IBM-Aktien stagnierten überraschenderweise ganz 1965 über, wenngleich sie im folgenden Jahr wieder anzogen. Fast-Food-Ketten – Jeff wählte Denny’s, Kentucky Fried Chicken und MacDonalds – durchliefen 1967 eine starke Baisse vor dem raketengleichen Anstieg um durchschnittlich fünfhundert Prozent im Jahr darauf.
1968 belief sich das Vermögen seiner Gesellschaft auf Hunderte von Millionen, und er hatte einem Entwurf von I. M. Pei für ein sechzigstöckiges Firmenhauptgebäude an der Ecke Park Avenue und Dreiundfünfzigste Straße zugestimmt. Jeff hatte ebenfalls den Kauf ausgedehnter Grundstücksflächen in ausgewählten Geschäfts- und Wohngegenden von Houston, Denver, Atlanta und Los Angeles veranlaßt. Die Gesellschaft erwarb nahezu die Hälfte des unerschlossenen Geländes für das neue Century-City-Projekt von LA, zu einem Preis von fünf Dollar pro Quadratfuß. Zu seinem persönlichen Gebrauch kaufte Jeff einen Dreihundert-Acre-Landsitz in Dutchess County, zwei Stunden den Hudson hoch von Manhattan entfernt.
Er ging mit einer Vielzahl von Frauen aus, schlief mit einigen von ihnen, haßte den ganzen bedeutungslosen Ablauf. Drinks, Dinner, Theaterstücke und Konzerte und Ausstellungseröffnungen… Er begann die steife Förmlichkeit des Datings zu verabscheuen, vermißte die behagliche Vertrautheit des einfachen Zusammenseins mit jemandem, des gemeinschaftlichen freundschaftlichen Schweigens und ungezwungenen Lachens. Davon abgesehen, waren die meisten Frauen, mit denen er sich traf, entweder allzu offen an seinem Reichtum interessiert oder ihm gegenüber zu bemüht gleichgültig. Einige haßten ihn sogar deswegen, lehnten es deshalb ab, mit ihm auszugehen; ein riesiges persönliches Vermögen war in den späten Sechzigern vielen jungen Menschen verhaßt, und bei mehr als einer Gelegenheit wurde Jeff dazu veranlaßt, sich für alle Übel der Welt unmittelbar verantwortlich zu fühlen, angefangen von der Verödung der Innenstädte bis zur Herstellung von Napalm.
Er wartete auf den rechten Augenblick, konzentrierte seine Energien auf seine Arbeit. Der Juni rückte näher, daran dachte er ständig. Juni 1968; dann würde alles anders werden.
Am vierundzwanzigsten Juni, um genau zu sein.
Robert Kennedy war noch nicht ganz drei Wochen tot, und Cassius Clay, inzwischen seines Titels ledig und als Muhammad Ali wiedergeboren, legte Berufung gegen seine Verurteilung wegen Wehrdienstverweigerung ein. In Vietnam schlugen die Raketen aus dem Norden seit dem Frühjahr in Saigon ein.
Es war am frühen Nachmittag gewesen, erinnerte sich Jeff, an einem Montag. Er hatte nachts und an den Wochenenden bei einer Top 40-Station in West Palm Beach gearbeitet, die Beatles und die Stones und Aretha Franklin gespielt und in seiner Freizeit die Grundlagen des Rundfunkjournalismus erlernt, indem er seine Interviews und Stories auf Stückhonorarbasis an den Sender und gelegentlich an UPI verkaufte, Er erinnerte sich an das Datum, weil es am Anfang seines Montag/Freitag-›Wochenendes‹ lag, und als er an diesem Mittwoch wieder zu seiner Arbeit zurückkehrte, hatte er es irgendwie geschafft, das erste große Interview seiner Karriere zu führen, ein langes und freimütiges Telefongespräch mit dem in Ruhestand gehenden Präsidenten des US Supreme Court, Earl Warren. Er wußte jetzt noch nicht, warum Warren darin eingewilligt hatte, mit ihm zu sprechen, einem nicht akkreditierten Anfängerreporter von einer kleinen Radiostation in Florida; aber irgendwie hatte er es geschafft, es
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