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Grimwood, Ken - Replay

Grimwood, Ken - Replay

Titel: Grimwood, Ken - Replay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das zweite Spiel
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Küstenstreifen von Georgia lagen jetzt hinter ihm, und er fuhr durch eine ländliche Hügellandschaft, wobei er den kraftvollen Achtzylinder eine Idee über der angezeigten Geschwindigkeitsbegrenzung von 70 Meilen pro Stunde hielt.
    Es war dunkel, als er an der Ausfahrt zu seiner Grundschule in Virginia vorüberfuhr, zu der er vor so vielen Jahren ungeplant gepilgert war, um die kleine Brücke wiederzusehen, die für ihn zum Sinnbild des Verlustes und der Vergeblichkeit geworden war. Er konnte die Lichter des Hauses der Rendells vom Highway aus sehen; seine hübsche, junge frühere Lehrerin, das Objekt seiner einstmaligen Verehrung, würde gerade das Abendessen für ihren Mann und das Kind bereiten, dessen Geburt Jeffs pubertäre Eifersuchtsraserei ausgelöst hatte. Hab deine Familie lieb, wünschte er ihr im stillen, als er an dem friedvollen Haus auf seinem malerischen Hügel vorüberfuhr; es gibt schon genug Leid auf der Welt, so wie sie ist.
    Spät am Abend aß er an einem Truckstop nördlich von Richmond Brathähnchen und Süßkartoffeln, kaufte eine Thermoskanne und ließ die Bedienung schwarzen Kaffee einfüllen. Der Beltway trug ihn um Washington herum, und kurz nach Mitternacht hatte er Baltimore erreicht. In Wilmington, Delaware, wechselte er von der I-95 auf den Jersey Turnpike über, um auszuweichen, was es an Frühmorgenverkehr durch Philadelphia und Trenton hindurch geben mochte. Als die Nacht voranschritt, staunte er wieder, so wie er es stets zu Anfang eines Replays tat, über seine jugendliche Kondition; in seinen Dreißigern und Vierzigern hätte er diese Fahrt auf mindestens zwei Tage verteilen müssen, und selbst dieses Reisetempo würde ihn erschöpft haben.
    Die George Washington Bridge war um vier Uhr früh alles andere als ausgestorben, und Jeff stellte das Radio auf volle Lautstärke, als Cousin Brucie zusammen mit den Essex »Easier Said Than Done« brüllte und winselte. Als er auf dem New England Thruway durch New Rochelle fuhr, kamen ihm Bilder einer Pamela in den Sinn, die er nie gekannt hatte: In ihrem ersten Leben hatte sie hier gelebt, eine Familie großgezogen… war hier gestorben, in der Annahme, ihr Leben wäre zu Ende, ohne sich der Tatsache bewußt zu sein, daß ihre vielen Leben gerade erst begonnen hatten.
    Wie war sie bei diesem ersten Mal gestorben, fragte er sich, dort auf Mallorca? Friedlicher, hoffte er, mit größerem Einverständnis als er in seiner Hütte nahe dem Montgomery Creek, mit dem Wissen, daß sie diesmal zueinander zurückkehren konnten.
    Doch er wollte nicht bei dem Gedanken an ihre Agonie verweilen, wie kurz sie auch gewesen sein mochte. Dieser Teil war für den Augenblick vorüber, und vor ihnen lag eine unbegrenzte gemeinsame Zukunft, auf die er sich freuen konnte.

    Das erste Tageslicht begann gerade den Himmel im Osten rötlich zu färben, als Jeff Westport erreichte. Er schlug die Adresse von Pamelas Familie an einer Shell-Tankstelle in einem Telefonbuch nach. Es war viel zu früh am Morgen, als daß er sie schon zu Hause hätte besuchen können. Er fand einen Vierundzwanzig-Stunden-Coffeeshop, zwang sich, die New York Times von der ersten bis zur letzten Seite durchzulesen, um die Zeit totzuschlagen. Die Lage in Savannah war noch immer angespannt, las er; Ralph Ginzburg legte Berufung gegen seine Verurteilung wegen Obszönität nach Veröffentlichung des Eros-Magazins ein, und der Streit um den jüngsten Spruch des Supreme Court gegen das obligatorische Schulgebet wurde heftiger.
    Jeff sah auf seine Armbanduhr: 7 Uhr 25. Wäre 8 Uhr zu früh? Die Familie müßte dann bereits auf sein, wäre vielleicht gerade beim Frühstück. Sollte er sie stören, wenn sie gerade beim Essen war? Welchen Unterschied machte es schon aus, dachte er. Pamela würde ihn als einen Freund vorstellen, und sie würde ihn bitten, sich ihnen anzuschließen. Er trödelte über seinem Kaffee nervös bis zwanzig vor acht herum, dann fragte er den Kassierer des Coffeeshops nach dem Weg zu der Adresse, die er sich notiert hatte.
    Das Haus der Phillips’ war ein zweistöckiges Gebäude im Neokolonialstil, das in einer schattigen Straße der oberen Mittelklasse lag. Nichts, was es von tausend anderen Häusern in tausend anderen Städten im ganzen Land unterschieden hätte; nur Jeff wußte von dem rätselhaften Geschehen, das sich dort zugetragen hatte.
    Er betätigte die Klingel, stopfte sich das T-Shirt in die Jeans. Plötzlich fiel ihm ein, daß er sich hätte umziehen sollen;

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