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Grippe

Grippe

Titel: Grippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wayne Simmons.original
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wäre. Er hatte recht; zuzuhören war wirklich nicht leicht. So empfand sie es zumindest, doch erzählen musste er seine Geschichte trotzdem.
    »Ich wollte doch nur«, druckste Norman, den es anscheinend ein wenig überraschte und ärgerte, dass sie so vermessen reagiert hatte.
    »Entschuldige«, sagte sie zu Paddy. »Sprich einfach weiter und achte nicht auf den. Auf niemanden von ihnen.«
    Paddy schaute Norman fragend an, um fortfahren zu dürfen. Der Polizist nickte, hob eine Hand und winkte ab.
    »Also, wo war ich?«, begann Paddy.
    »Bei den Lebensumständen im Lager«, erinnerte Geri.
    »Genau«, entgegnete er, indem er sich den Schädel rieb, als wolle er die Erinnerung herauskitzeln.
    »Nun, wir wurden von Tag zu Tag den Tieren ähnlicher. Die Brutalität nahm zu. Schwache, Alte und Kranke siechten einfach dahin, wobei sich nur wenige um sie sorgten. Es ging steil bergab, und bei einigen Leuten traten Symptome auf, etwa Schnupfen oder Husten. Die Wachen fackelten nicht lange, richteten sie erbarmungslos hin und … w-warfen sie sie über den Zaun.« Seine zittrige Hand langte nach der Tasse. Er leerte sie in einem. »Man verweigerte u-uns die Nahrung dann ganz, sodass sich die Leute gegenseitig für einen bloßen Bissen umbrachten. Es war so schrecklich; wir ließen auch den letzten Rest Menschenwürde fahren. Eines Tages trugen die Bediensteten nicht einmal mehr ihre Schutzkleidung, als sie über die Leute herfielen. Sie hatten getrunken … und zerrten junge Mädchen davon, entrissen sie ihren Eltern und stellten weiß Gott was mit ihnen an, aber niemand reagierte. Die Menschen waren zu schwach und krank …«
    »Und wie bist du entkommen?«, fragte Norman.
    » Ein paar von uns knöpften sich die Wachen vor, als sie uns ein weiteres Mal besuchten. Da die immer mehr Alkohol konsumierten, wurden sie unvorsichtig. Wir schlichen uns an ihnen vorbei und schafften es bis zu den Transportern am Zaun. In einem steckten die Schlüssel, also fuhren wir ihn durch die Tore, brachen die Barrieren und …« Er machte eine Pause, bevor er zum Ende gelangte: »Die Toten strömten durch den niedergerissenen Eingang, als wir das Camp hinter uns ließen, aber wir fuhren immer weiter, immer weiter –«
    »Hey, ist schon okay«, warf Geri erneut ein. »Ihr konntet nicht anders.«
    Paddy verbarg das Gesicht in seinen schlotternden Händen und wimmerte leise weiter. Geri umarmte das Häufchen Mensch, als sei er ein kleines Kind. Alle am Tisch schwiegen, denn jeder versuchte für sich, das Gehörte zu verdauen.
    Norman indes fühlte Paddy weiter auf den Zahn. »Was ist aus den anderen geworden?« Weder die Stimme noch sein Gesichtsausdruck ließen darauf schließen, dass es ihn emotional bewegte. Diese Distanziertheit war Geri ein Rätsel. So kaltherzig konnte doch niemand sein. Hatte er denn kein Herz, das bei einer solch schauerlichen Geschichte zu zerspringen drohte? Mit einem Mal war sie unglaublich wütend auf ihn. Für sie war er kein guter Mensch, wenn er nach einer solchen Story überhaupt nichts fühlte.
    »Wir wurden getrennt«, sagte Paddy beinahe entschuldigend. Geri sah, wie Norman dabei eine Augenbraue hochzog.
    »Was meinst du damit?«, drängelte er weiter.
    »Manche versuchten, zum Hafen zu gelangen und mit dem Schiff hinüber nach Schottland zu fliehen. Ich wollte herausfinden, ob noch etwas von Belfast übrig ist.«
    »Du bist also aus einem relativ sicheren Laster voller Überlebender gestiegen, mit denen du gerade die Hölle erlebt hast, um … hierher zurückzukommen? Tut mir leid, Söhnchen, aber das ergibt für mich überhaupt keinen Sinn.«
    »W-was soll das heißen?« Paddy schaute sich hilfesuchend unter den anderen um. »Hab gesehen, wie ihr hier ein- und ausgegangen seid. Konnte mich in einem Auto weiter unten an der Straße verstecken und –«
    »Du hast uns ausspioniert?«, unterstellte Norman und schmunzelte ein wenig.
    »Nein, so war ’ s nicht«, insistierte Paddy.
    Geri schritt ein, um die Situation zu entschärfen: »Ich glaube, er hat genug durchgemacht.«
    Paddy wollte aufstehen. »Ich … will nur –« Dann stürzte er.
    Lark sprang von seinem Stuhl auf und fing ihn. »Hab dich, Kumpel.« Er stützte ihn und half ihm die Küche hinaus auf den Flur. Dort drehte er sich zu den anderen um. »Ich bring ihn hoch in unser Schlafzimmer. McFall und ich können heute Nacht woanders pennen.«
    Geri war überrascht. Diese Selbstlosigkeit passte nicht zu Lark, jedenfalls soweit sie ihn kannte. Kein

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