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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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öffnete die Augen. Iwan schien sich köstlich zu amüsieren und mein Drang, ihm einen Tritt zu verpassen, war überwältigend groß.
    Â»Ihr werdet noch eine furchtbare Enttäuschung erleben«, murmelte ich.
    Â»Ich hoffe für dich, dass du dich irrst«, sagte Iwan.
    Â»Für uns alle«, sagte Fedjor.
    Ich verlor jedes Zeitgefühl. Ich beobachtete, wie Nacht und Tag verstrichen, starrte die meiste Zeit aus dem Fenster und hielt Ausschau nach Orientierungspunkten. Ich hatte erwartet, dass wir auf Nebenstraßen fahren würden, aber wir blieben auf dem Vy. Fedjor erklärte mir, dass der Dunkle schnell vorankommen wollte, auch wenn man dabei nicht weniger unauffällig reiste. Er hoffte, dass ich hinter den Doppelmauern von Os Alta in Sicherheit war, bevor den feindlichen Spionen und Attentätern Gerüchte über meine Macht zu Ohren kamen.
    Wir rasten in mörderischem Tempo dahin. Von Zeit zu Zeit hielten wir, um die Pferde zu wechseln, und ich durfte mir kurz die Beine vertreten. Wenn ich einschlief, wurde ich in meinen Träumen von Ungeheuern heimgesucht.
    Einmal schreckte ich mit pochendem Herzen aus dem Schlaf auf und merkte, dass Fedjor mich betrachtete. Der schlafende Iwan schnarchte lautstark.
    Â»Wer ist Maljen?«, fragte er.
    Ich hatte offenbar im Schlaf gesprochen. Das war mir peinlich und ich drehte mich zu den neben mir sitzenden Wächtern der Opritschki um. Einer starrte stur geradeaus, der andere dämmerte vor sich hin. Wir fuhren gerade durch einen Birkenhain, in dessen Laub die Nachmittagssonne spielte.
    Â»Niemand«, sagte ich. »Nur ein Freund.«
    Â»Der Fährtenleser?«
    Ich nickte. »Er war auf der Schattenflur bei mir. Er hat mir das Leben gerettet.«
    Â»Und du hast seines gerettet.«
    Ich wollte widersprechen, besann mich aber anders. Hatte ich Maljen das Leben gerettet? Dieser Gedanke verwirrte mich.
    Â»Das ist eine ehrenvolle Tat«, sagte Fedjor. »Ein Leben zu retten. Du hast viele gerettet.«
    Â»Aber nicht alle«, murmelte ich und dachte an das entsetzte Gesicht Alexejs, als er in die Finsternis gerissen wurde. Wenn ich diese Macht tatsächlich besaß, warum hatte ich ihn nicht retten können? Und mit ihm alle anderen, die auf der Schattenflur den Tod gefunden hatten? Ich sah Fedjor an. »Warum bist du kein Heiler, sondern Entherzer geworden, wenn du es für ehrenvoll hältst, Leben zu retten?«
    Fedjor betrachtete die vorbeigleitende Landschaft. »Die Korporalki müssen von allen Grischa den steinigsten Weg gehen. Wir müssen am härtesten trainieren und am meisten lernen. Am Ende hatte ich das Gefühl, als Entherzer mehr Leben retten zu können.«
    Â»Als Mörder?«, fragte ich überrascht.
    Â»Als Soldat«, berichtigte er. Dann zuckte er mit den Schultern. »Töten oder heilen«, sagte er und lächelte betrübt. »Jeder hat seine eigene Gabe.« Plötzlich horchte er auf. Er setzte sich gerade hin und stieß Iwan in die Seite. »Wach auf!«
    Die Kutsche hatte angehalten. Ich sah mich verwirrt um. »Sind wir …«, setzte ich an, aber der neben mir sitzende Wächter drückte mir eine Hand auf den Mund und legte einen Finger auf seine Lippen.
    Die Tür wurde aufgerissen und ein Soldat steckte seinen Kopf in die Kutsche.
    Â»Ein umgestürzter Baum liegt auf der Straße«, sagte er. »Aber das könnte eine Falle sein. Bleibt wachsam und …«
    Er konnte den Satz nicht vollenden. Ein Schuss krachte und er fiel mit einer Kugel im Rücken vornüber. Die Luft war plötzlich erfüllt von Geschrei und knatterndem Gewehrfeuer. Kugeln hagelten gegen die Kutsche.
    Â»Runter!«, brüllte der Wächter und beschirmte mich mit seinem Körper, während Iwan den toten Soldaten aus dem Weg trat und die Tür zuzog.
    Â»Fjerdan«, sagte der nach draußen spähende Wächter.
    Iwan wandte sich an Fedjor und den Wächter neben mir. »Geh mit ihm, Fedjor. Ihr sichert diese Seite, wir die andere. Wir müssen die Kutsche um jeden Preis verteidigen.«
    Fedjor zog ein langes Messer aus dem Gürtel und gab es mir. »Bleib dicht am Boden und sei still.«
    Grischa und Wächter duckten sich unter die Fenster. Dann sprangen sie auf ein Zeichen Iwans auf beiden Seiten aus der Kutsche und knallten die Türen zu. Ich kauerte mich auf den Boden, die Hände um den schweren Messergriff gelegt, zog die Knie

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