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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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mit Büchern bedeckt. Das obere Stockwerk hatte einen Laufgang und durch eine riesige Glaskuppel fiel Tageslicht in den Raum. An den Wänden standen Lesesessel und Tischchen und in der Mitte der Bibliothek, direkt unter der glitzernden Glaskuppel, war ein runder Tisch aufgestellt worden, umgeben von einer kreisrunden Bank.
    Â»Hier lernst du Geschichte und Theorie«, sagte Genja, die am runden Tisch vorbei durch die Bibliothek ging. »Unglaublich langweilig. Das habe ich schon vor Jahren gebüffelt.« Dann lachte sie. »Mund zu! Du siehst aus wie eine Forelle.«
    Ich schloss den Mund und schaute mich ehrfürchtig um. Die Bibliothek des Herzogs hatte mich damals tief beeindruckt, aber im Vergleich mit diesem Raum war sie winzig gewesen. Angesichts der Schönheit des Kleinen Palastes kam mir ganz Keramzin plötzlich alt und schäbig vor, ein Gefühl, das mich trotz allem bedrückte. Was hätte Maljen wohl von diesem Palast gehalten?
    Ich verlangsamte meine Schritte. Durften die Grischa Gäste einladen? Durfte Maljen mich in Os Alta besuchen? Er musste natürlich in seinem Regiment dienen, aber vielleicht konnte er Urlaub beantragen … Dieser Gedanke erfüllte mich mit Aufregung. Bei der Vorstellung, mit meinem besten Freund durch diese Flure zu laufen, kam mir der Kleine Palast nicht mehr so einschüchternd vor.
    Wir verließen die Bibliothek durch eine weitere Flügeltür und betraten einen dunklen Flur. Genja bog nach links ab. Bei einem Blick nach rechts sah ich zwei Korporalki, die aus einer großen, rot lackierten Tür traten. Sie musterten uns missmutig und verschwanden dann im Schatten.
    Â»Komm schon«, flüsterte Genja, die mich am Arm packte und in die andere Richtung zog.
    Â»Wohin führt die rote Tür?«, fragte ich.
    Â»Zu den Anatomiesälen.«
    Ein Zittern durchfuhr mich. Die Korporalki. Heiler … und Entherzer. Sie mussten ja irgendwie üben, aber ich wagte nicht daran zu denken, worin diese Übungen bestehen mochten. Ich lief schneller, um Genja nicht aus den Augen zu verlieren. Beim Gedanken, allein in der Nähe der roten Tür erwischt zu werden, erschauderte ich.
    Am Ende des Flurs erreichten wir eine helle Holztür. Auch sie war mit kunstvollen Schnitzereien von Vögeln und Blumen verziert, doch deren Stempel bestanden aus gelben Diamanten. Die Augen der Vögel hatte man mit Amethysten nachgebildet und die Türgriffe waren Händen nachempfunden worden. Genja packte einen und stieß die Tür auf.
    Die Werkstätten der Fabrikatoren lagen wegen des Lichts an der Ostseite des Palastes und hatten breite Fensterfronten. Die taghellen Räume erinnerten mich an das Dokumentenzelt, aber statt mit Atlanten, Papierstapeln und Tintenflaschen waren die Arbeitstische mit Stoffen, großen Glasstücken, dünnem Gold- und Stahlblech sowie merkwürdig geformten Gesteinsbrocken bedeckt. In einer Ecke standen Terrarien mit exotischen Blumen, Insekten und – wie ich beunruhigt zur Kenntnis nahm – Schlangen.
    Die Materialki in ihren purpurroten Keftas waren über ihre Arbeit gebeugt, sahen aber auf und musterten mich neugierig, als wir an ihnen vorbeigingen. An einem Tisch saßen zwei weibliche Fabrikatoren vor einem geschmolzenen Klumpen, aus dem sie vermutlich Grischa-Stahl gewannen. Ihr Tisch war übersät mit Diamanten und Gläsern voller Seidenraupen. An einem anderen Tisch maß ein Fabrikator, der ein Tuch vor der Nase trug, eine nach Teer stinkende, schwarze und zähe Flüssigkeit ab. Genja führte mich zu einem Fabrikator, der mit mehreren winzigen, runden Gläsern hantierte. Er war hager wie eine Bohnenstange, käsebleich und ich fand, seine Haare müssten dringend geschnitten werden.
    Â»Hallo, David«, sagte Genja.
    David sah auf, blinzelte, nickte kurz und wandte sich dann wieder seiner Arbeit zu.
    Genja seufzte. »Darf ich dir Alina vorstellen, David?«
    David brummte.
    Â»Die Sonnenkriegerin«, fügte Genja hinzu.
    Â»Dies ist für dich«, sagte er, ohne aufzuschauen.
    Ich betrachtete die Gläser. »Oh … äh … danke.«
    Ich war um Worte verlegen. Als ich zu Genja sah, zuckte sie nur mit den Schultern und verdrehte die Augen.
    Â» Auf Wiedersehen, David «, sagte sie betont langsam. David brummte etwas. Genja ergriff mich beim Arm und führte mich nach draußen auf einen hölzernen Bogengang, der einen Blick

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