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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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auf eine sanft abfallende Rasenfläche bot. »Sei ihm nicht böse«, sagte sie. »David ist ein großartiger Metallhandwerker. Seine Klingen sind so scharf, dass sie durch Fleisch schneiden, als wäre es Butter. Aber er würde sich nur dann für dich interessieren, wenn du selbst aus Glas oder Metall wärst.«
    Genja klang heiter, aber ihre Stimme hatte einen merkwürdig schrillen Unterton und mir fiel auf, dass sich helle Flecken auf ihren makellosen Wangenknochen zeigten. Durch das Fenster betrachtete ich Davids knochige Schultern und wirre Haare. Ich musste lächeln. Wenn sich eine so umwerfend schöne Frau wie Genja in einen mageren, bienenfleißigen Fabrikator verliebte, gab es vielleicht doch noch Hoffnung für mich.
    Sie bemerkte mein Lächeln. »Was ist?«, fragte sie.
    Â»Nichts. Gar nichts.«
    Genja sah mich aus zusammengekniffenen Augen an, aber ich schwieg. Im Bogengang, der sich an der Ostseite des Palastes entlangzog, kamen wir an vielen Fenstern vorbei, die Blicke in die Werkstätten der Fabrikatoren gestatteten. Dann bogen wir um eine Ecke. Dort hörten die Fenster auf und Genja beschleunigte ihre Schritte.
    Â»Warum ist diese Wand fensterlos?«, fragte ich.
    Genja ließ einen nervösen Blick über die Wand gleiten, die anders als sonst im Kleinen Palast nicht mit Schnitzereien verziert war. »Dies ist die Rückseite der Anatomiesäle.«
    Â»Brauchen sie denn kein Licht für … ihre Arbeit?«
    Â»Sie haben Oberlichter. Ähnlich wie in der Bibliothek. Das mögen sie lieber. So bleiben sie im Verborgenen und können ihre Geheimnisse wahren.«
    Â»Und was tun sie in ihren Sälen?«, fragte ich, obwohl ich nicht genau wusste, ob ich die Antwort hören wollte.
    Â»Das wissen nur die Korporalki selbst. Aber man munkelt, dass sie gemeinsam mit den Fabrikatoren neue … Experimente durchführen.«
    Ich schauderte und war erleichtert, als wir wieder um eine Ecke bogen. Hier gab es Fenster, durch die ich in Zimmer wie mein eigenes schauen konnte. Ich begriff, dass es sich um die unteren Wohnbereiche handelte. Wie gut, dass mein Zimmer im dritten Stock lag. Ich hätte mir zwar gern die vielen Treppen erspart, war aber froh, dass niemand an meinen Fenstern vorbeispazieren konnte, zumal es sich um mein erstes eigenes Zimmer handelte.
    Ich erblickte den See, den ich von meinem Zimmer aus sehen konnte. »Das ist unser Ziel«, sagte Genja und zeigte auf die kleinen weißen Gebäude am Ufer. »Die Pavillons der Beschwörer.«
    Â»So weit draußen?«
    Â»Es ist der sicherste Ort zum Üben. Ein übereifriger Inferni könnte den ganzen Palast in Brand setzen.«
    Â»Ah«, sagte ich. »Daran habe ich gar nicht gedacht.«
    Â»Das ist noch harmlos. Die Fabrikatoren haben außerhalb der Stadt einen weiteren Übungsplatz, auf dem sie mit Sprengstoffen arbeiten. Wenn du willst, kann ich einen Ausflug dorthin organisieren«, sagte sie mit boshaftem Grinsen.
    Â»Lieber nicht.«
    Wir stiegen einige Stufen bis zu einem Kiespfad hinab und gingen zum See. Nach einer Weile tauchte auf dem anderen Ufer ein weiteres Gebäude auf. Zu meiner Überraschung sah ich dort Kinder in Rot, Blau und Purpur. Ich konnte ihre Stimmen hören. Eine Glocke erklang und sie hörten auf zu spielen und strömten in den Bau.
    Â»Ist das eine Schule?«, fragte ich.
    Genja nickte. »Wenn sich ein Kind als Grischa erweist, wird es zur Ausbildung hierhergebracht. Hier haben fast alle die Kleinen Künste erlernt.«
    Ich dachte wieder an die drei Grischa, die im großen Salon in Keramzin vor mir gestanden hatten. Warum hatten sie meine Gabe damals übersehen? Schwer vorstellbar, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn sie sie entdeckt hätten. Dann wäre ich von Dienern umsorgt worden, anstatt gemeinsam mit ihnen die Hausarbeiten zu verrichten. Ich wäre nie Kartografin geworden, hätte nicht einmal gelernt, eine Karte zu zeichnen. Und was wären die Folgen für Rawka gewesen? Wenn ich frühzeitig gelernt hätte, meine Macht zu benutzen, wäre die Schattenflur vielleicht schon Vergangenheit. Dann hätten Maljen und ich nicht gegen den Volkra kämpfen müssen; dann hätten wir einander sicher längst vergessen.
    Ich schaute wieder über den See zur Schule. »Und was geschieht mit ihnen, wenn sie ausgelernt haben?«
    Â»Sie treten in die Zweite Armee ein. Viele

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