Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
Vom Netzwerk:
wovor?«
    Â»Vor mächtigen Männern.«
    Â»Genja«, fragte ich, um nicht die Nerven zu verlieren, »was war zwischen dir und dem Zaren?«
    Sie musterte die Spitzen ihrer Seidenschuhe. »Der Zar nimmt sich viele Dienerinnen«, sagte sie. Dann zuckte sie mit den Schultern. »Immerhin habe ich so ein paar Juwelen abstauben können.«
    Â»Das meinst du jetzt nicht ernst, oder?«
    Â»Nein. Natürlich nicht.« Sie betastete einen Ohrring. »Am schlimmsten ist, dass alle Bescheid wissen.«
    Ich legte einen Arm um ihre Schultern. »Diese Leute sind unwichtig. Du bist mehr wert als sie alle zusammen.«
    Ihr Lächeln war nur ein Abglanz ihres üblichen Selbstvertrauens. »Oh, das weiß ich.«
    Â»Der Dunkle hätte etwas tun müssen«, sagte ich. »Er hätte dich beschützen müssen.«
    Â»Das hat er, Alina. Viel mehr, als du ahnst. Aber er ist wie alle anderen ein Sklave der Launen des Zaren. Jedenfalls noch.«
    Â»Noch?«
    Sie drückte mich kurz an sich. »Wir wollen uns heute Abend nicht an düsteren Gedanken festbeißen. Komm«, sagte sie und ihr schönes Gesicht erblühte zu einem strahlenden Lächeln. »Ich brauche dringend einen Schluck Champagner!«
    Damit verließ sie leichtfüßig das Zimmer. Ich hätte gern länger mit ihr gesprochen. Ich hätte sie gern gefragt, wie sie ihre Worte über den Dunklen gemeint hatte. Ich hätte dem Zaren gern einen Hammer über den Schädel gezogen. Aber sie hatte Recht. Morgen war noch genug Zeit zum Grübeln. Ich warf einen letzten Blick in den kleinen Spiegel und eilte in den Flur, ließ meine Sorgen und Genjas Warnungen hinter mir.
    Meine schwarze Kefta sorgte für großes Aufsehen im Kuppelsaal. Marie, Nadja und eine Schar anderer Ätheralki, alle in blauem Samt und blauer Seide, umschwärmten Genja und mich. Genja wollte sich wie üblich davonschleichen, aber ich ließ ihren Arm nicht los. Wenn ich schon die Farbe des Dunklen tragen musste, würde ich das ausnutzen, um meine Freundin an meiner Seite zu haben.
    Â»Du weißt doch, dass ich den Ballsaal nicht mit dir betreten darf. Die Zarin würde einen Anfall bekommen«, flüsterte sie mir ins Ohr.
    Â»Gut. Aber du kannst mich wenigstens bis zum Großen Palast begleiten.«
    Genja strahlte.
    Auf dem Kiesweg und im Tunnel zwischen den Bäumen fiel mir auf, dass Sergej und einige andere Entherzer uns immer dicht auf den Fersen blieben. Mir wurde schlagartig bewusst, dass sie uns beschützten – oder wenigstens mich. Das hatte sicher mit all den Fremden zu tun, die sich anlässlich des Festes auf dem Palastgelände aufhielten. Trotzdem war es verstörend, denn es erinnerte mich daran, dass es viele Leute gab, die mir nach dem Leben trachteten.
    In den Anlagen rings um den Großen Palast traten Schauspieler und kleine Gruppen von Akrobaten zur Unterhaltung der flanierenden Gäste auf hell erleuchteten Bühnen auf. Verkleidete Musiker waren auf den Pfaden unterwegs. Ein Mann mit einem Äffchen auf der Schulter ging an uns vorbei und wir begegneten zwei von Kopf bis Fuß mit Blattgold bedeckten Männern, die auf Zebras ritten und jeden, der vorbeikam, mit juwelenbesetzten Blüten bestreuten. Im Springbrunnen mit dem Doppeladler wateten drei rothaarige Tänzerinnen, fast nackt und nur mit ein paar Muscheln und Korallen geschmückt, und boten den Gästen Tabletts mit Austern an.
    Wir wollten gerade die Marmortreppe hinaufgehen, als ein Diener mit einer Nachricht für Genja erschien. Sie las den Zettel und seufzte.
    Â»Die Kopfschmerzen der Zarin haben sich wundersamerweise verflüchtigt und sie hat beschlossen, doch am Ball teilzunehmen.« Sie umarmte mich, versprach mir, mich vor meiner Vorführung aufzusuchen, und eilte davon.
    Der Frühling hatte noch nicht richtig begonnen, aber im Großen Palast war schon Sommer. Musik trieb durch die marmornen Flure. Die Luft war merkwürdig warm und erfüllt vom süßen Duft Tausender weißer Blumen, die in den Gewächshäusern der Grischa gezüchtet worden waren. Sie bedeckten die Tische und hingen in dichten Büscheln von den Balustraden.
    Ich schlängelte mich mit Marie und Nadja durch Gruppen von Edelleuten, die teilnahmslos taten, aber zu tuscheln begannen, sobald wir mit unserer Korporalki-Leibgarde an ihnen vorüber waren. Ich hielt mich kerzengerade und lächelte sogar einen

Weitere Kostenlose Bücher