Grischa: Goldene Flammen
Hofdamen in Sorge um sie sind, damit sie sich wichtiger fühlen kann. Dies ist das gröÃte gesellschaftliche Ereignis der Saison und sie würde es um keinen Preis der Welt verpassen.«
Das gröÃte gesellschaftliche Ereignis der Saison. Ich stieà einen rüttelnden Seufzer aus.
»Nervös?«, fragte Genja.
»Ein bisschen. Ich weià auch nicht, warum.«
»Vielleicht, weil ein paar Hundert Edelleute darauf warten, dich zum ersten Mal zu sehen?«
»Vielen Dank. Das beruhigt mich ungemein.«
»Bitte schön«, sagte sie und zog kräftig an meinen Haaren. »Du müsstest dich inzwischen daran gewöhnt haben, dass die Leute dich anstarren.«
»Habe ich aber nicht.«
»Gib mir einfach ein Zeichen, wenn du es nicht mehr erträgst. Dann springe ich auf den Banketttisch, lüpfe das Kleid, lege einen kleinen Tanz hin, und schon schaut dich niemand mehr an.«
Ich lachte und merkte, wie ich mich entspannte. Nachdem ich mich gesammelt hatte, fragte ich bemüht nebensächlich: »Ist der Dunkle wieder da?«
»Oh ja. Er ist gestern angekommen. Ich habe seine Kutsche gesehen.«
Ich war ein wenig enttäuscht. Er hielt sich schon wieder einen ganzen Tag im Palast auf, ohne mich aufgesucht oder zu sich gerufen zu haben.
»Er hat sicher viel zu tun«, sagte Genja.
»Natürlich.«
Nach einer Weile sagte sie leise: »WeiÃt du â wir spüren es alle.«
»Was?«
»Jeder fühlt sich zu ihm hingezogen. Zum Dunklen. Aber er ist nicht wie wir, Alina.«
Ich erstarrte. Genja hielt ihren Blick weiter fest auf meine Haare gerichtet.
»Wie meinst du das?«, fragte ich mit einer Stimme, die selbst in meinen eigenen Ohren unnatürlich hoch klang.
»Seine Art von Macht, sein Aussehen. Man müsste schon blind oder vollkommen blöd sein, um es nicht zu bemerken.«
Ich wollte die Frage nicht stellen, konnte aber nicht anders: »Hat er je � Ich meine ⦠hast du je mit ihm �«
»Nein! Nie!« Ein spitzbübisches Lächeln überflog ihr Gesicht. »Aber ich würde es sofort tun.«
»Im Ernst?«
»Wer würde das nicht?« Sie fing meinen Blick im Spiegel auf. »Trotzdem würde ich nie zulassen, dass mein Herz für ihn entflammt.«
Ich zuckte mit den Schultern in der Hoffnung, unbeteiligt zu wirken. »Natürlich nicht.«
Genja zog ihre makellosen Augenbrauen hoch und zerrte an meinen Haaren.
»Autsch!«, schrie ich. »Ist David heute Abend da?«
Genja seufzte. »Nein, er mag keine Feste. Aber ich habe kurz in seiner Werkstatt vorbeigeschaut, damit er sehen kann, was er verpasst. Er hat mich kaum eines Blickes gewürdigt.«
»Das wage ich zu bezweifeln«, sagte ich, um sie zu trösten.
Genja lieà die letzte Haarsträhne an ihren Platz gleiten und steckte sie mit einer goldenen Nadel fest.
»Fertig!«, sagte sie triumphierend. Sie gab mir den Handspiegel, damit ich ihre Arbeit bewundern konnte. Sie hatte die Hälfte meiner Haare zu einem komplizierten Knoten zusammengesteckt. Die andere Hälfte fiel in glänzenden Wellen über meine Schultern. Ich strahlte und drückte Genja an mich.
»Danke!«, sagte ich. »Du bist groÃartig.«
»Das nützt mir auch nicht viel«, grummelte sie.
Wie kam es, dass Genja sich in jemanden verliebt hatte, der so ernsthaft und still war und offenbar kein Auge für ihre Schönheit hatte? Oder war genau das der Grund, weshalb sie für David schwärmte?
Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Ich sprang auf und rannte zur Tür, um zu öffnen. Beim Anblick der zwei Dienerinnen, die jeweils mehrere Kisten trugen, war ich tief erleichtert. Ich merkte erst jetzt, wie groà meine Sorge wegen des Ausbleibens der Kefta gewesen war. Ich legte die gröÃte Kiste auf das Bett und klappte den Deckel auf.
Genja schrie leise auf und ich stand da und starrte den Inhalt an. Da ich keine Anstalten machte, mich zu regen, griff sie in die Kiste und holte den ellenlangen, flieÃenden, schwarzen Seidenstoff heraus. An den Ãrmelaufschlägen und am Kragen glitzerten feine Goldstickereien und winzige, dunkle Perlen.
»Schwarz«, hauchte Genja.
Seine Farbe. Was hatte das zu bedeuten?
»Sieh nur!«, stieà sie hervor.
Der Kragen des Gewandes war mit einem schwarzen Band aus Samt gesäumt, an dem ein kleiner goldener Talisman hing: eine Sonne
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