Grisham, John
sich mit ihrer zukünftigen Mutterrolle
nicht so recht anfreunden. Joey hatte wegen der bevorstehenden Hochzeit kalte
Füße bekommen und war aus irgendeinem Grund der Meinung, dass er in der Falle
saß. Kyle wusste keine brauchbaren Ratschläge für ihn. Wenn Blair nicht
schwanger gewesen wäre, hätte er seinem Freund geraten, Schluss zu machen. Aber
eine schwangere Verlobte konnte man nicht einfach so sitzenlassen, oder? Nein,
das ging nicht. Und was wusste er schon von solchen Dingen?
Während die Zuschauer ihre Plätze einnahmen und die Mannschaften sich
aufwärmten, war Kyle so weit, dass er reden konnte. "Sprich leise und
erzähl mir alles über Elaine", sagte er.
Joey hatte einen Flachmann mit Wodka dabei, sein Frostschutzmittel. Er nahm
einen Schluck, verzog das Gesicht, als würde der Alkohol grauenhaft schmecken,
und sagte: "Nichts als Ärger."
Joeys schriftliche Zusammenfassung seiner Begegnung mit Elaine war alles, was
Kyle bis jetzt wusste. Er brauchte sämtliche Details, und er brauchte einen
Plan.
"Sie
ist eine verbitterte junge Frau", sagte Joey. "Aber bei weitem nicht
so fies wie ihre Anwältin."
"Fang
von vorn an und erzähl es mir genau so, wie es passiert ist."
Noch ein Schluck aus dem Flachmann, ein lautes Schmatzen, ein Blick in die
Menge, um sicher zu sein, dass niemand sie beachtete, dann begann Joey, langsam
und ausführlich zu erzählen, was in Scranton passiert war. Kyle unterbrach ihn
mit einigen Fragen, doch Joey kam gut voran. Kurz bevor der Schiedsrichter die
Münze warf, als die Spannung im Stadion immer weiter anstieg, schloss er seinen
Bericht mit der Warnung: "Wenn die beiden auch nur den geringsten
Angriffspunkt finden, werden sie das gnadenlos ausnutzen. Wir dürfen ihnen
keinen Angriffspunkt bieten. Es wäre am besten, wenn wir die Sache einfach
vergessen."
Für eine Weile sahen sie sich das Spiel an und redeten nur über Football.
Während einer Auszeit fragte Joey: "Und? Wie sieht dein Plan aus?"
"Kannst
du nächste Woche nach New York kommen? Die Steelers gegen die Jets. Sechzehn
Uhr im Meadowlands Stadium. Karten habe ich schon."
"Kyle,
ich weiß nicht." Das Problem war Blair, und Geld spielte ebenfalls eine
Rolle. Joey verdiente zwar gut mit seinen Provisionen, aber er war nicht reich.
Und jetzt hatte er bald ein Kind und irgendwann danach auch eine Ehefrau - oder
umgekehrt, was noch nicht geklärt war. Einmal wollte Blair die Hochzeit auf die
Zeit nach der Geburt verlegen, damit sie bis dahin abnehmen konnte. Dann wieder
wollte sie alles vorziehen und möglichst schnell heiraten, damit das Baby
ehelich geboren wurde. Joey hielt sich aus allem raus und saß in der
Zwickmühle. Inzwischen mussten sie auch die Hypothek ihrer teuren neuen Wohnung
abzahlen. Er konnte es sich nicht leisten, zu viel Geld für Footballspiele
auszugeben.
"Warum
soll ich nach New York kommen?"
"Weil
du ein Foto von Bennie Wright machen sollst."
"Warum
brauchst du ein Foto von ihm? Diese Leute sind
doch
gefährlich, oder?"
"Und
wie."
"Warum
legen wir uns dann mit ihnen an?"
"Ich
will wissen, wer sie sind."
Joey schüttelte den Kopf und sah weg, in Richtung der Anzeigetafel. Dann nahm
er noch einen Schluck aus seinem Flachmann und beugte sich zu Kyle. "Wir
sollten diese Leute in Ruhe lassen. Tu, was sie dir sagen, spiel ihr Spiel mit,
lass dich nicht erwischen und sorg dafür, dass dieses verdammte Video nie
wieder auftaucht. Dann wird uns nichts passieren."
"Vielleicht.
Kannst du nach New York kommen?"
"Ich
weiß es nicht. Ich muss mir was ausdenken."
"Es
ist sehr wichtig. Bitte."
"Wie
sollen wir es eigentlich anstellen, ein Foto von Wright zu schießen? Er ist
doch Spion von Beruf, oder?"
"So
was in der Art."
"Du
bist Anwalt. Ich bin Börsenmakler. Wir haben keine Ahnung von dem, was wir da
tun. Wir könnten in Schwierigkeiten geraten."
"Stimmt."
Kyle nahm ein kleines Päckchen aus der Tasche seines unförmigen
schwarz-goldenen Parkas mit dem Namenszug der Steelers. "Hier, nimm
das", sagte er, während er es so weit nach unten hielt, dass niemand es
sehen konnte.
Joey ergriff das Päckchen und steckte es in die Tasche seines Parkas, der
genauso aussah wie der von Kyle. "Was ist das?"
"Eine
Videokamera."
"Fühlt
sich nicht wie eine Videokamera an."
"Es
ist eine Videokamera, aber keine, die du in einem Schaufenster sehen
würdest."
Die Steelers gingen mit einem langen Pass und dem ersten Touchdown des Spiels
in Führung, und die
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