Größenwahn
ich. Einer muß fort. – Er will mich heut sprechen, natürlich geheim. Ja, Vorsicht thut noth. Darum meldete ich schon gestern meiner Dienerschaft an, daß ich um diese Stunde ausfahren würde. – Wohlan, Dictator Catilina, wir werden ja sehn.
Er geht ins Innere des Hauses.
CLODIUS
tritt nach einer Weile hastig ein und nähert sich vorsichtig.
Alles leer. Der Marder im Taubenschlag! Ich versteckte mich hinter die nächsten Säulen und ließ die Andern an mir vorbei. Der Augenblick ist günstig. Cäsar fährt aus, wie seine Diener mir schon gestern verriethen. – Macht dieses dürre Ehegespons mir Schwierigkeiten, so werf ich ihn zum eignen Haus hinaus. Ich bin der Clodius, der alles wagt. – Wer kommt?
Er verbirgt sich hinter Hausgeräth. Terentia kommt aus dem Innern des Hauses, von Pompeia begleitet.
TERENTIA. Ja, meine Theure, Fortschritt, Fortschritt über alles, über alles in der Welt! Ich marschirte stets mit dem Zeitgeist. Allgemeines Wahlrecht, vorzüglich Redefreiheit – das ist die Zukunft der weiblichen Jugend. – Vale! Begleite mich nicht weiter. Mein Wagen wartet, in ihm Papirius als Lenker der Rosse.
POMPEIA. Dein Liebhaber? So öffentlich? Dein Mann –
TERENTIA. Mein Mann!! Deine Erziehung scheint doch sehr vernachlässigt. Von Zweien bin ich geschieden, einen brachte ich unter die Erde im Kampf gegen seine tyrannische Anmaßung, und sollte Kikero fürchten?
POMPEIA. Laß Dich mit Catilina trauen – der fürchtet ihn auch nicht.
TERENTIA. Pfui, wie Du redest! Dieser Elende, der den Plebejern und Sclaven den Zeitgeist predigt – nichts habe ich mit ihm gemein. Fortschritt auf meine Kosten – dafür bedank' ich mich. Mein Mann soll sich nur unterstehn, bei der Wahl durchzufallen! Na warte!
Ab.
POMPEIA. Sie sind alle so fortgeschritten. Warum schreite ich nicht auch fort?
Träumerisch.
Dieser Clodius stellt mir fast unziemlich nach. Doch wie hübsch er ist!
CLODIUS
aus seinem Versteck hervorstürzend, kniet vor ihr.
Herrin!
POMPEIA
erschrocken.
Minerva schütze! Steh auf! Was willst Du? Mein Gatte –
CLODIUS. Was schiert mich eine Welt in Waffen! In diesem Staube laß mich ewig ruhn, den Dein schneeiger Fuß geweiht! Sieh, meine Seele drängt sich ins entflammte Auge, das Deines sucht!
POMPEIA. Laß mich!
CLODIUS. O Deine Stimme! Brauste rings die Welt in Flammen auf – ich höre sie allein. Nicht wie ein Modeherr in wohlgeschützter Laube von Liebe schwatzt in wohlgesetzten Phrasen – nein, unterm Laubendach sausender Speere, wie's einem Sohn des Mars gebührt, zujubeln möcht' ich Dir: Ich liebe Dich!
POMPEIA. Schone mich und fliehe! Mein Gatte –
CLODIUS. Der ist fern und Niemand hört mich hier als Venus meine Gönnerin. Und mag die Erde selbst erbebend öffnen ihren Schlund – von dieser Stelle weiche ich nicht!
CÄSAR
während der letzten Worte eingetreten.
Erlaube mir zu zweifeln!
Clodius springt auf.
In Dein Gemach, Tochter des Pompeius. Unschuldig bist Du? Möglich. Doch an des Cäsar Gattin darf auch nicht der leise Schatten eines Zweifels haften.
Pompeia ab.
Nun zu uns, mein alter Freund!
CLODIUS
trotzig.
Straf' mich Mars, Herr! Scheinst ja sehr vertraulich.
CÄSAR
kühl.
Ich liebe die Herablassung. – Reden wir von Geschäften! Lieber Mann, Du bist in meiner Hand. Ich werde die Sache dem Senat anheimstellen. Mit erschütternder Beredsamkeit – Du hast ja wohl viele Freunde im Senat?
CLODIUS
verbissen.
Keinen.
CÄSAR. Schade! Der Censor hat also dann die Gewogenheit, Dich Deiner senatorischen Pflichten zu entheben. Sodann markige Rede Cato's über Zeiten und Sitten – dann schimpfliche Ausstoßung – dann groß Geschrei in der Gesellschaft, höflicher Hinauswurf – die Stadt zeigt mit Fingern auf Dich. Ja, es ist 'was Schönes um den gesellschaftlichen Ruf, besonders für Die, so davon leben.
CLODIUS. Ich bin in Deiner Hand.
CÄSAR. So denke Dir mal, ich setzte Dir den Dolch an die Kehle.
CLODIUS
mit Humor.
Ich denke mir.
CÄSAR. Beantworte demnach meine bescheidenen Fragen gewissenhaft wie unter der Schärfe des Schwertes. – Deine politischen Ansichten interessiren mich. Was bist Du eigentlich?
CLODIUS. Catilinarier, Vorfechter der Menschheit!
CÄSAR
rasch.
Das ist nicht wahr.
CLODIUS. Auch die Regierung –
CÄSAR. Das ist nicht wahr.
CLODIUS. Je nun, ich fechte auf eigene Faust.
CÄSAR. Das heißt, Du verkaufst Dich dem Meistbietenden. Das bin aber ich.
CLODIUS. Du?
CÄSAR. Ich. Ich ruinire Dich, wenn Du mir widerstrebst. Was willst Du
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