Größenwahn
–
Sie denkt: »Der Mensch ist roh, doch hat er wirklich Geist.«
Leer sei Deine niedre Stirn,
Jammerst Du, Du dicke Gute?
Ei was thut's, Grisettendirn?
Fülle steckt in Deinem Blute.
Weiter will ich nichts vom Weib:
Volles Herz in vollem Busen,
Treue und gesunder Leib.
Alte Jungfern sind die Musen.
Faul sind wir von Natur in allen Stücken,
In einem Punkt nur fleißig immerdar:
Uns selbst zu quälen will uns immer glücken,
Denn hier sind wir erfinderisch fürwahr.
Es ist ein Tantalusgefühl,
Zur Sinnlichkeit sich selbst zu treiben,
Doch im Genuß noch nüchtern-kühl
Und ohne Wonnerausch zu bleiben!
Nicht zähmen die verworfne Gier
Und deutlichst ihre Folgen kennen
Als wolle man nicht löschen schier,
Aus Faulheit lieber so verbrennen!
Wenn ich in das Lotterbette eile,
Ist es nur, mich zu verstecken
Vor der Fledermaus der Langeweile,
Die mich hetzt in allen Ecken.
Ach, es ist nicht mehr der Reiz der Sinne,
Denn ich weiß, was ich dabei gewinne:
Einen Katzenjammer besten Falles,
Einen schnöden Kitzel – das ist Alles.
Wird mein Wille mich denn nie erretten
Von den langgetragenen schweren Ketten?
Ja, ich thue einen großen Schwur:
Will mit einem Rucke sie zerreißen,
Tilgen jedes Sündenbrandmals Spur
Und den innern Moloch von mir schmeißen.
Liebe war es oft, die mich verführte
Und mit Leidenschaft das Herz mir rührte –
Kalt und ruhig blick' ich nun umher,
Keine Liebe kann mich locken mehr.
Es leuchtet in meines Innern Haft
Die Central-Seele der Welten.
Doch auch die Flamme der Leidenschaft,
Sie lodert daneben – was hilft das Schelten?
Vom Herbstwind eine Frühlingsblum' geknickt
Sahst Du noch nicht?
Dein Auge leicht dies Phänomen erblickt:
Mein Angesicht.
Elender, sieh Dein Bild in diesem Spiegel!
Die Lippe blaß, die Stirne düster!
Ehrloser Lüste und des Grames Siegel
In jeder Falte ausgeprägt.
Ach! Meiner Sünden Leiden trägt
Dies Antlitz, wüster, immer wüster.
Ich dämmte in mir meiner Liebe Fluth
Und barg voll Muth die innerliche Gluth
Und widerstand den Augen, die mich riefen:
»Was zauderst Du? O laß den Blick, den kalten!
Soll ich vor Dir denn noch die Hände falten?«
Die Zweifel, Zorn und Kummer, die schon schliefen,
Weckt' ich auss neu, um mich ihr fern zu halten.
Denn so nur in dem selbstgeschaffnen Leid
Könnt' ich das Werk vollenden, das ich plante:
Die Zukunftsschöpfung meine Seele ahnte,
In der mein Gram ward zur Unsterblichkeit.
O könnt ich nur einmal die Liebesqual,
Bekennen, mich stürzen zu Deinen Füßen,
Und auf sie drücken das Henkermal
Wuthbrennender Küsse, die Lust zu büßen!
Um Deine Kniee mit heimlicher Gier
Meine Arme brünstig stehend verschränken,
Deine zitternde Hüfte umspannend, zu mir
Deinen wallenden Busen, niedersenken.
Und immer weiter tasten jetzt
Auf taumelnder Inbrunst Stufenleiter,
Bis meine lüsterne Lippe zuletzt
Vom Nacken kostet weiter und weiter.
Bis die zarte Wange an meiner lehnt!
O könnt ich das Eis Deiner Keuschheit schmelzen!
Ha, wie der Verschmähung Rache sich sehnt,
Dich schwelgend durch Höllensümpfe zu wälzen!
Paulus Hartung.
Grabesseufzer an Serafina.
Die Perle birgt sich in der tiefen Muschel,
Brich sie heraus, so stirbt das Muschelthier:
Zur Liedesperle formt sich die Empfindung.
Doch ach! das Herz es bricht darüber Dir.
O sage nicht, daß dahin Deine Zeit
Und daß Deine Schönheit zu früh verblüht
Und daß Deine Jugendfreudigkeit
In der Schwermuth Asche für immer verglüht.
Einst streifte Dein Falkenauge nmher,
Deiner Schönheit Beute suchte es sich.
Nun senkt Dein Blick sich liebeschwer,
Wie der Taube, die nie vom Neste wich.
Und ist Dein Schritt nicht mehr so leicht?
Doch kehrte ich aus der Fremde zurück,
Entgegen eiltest Du mir vielleicht
So schnell, wie früher im Jugendglück.
Und wäre auch Deine Schönheit verblüht,
Sie blühte weiter im Herzen mir.
Denn ewig bewahrt ein liebend Gemüth
Die Rose der Erinnerung hier.
Ich möchte stehn, wo wie ein flinker Aar,
Deß Fittich leuchtet in der Sonne klar.
Wie weiße Federn sträubend seine Wellen,
Herniederstößt vom Berg der Wasserfall,
Bis am Granit die Fänge ihm zerschellen.
Wie Banner Wassersäulen wehn, die hellen,
Durchwirkt mit Gold, Rubinen und Smaragd,
Und schmetternd rollt es, wie Drommetenschall,
Wie Pauken wirbelt es in dumpfem Takt,
Und höher, dichter thürmt sich Wogenschwall,
Als lärme
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