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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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stets besondern Reiz Geschriebenes.
    Doch jetzt zum Gnadenbitten habe ich bestimmt
    Die älteste Vestalin. Diese Fürsprach' muß
    Erretten mich. Haha, ein schönes Bild auch dies
    Und möglich nur in dieser Weltkloake Schlund,
    Daß die Vestalin für die – Messalina fleht!
    Natürlich fielen zwar die Meisten von mir ab:
    Der Mensch vergiebt der Macht der Frevel Uebermaß,
    Dem Fallenden verzeiht er Nichts. Das tröstet mich,
    Daß ich den Lumpen rechten Grund zum Hasse gab:
    Dreihundertfünfzehn Ritter, Dreißig vom Senat,
    Und von Quiriten eine ungezählte Menge noch,
    Ließ ich vernichten: Theils weil abhold meiner Macht
    Und meine Frevel tadelnd, theils aus Eifersucht
    Und Rachsucht den, der meinen Schlingen sich entzog.
    So räumte den Vicin ich aus dem Wege mir,
    Den Gatten von der Nichte meines Hahnreimanns.
    Die Nichte war gefällig, näherte dem Cäsar sich,
    Und mir gefiel Vicin. Der Geck hat mich verschmäht,
    Und sprach von Treu' und Tugend – Beide starben drum.
    Silan auch starb, der blöde Held. (Stiefvater mir,
    Denn meine Mutter gab ihm Claudius zur Frau.)
    Ich war nach seiner Liebe lüstern und umarmte ihn
    Einst etwas zu verwandschaftlich. Das merkte er
    Und deutete mir drob sein Mißbehagen an,
    Blies auf die Freundschaftsflöte, sprach von Unnatur!
    Pah, Unnatur ! Natur ist alles, was Natur erlaubt,
    Was ich begehe, ohne grad zu sterben dran.
    Naturinstinkt ist jeder Trieb im Menschenblut:
    Was ich besitzen will, ist mir auch drum gewährt ,
    Gestattet ist, was mir gefällt . Pasiphaë
    Verliebte sich in einen Stier. Und fühle ich
    Verlangen, mich zu paaren einem Krokodil –
    Wer schreit da Unnatur, da mir 's Natur gebeut?
     
    Ja, Sinnlichkeit war meines Lebens Lust und Qual:
    Verzehrend And're, hab' ich so mich selbst verzehrt.
    Um den zu fangen, der sich meiner Macht entzog,
    Verlieh ein Gott mir Schönheit – schnell bestrickend wie
    Medea's Zaubertrank und Paphos' Sommernacht.
     
    IV.
     
    O süße tolle Orgien, wo in dem Kreis
    Geliebter Frechheit, von Begierde wild zerfleischt,
    Becher nach Becher lachend ich hinabgestürzt
    Von honigduftendem Falerner rauschgewohnt.
    – Nie sah ich so verlockend meiner Schönheit Bild
    Vor Augen, als da ich mich heimlich spiegelte
    In dem geschliff'nen Erzschild an der Marmorwand
    Einst im Zenith des Sinnentaumels, wild verzückt.
    Mein wallend Haar, in krausen Locken ringelnd sich,
    Wie einer Furie oder Gorgo Schlangenhaar,
    (Die Furie der Begierde hauste ja in mir,
    Selbst hetzend den Genuß, von innerem Fluch gehetzt)
    Blauschwarz wie Ebenholz, von Wollustthränen feucht,
    Gleich wie ein perldurchwirkter dunkler Seidenflor,
    Peitschte den weichen Nacken und des Rückens Schnee,
    Sich schmiegend um des Busens makellose Form
    Bis zu geschwellter Hüften üppiger Fülle hin.
    – Des Unterkörpers Stellung war nicht minder schön.
    Die kleinen Füße in goldfranzigem Pupurschuh
    Zerstampften ruhelos des Estrichs Mosaik
    Zum Tact der Flöte, die verlockend girrte rings.
    Die runden glatten Kniee bebten im Genuß,
    Matt ausgeglitscht. Wie göttlich hingegossen lag
    Der Leib, der schmachtend hingeglitt'nen Glieder Pracht,
    Die Grazie der Wollust jedem aufgeprägt!
    Durch der zurückgebogenen Schenkel rosige Haut
    Pulsirte schimmernd Scharlach des erhitzten Bluts
    Im Blau der Adern, wie der Freude Morgenroth.
    Purpurgesäumt, schneeweiß, die seidne Tunika
    War abgestreift, der goldne Gürtel losgelöst,
    Die blüh'nden Arme nackt und voll emporgestreckt.
    Und nur des Purpurvorhangs rosiges Dämmerlicht,
    Der Weihrauchampel matter Schein nun fiel
    Auf die weißrosigen Formen, lüstern hingedehnt
    Auf Kissen von Tyrrhenerpurpur perlbestickt.
    Das goldne diamantbesetzte Diadem,
    Symbol der Weltmacht, kollerte vergessen dort
    Auf Perserteppich. Palmzweig, grüner Epheu war,
    Ihr Weiß zu zeigen, auf die Schulter hingestreut –
    Durch's schwarze Haar schlang sich der Rosen rother Kranz.
    Das Auge brauchte keine farbige Zierde, traun!
    So glühend, wie der Sonne Gold, des Blutes Roth
    Brach durch die schwarzen Wimpern schwarzer Augen Gluth
    Im ungezähmten Feuer herrschender Begier,
    Durch Wollustthränen süß gedämpft, wie durch
    Des Tropenregens Schleier der Canopus brennt.
    Die rothen Lippen – heiß geöffnet waren sie,
    Doch nicht wie eine Rose, die den Kelch erschließt –
    Wie eine aufgeriss'ne Wunde dürstend stets
    Nach Balsam für die Qualen einer innern Gluth.
    Doch kühlt und lindert nicht der Küsse Feuerthau:
    Drum sog mein Busen ewig

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