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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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unter Seufzern ein
    Die schwüle Ambraluft, gleich wie den Wüstenwind
    Des Berberrosses Nüster saugt, zum Ritt bereit.
     
    V.
     
    Und welch' ein Götterspaß, welch' witziger Frevel war's,
    Wenn ich die Jungfrau'n und Matronen, die zum Fest
    Ich lud und die aus Furcht zum Pallatin gefolgt,
    Preisgab den Lüsten abgefeimter Lüstlinge.
    Unwürdig Deiner nicht, o Göttin Aschera,
    War dieser Einfall. Denn wie Deinem nächtigen Dienst
    Man unberührte Mädchenblüthe opferte,
    So fordert' meine Gottheit auch der Keuschheit Raub.
    Welch greller Angstschrei, welch verzweifelt Wehgestöhn,
    Welch wildes Weinen der erzwungnen Wollustpein
    Erscholl da, lieblich meinem Ohr – zu bald erstickt
    Von meinen nervigen Buhlen vor dem Hochaltar
    Der Göttin Unzucht, die in Saales Mitte stand.
    Ja, all die bittern Thränen, die vergossen dort –
    Auffangen hätt' ich mögen sie im Goldpokal
    Und schlürfen nimmersatt ihr bittres Salz,
    Damit der Hunger meiner Grausamkeit gestillt.
    Wie manche Unschuld, manche Herzensreinheit ward
    Von mir geknickt und faulig in den Koth gestampft!
    Doch bei Matronen (ehrbar keusche wählt' ich nur)
    War sorgsam ein besondrer Reiz von mir erdacht.
    Denn ihre Gatten lud ich alle ein zu gleicher Zeit:
    Die zwang ich nun vor ihren Ehgesponsen selbst
    Mit siechen Freudenmädchen sich genugzuthun.
    Die armen Weiber aber, die vor Gram und Eifersucht
    In Ohnmacht fielen, lieferte den Meinigen
    Ich aus vor ihrer Männer Aug' zum Ehebruch! –
    So ließ ich sich ergießen, einen Unflathstrom
    Von namenlosen Gräueln, bis im eklen Sumpf
    Der Sinnlichkeit, im Pestpfuhl der Verderbtheit ganz
    In Schlamm getreten alle Tugend, Würde, Sittsamkeit.
    Ha, welch homerisches Gelächter schallte hell
    Aus dem Gehege meiner Perlenzähne dann,
    Wenn der Entehrten Fluch zu mir heraufgetönt.
    »So geh es Jedem!« rief ich triumphirend aus
    Und drückte wild aus Herz den Allerschändlichsten
    »Wer albern sich der Sinnenlust entziehen will
    Und meines Wandels spottet durch Anständigkeit!«
    Ha, Beifall wieherte mir der verruchte Schwarm,
    Noch siedet froh mein Blut bei der Erinnerung –
    O wie behaglich war's im Pandämonium!
    – Abscheulich führte sich nur eine Dirne auf,
    Vestalin war sie: Diese gab sich selbst den Tod
    Vor meinen Augen – hu, wie sie so bleiern lag,
    So steif und still! Und langsam rann der Lebenssaft.
    Ja, er verrinnt und dann ist Alles, Alles aus.
    Getrost. Noch kocht mein Blut in voller Sinnenkraft
    Und schleicht nicht siech durch altersschwache Adern hin.
     
    Auch jene Arria empörte mich mit Fug,
    Die standhaft frech im Tod beschämte meine Wuth.
    Doch welche Lust hinwieder bot der Augenblick,
    Wenn in der Leidenschaft Umarmung festverstrickt,
    Wie eine Schlange ihn umgürtend, heimlich ich
    Auf einen Buhlen, deß ich überdrüssig ward,
    Den Dolch gezückt und ihm durchbohrt das trunk'ne Herz,
    Der ahnungslos an meinen Lippen festgesogen hing.
     
    Ja, Grausamkeit und Wollust , süße Zwillinge!
    Erzarmiger Büttel mit dem stumpfen stieren Blick
    Erbarmungsloser Roheit – welch bezaubernd Bild!
    Braunfette Dirne mit der schweißig feuchten Hand
    Und lüstern blinzelnd wie ein Geier – mein Idol!
     
    Ein Brief? – Von wem? Von meiner Mutter Lepida?
    Sie räth, anständigen Tod zu wählen? – Rast die Frau?
    Warum? – Anständiger Tod? Meint sie freiwilligen?
    Ich willig aus dem Leben scheiden? Nimmermehr! –
     
    VI.
     
    In ungewissem Jugendbrüten, als mein Geist
    Noch nicht zur nackten Klarheit der Erkenntniß kam,
    Daß Alles Rauch und Unsinn, außer Sinnlichkeit,
    Daß Scham und Scheu nur Dummheit, Frechheit Größe ist –
    Da blättert' ich in faden Philosophen oft,
    Nach einem Etwas suchend, das ich würfe froh
    Der Langeweile in den nimmersatten Schlund.
     
    Die faselten nun ewig von Unsterblichkeit,
    Von Seelenleben. Seele? Was ist Seele denn?
    Ausfluß des Blutes und Gehirns, so ahne ich,
    Abhängig völlig von des Leibes Regungen,
    Bethätigung des Körperlebens in Gedank' und Wort
    Durch ihn geboren, sterbend mit dem Leibe auch.
    O süßer Leib, du der Genüsse Zeugerin!
    Dich schmähen sie und nennen ein Gefängniß Dich,
    Das nur die Seele hemme in dem freien Schwung.
    Was soll das heißen? Dunkel ist mir dieser Spruch.
    Hab' je von freiem Schwung ich einen Hauch verspürt?
    Nichts da! Auf sogenannte Seele habe ich
    Nie viel geachtet, nur den Sinnen unterthan.
    Der Leib ein morsch Gefängniß? – Dies ist leider wahr,
    Daß er höchst unvollkommen für Genuß

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