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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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nimmer konnte ich befriedigt seufzen: »Gut!
    Ich kann nicht mehr.« – Ach wie behaglich war es doch
    Fortschlich ich mich vom ehelichen Thalamus,
    Wenn mein kahlköpf'ger Schlottrer schnarchte neben mir
    In tücht'gem Rausch, von Trunk und Völlerei beschwert.
    Manchmal macht' ich den Spaß mir, den erquicklichen,
    Zwei Gassenmetzen zuzuführen ihm im Rausch,
    Calpurnia und Kleopatra, an meiner Statt!
    Haha! dämonisches Vergnügen labte mich,
    Weil so das Kaiserlager doppelt ward entehrt.
    Denn bester Kitzel für den Lüderlichen ist
    Das Uebermaß der stinkenden Ruchlosigkeit.
    Ich aber schlich als Priest'rin der Vulgivaga
    Durch Höf' und Gassen, bot mich jedem Strolche an
    Und kehrte endlich in der Morgendämmerung
    Erschöpft, doch ungesättigt zum Palaste heim.
    (Weh' mir! Was kühlte jemals meine sieche Brunst?)
     
    Und sieh, der alte Zechcumpau erkannte mich,
    Erinnerte sich gern der drallen Buhlerin,
    Die jeden nervigen Bootsknecht schwelgen ließ im Schooß,
    Und grüßte mich: Lycisca. – War's ein Schicksalshohn?
    Ich ließ den Mann im Wahn, der ihn ermuthigte
    Mich derb zu drücken in verliebter Possenreißerei,
    So daß die Langeweile eben noch bewältigt ward
    Und ich mich tröstete in meinem Ungemach.
    Der Arme, hätt' er mich erkannt, so starb er ja!
    Gleich jenen Höflingen, die einst im Lupanar
    Mich trafen und erkannten, und sich weigerten,
    Um keine »Gottesschändung« zu begehn, wofür als Lohn
    Ich ihre Töchter schänden und verführen ließ!
     
    II.
     
    O Höhe meiner Allmacht! O mein tiefer Sturz!
    Die Diebin Agrippina stiehlt mein Diadem.
    Ich sehe sie vor mir im Geist, die Schmeichlerin,
    Im heimlichen Gemach bei meinem Schattenmann.
    Wie sie den abgebrauchten Lüstling kitzeln wird
    Durch schlaues Zeigen und Verhüllen, Bieten und Verwehren auch
    Wie sie mit schlauem Honigwort ihn reizen wird
    Der Güte Taubensanftmuth bald im feuchten Blick,
    Bald edlen Zornes Löwenmuth im Feueraug'!
    Bald süßlich lächelnd, abgefeimte Buhlerin,
    Zweideutige Späße lispelnd und gemeinen Scherz!
    Bald ernst und stolz, der Frauenwürde hehres Bild,
    Mit majestät'schem Faltenwurf der Tunika,
    Die leider sich in jedem Augenblick verschiebt ,
    Wenn sie in plastisch schöner Stellung Arm und Bein
    Heroisch von sich streckt! Wie wird in hohem Ton
    Vor ihm sie deklamiren aus dem Aeschylus,
    Zur Lyra singen den Catull, feinsinnig gar
    Ihm den Horaz erläutern und zuguterletzt
    Tiefschmerzlich feufzen über den Euripides,
    Weil er die Frauen so abscheulich schwarz gemalt,
    Denn unsre schönen Seelen, ach! verstand er nicht.
    Dann giebt es Ziererei, wenn er sie trösten will
    Und ihr versichert, heilig sei für ihn das Weibliche.
    Dann wechselt schroffe Kälte, strenge Züchtigkeit
    Mit heißem Ausbruch gut gespielter Leidenschaft –
    Lukretia, Cornelia, Antigone
    Verwandeln plötzlich sich in die Semiramis,
    Vampyrisch lüstern und bacchantisch liebeheiß.
    Wohl, Agrippina, gleichst Du der Assyrerin:
    Im Herzen Völkermord, im Auge Sinnenbrand,
    Staatsweisheit auf der Lippe, die von Küssen brennt,
    Vom Thron sich wälzend in der Unzucht Lotterbett.
    Ha, dessen rühm' ich mich: Ich war zu stolz dafür,
    Von Pallas mir zu borgen ihren Tugendschild,
    Deß glatter kalter Stahl die Blöden blenden soll.
    Ich war der Sünde offenste Verkörperung,
    Mein Fleisch und Blut verläugnete durchaus den Geist,
    Nie heuchelte ich höher'n Sinn. Ich bin die Lust,
    Denn weiblich ist die Sünde und ich bin ein Weib.
     
    III.
     
    Des Fatums Netz hält mich umstrickt, das unentrinnbare:
    Entweder trifft mich des Kroniden Racheblitz
    Oder die Himmelsfürstin Juno drückt
    Das Scepter voller Macht aufs neu mir in die Hand.
    Versucht hab ich, was möglich, und ich hoffe noch.
    Bittschriften und Fürbitter bot ich sämmtlich auf,
    Um unablässig zu bestürmen meines Gatten Sinn.
    Der Dickbauch hat kein Herz von Stein, ist schnell erweicht
    Und glaubt am Ende, daß ich schuldlos angeklagt,
    Denn dumm genug dafür ist der Vortreffliche.
    Ich selber warf mich ja ihm weinend in den Weg
    Bei Ostia, vor seiner Sänfte knieend bat
    Gehör ich für die Mutter des Brittannicus.
    (Als dessen Vater sich der Geiferer berühmt,
    Mir selbst ist der Erzeuger nicht so ausgemacht!)
    Da überschrie mich zwar sein feiger Kämmerling,
    Erstickend meiner Klagen süß beredtes Fleh'n.
    Auch hielt er eine Rolle von Papyrus vor
    Dem Weltbeherrscher, wo verzeichnet meine Schuld:
    Natürlich konnte dem der Tropf nicht widerstehn,
    Ihm hat ja

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