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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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erhalten wegen geistiger Urkundenfälschung und wegen falschem Zeugniß, als besoldete Denuncianten und Meineidbeschwörer des kritischen Areopags, sei es nun als Alexandrinische Kunstgelehrte und Kultusministerialräthe oder als »Knüngel«-Verschwörer der akademischen Strebercliquen untereinander oder als »vornehme« Preßbanditen und Fälscher der öffentlichen Meinung oder als Hoftheaterintendanten-Excellenzen und Nicht-Excellenzen, und was des Gesindels mehr ist.
    Aus ihrem Munde geht nichts als Lüge, wie jedes Wort aus des persischen Satans Eblis Rachen sich zu Pesthauch verwandelte. Phrasen, nichts als Phrasen. Humbug und kein Ende. Und ich selber? Bin ich denn besser ? Ich Memme, der ich mich mit ihnen an einen Tisch setze, weil sie dann wenigstens nicht klatschen und schimpfen können, und mich dann regelmäßig ärgere über den vergeudeten Abend? Ja, ich selber tauge den Teufel nichts .
    O dürft' ich rufen mit Coriolan, ein Selbstverbannter:
     
    »Ihr Hundeseelen, deren Hauch ich hasse
    Wie unbegrabener Männer todtes Aas,
    Das mir die Luft verseucht – ich banne euch .«
     
    O dürft' ich fliehen von den Ufern dieser Pauke, welche ein ewiger Regen in zahllose schmutzige Wasserringe zerschneidet, aus Gestade der Brenta! O dürfte, Tauben von San Marko, sich aufschwingen in eure Reihen meiner Seele fromme Taube und mit euch kosen in heiterm Spiele auf der Vorzeit Grabdenkmal, ihr Tauben von San Marko! – O Vorzeit, o vielverkanntes Mittelalter, das der jüdische Aufkläricht uns wegsudeln möchte! Ihr hattet kleine Mittel und große Ziele, wir haben große Mittel und kleine Ziele, Mittel schaffen noch keinen Zweck, aber der Zweck schafft sich selber Mittel.
    Denkt man nur an die Kreuzzüge, wie ärmlich erscheinen alle heutigen Unternehmungen!
    O Nibelungendichter, großer Unbekannter, der im Mysterium weltentäußernden Schweigens vornehm dem Erdkreis entschwand! Oft träumte ich Dich als Genossen Walters von der Vogelweide, in Palästina dem Hohenstanfischen Kaiserzuge folgend.
    Rosen und Trauben wogen im Libanonthal wie ein Meer rothen Weines ineinander, verschwimmend in Farbenwellen. Doch die Wolke Sodoms durchfließt noch immer unheimlich die Luft, wo das Todte Meer faul wie ein Alligator seine bleiernen Fluthen sonnt mit glasig stierem Auge, das in sich selber zurückschreckt. Und des Himmels brennendes Auge löst nie in Thränen sein starres Lid. Wie ein bleicher Symar, ein Leichenhemd von gramverwesten Völkerleichen, dehnt sich die Wüstenei, am Morgem vom »Blutregen« bethaut, der nächtlich herniedertrieft. Und wie die rothen Kreuze, die der Aberglaube in den Infusorien dieses Blutregens sah, bedecken in Morgendämmerung Rothkreuze das Blachfeld, wo die rothbekreuzten Templer auf dem Kriegspfad vorüberschleichen.
     
    Und der wilde Schwan, deß wir inne geworden,
    In Lüften sich wiegend, vom Heiligen Orden
    Ist es das stolze Banner Beauséant.
    Laissez aller!
Vorbei!
En avant!
    Wie Wüstenmirage ist alles zerronnen.
    Wir aber reiten ruhig besonnen,
    Anstimmend einen ernsten Leich
    Von Gottesminne und Himmelreich.
    Unsrer gelassenen Hiebe Schnitt
    Keinen Seldschucken im Sattel litt.
    Doch neben mir schwebt wie Kranichflug
    Ein Geisterkarawanen-Zug.
    Im Wüstenqualme, im Dach der Palme,
    Wie einst im Goldmeer heimischer Halme,
    Immer sehe ich noch die blonden
    Enakssöhne, die reisigen Burgonden.
    Und wo Herr Walter Vogelweid
    Ein vaterländisch Lied voll Schneid
    An der Nachhut Spitze sang nunmehr,
    Da sah ich Volker in herrlichem Stat,
    Am Schaft ein Banner von Goldbrokat.
    Nie sah man kühneren Fiedelêr.
    Da klangen die Saiten, die Wildniß erscholl,
    Süßer und süßer das Lied entquoll,
    Wie einst das Horn von Roncevall
    Anrief mit lautem Wiederhall
    Den Kaiser Karl, den greisen Herrn –
    O Barbarossa, Du bist fern!
    Da, jäh gepackt von Heimwehgraus,
    Wir wider den Feind uns wandten,
    Und klopften derb die Heiden aus,
    Daß sie nach Hause raunten.
    Dann seufzten wir alle bitterlich,
    Uebern Kinn zum Bart die Thräne schlich.
     
    – – Wohin hab ich mich verirrt! Mir war, als wär' ich selber der Nibelungendichter, als wäre sein Geist in mir und ich sein Enkel durch lange Seelenwanderung. Wer weiß! »Es giebt mehr Ding im Himmel und auf Erden« – leite bis zur Quelle Dein Ichbewußtsein zurück, so wird ein Gefühl Dir sagen, das keine Worte zu künden vermögen: Du bist nur eine neue Form von alten, ewig wiederkehrenden Gestalten.
    Magisch zieht's mich zum Orient, wo

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