Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
meinem ärgsten Feind nicht wünsche.
    Doch gut Jemand der fähig ist (noch dazu ein so genialer großer Geist wie Sie) Jemanden so zu ruiniren besitzt keinen Funken Gemüth, ich habe heute bitter geweint nicht meinetwegen was liegt an mir, aber daß es Jemanden giebt der so niedrig denkt – ich wäre einer solchen Handlungsweise niemals fähig – was ich in Zukunft mache weiß ich noch nicht, nun könnte es vielleicht werden was Sie so sehr zu befürchten scheinen, – meine Ehre, Alles ist mir genommen, kümmern thut sich auch Niemand um mich, nun gut, freuen Sie sich Ihrer Ernte. Was meine Schuld bei Fr. L. betrifft, wird schon beglichen werden, bis jetzt habe ich noch keine Schulden gemacht und das könnte auch Besseren als mir passiren.
    Nun behüt Sie Gott, wie es auch ist und kommen mag, mein Herz haben Sie doch nicht gebrochen.«
     
    Rother gerieth in Verzweiflung. Jeder Vorwurf brannte in ihm nach. Allein, war er so schuldig? Was hatte er denn gethan? Im Grimm eines schändlich Verrathenen, hatte er sich hinreißen lassen, gefährlicher Drohung gegenüber, selbst eine nicht allzu reinliche Waffe zu brauchen. Was sollte er denn thun, diesem Gräuelwust von Gemeinheit gegenüber?
    Ihm fiel ein, daß es vielleicht angezeigt wäre, in das alte Unglückshaus in der Gerichtsstraße hinauszupilgern. Vielleicht hatte die alte Zeugin ihres seltsamen Verhältnisses, Frau Lämmers, etwas Besonderes erfahren. So fuhr er denn dort hinaus, so peinlich er diesen Weg bisher zu vermeiden wußte, der ihn wie ein Calvarien-Weg der Erinnerung mit Dornen stach. Ein glücklicher Zufall wollte, daß er die Frau zu Hause traf. Sie grüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln und lud ihn ein, in die alte »gute« Stube zu treten. Hier, wo einst –!
    Ihr kleines Töchterchen, den Finger im Mund, krabbelte am Rock der Mutter, während diese zu entschuldigen bat, daß sie an einem Mantel weiternähe. Nein, sie hatte von Kathi nichts gehört, nichts Näheres wenigstens. Diese sandte ihr gestern überraschenderweise das noch schuldige Geld für die Miethe. Vorher hatte sie ihr einmal eine große Photographie geschickt, im »Kostüm«, dabei jedoch einen Rembrandt-Hut auf dem Kopf.
    »Sehn Sie, da!«
    Rothers Herz stand ordentlich still, als er die geliebten Züge wieder so nahe vor sich sah. Er biß sich auf die Lippen, als er das Bild niederlegte, indem er unwillkürlich die Augen senkte. Ob er vor sich selber oder vor den Augen des Bildes (halb sinnlich-frivol halb vornehm-sentimental) sein Auge niederschlug, wußte er es selber?
    Die Frau benutzte die Gelegenheit, sich auszuklagen. Sie that es aber in einer anständigen und maßvollen Weise, die den Verdacht gänzlich ausschloß, als wolle sie etwa ein pekuniäres Mitleid ihres Besuchers in irgend welcher Weise erpressen.
    »Wissen Sie, Herr Rother,« gestand sie. »Ein so sonderbares Liebespaar, wie Sie und Kathi hab' ich noch nie gesehn. Nachher hat sie immer so furchtbar geweint, wenn Sie fort waren: immer rothe Augen und immer Zank.«
    »Hat sie denn dann auf mich geschimpft?« fragte er trocken.
    »Aber nein doch! Sie ließ nie 'was auf Sie kommen. Ach, sie ist ein gutes Mädchen. Und so fromm! – Freilich –« sie hielt inne, dann nach einigem Zögern erzählte sie die seltsame Geschichte mit dem Pfandschein beim Abschied. »Ach und ich selber hab' es so nöthig! Ganze Tage haben wir Beide so schlecht gelebt! Nun, jetzt hat sie ja aber doch die Miethe bezahlt!« Rother schwieg. Er dachte: warum! Nicht so ganz freiwillig. Jeder Mensch, und sei er noch so verschmitzt, verräth sich irgend einmal. »Offen gestanden, Herr Rother – aber nehmen Sie's nicht übel!«
    »Bitte, reden Sie nur!«
    »Das hab ich nie recht begriffen, das Sie Kathi nicht aus all dem Elend gleich herausrissen.«
    »Sie wollte ja nicht!« warf Rother verdrossen hin. »Ich hab's ihr oft genug angeboten.«
    »Ja, ja, das hat sie mir auch gesagt, und nur von Ihnen würde sie vielleicht 'was nehmen, aber lieber auch nicht, bis nicht Alles entschieden sei.« Um sich nicht zu binden! dachte Rother.
    Als ein echt frauenhafter Zug fiel es ihm auf, daß Frau Lämmers ihm behaglich erzählte, wie sie mit Kathi wegen Bandwurms beim Arzt gewesen sei und diese sich vorm Arzt und ihr haben ausziehen müssen. Da habe der Arzt auch bekannt: »So 'ne Riesennatur habe er noch nie bei einem Weib gesehn. Eine wahre Pracht!« Dabei blinzelte sie ihn verständnißinnig an.
    Trotzdem diese lüsterne Erwähnung ihm in die

Weitere Kostenlose Bücher