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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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mit Postwendung sofort mitzutheilen, warum Sie sich zu solchen scheußlichen Injurien vergessen konnten – welche Sie schwer vor Gericht büßen müssen.
    Ehe ich Sie an jene Beleidigungen erinnere, betone ich noch, daß Frl. K. vorläufig bei mir ein hochgeachtete und sehr gut behandelte Geschäftsstütze ist und also durch deren Hiersein Ihrerseits kein Grund zum Groll gegen mich vorhanden, da ja das Fräulein durch ihren Fleiß bei mir – einem ersten Geschäfte Hamburgs – ihr wohlverdientes Brot finden muß – da dieselbe doch nur auf diese äußerst ehrliche Weise ihr Brot verdienen kann. Der Kürze wegen bitte ich mir sofort darauf zu antworten, wieso ich solche gemeinen Insulten nur verdiente? Selbstredend war es Pflicht des Frl. K. als erste Person im Geschäft, mir vorstehende Injurien mitzutheilen, ohne dabei den übrigen Inhalt dieses Schmutzbriefes zu verrathen. Wie Sie sich zu dieser peinlichen Affaire stellen, theilen Sie mir sofort mit.
    Ergebenst
    Kohlrausch.
    P.S.
Von Pleite kann keine Rede sein, da ich wegen zu hoher Pacht das Geschäft aufgebe und 1. Januar nach Berlin übersiedele.«
     
    Außer sich vor Zorn, schleuderte der so schmählich Verrathene sofort einen Brandbrief nach dem theuren Hamburg an der Elbe, worin er mit ätzender Ironie die Sachlage beleuchtete und zugleich Herrn Kohlrausch ermahnte, als Nachfolger in Kathis zarter Freundschaft gütigst deren schuldige Miethe bei Frau Lämmers zu entrichten. Die Undankbarkeit der verehrten Dame überhebe ihn jeder Verpflichtung.
     
    Alles wird gelenkt von dem einen großen Gesetz der Lüge.
    Alle Gedanken, und hätten sie dein ganzes Ich durchwogt, stürzen endlich in Vergessenheit hinab. Nur der Tod, der Alles Lügen straft, ist kein Lügner. O ihr Todten, ihr schlaft so sanft, so selig, weil euch keine Lüge mehr trifft! Was ihr wißt, ihr und der Wurm, – das allein ist Wahrheit.
    Die Erde lächelte bräutlich am ersten Maientage. Da umarmte sie ein nachtentsprossener Teufel und sie gebar den Menschen. Nur einen Trost bietet ihm die Mutter Erde, wenn er verzweifelnd an ihren Busen sinkt: Ihr ewiger Blüthentod, ihres Sommers Sterbequal mahnt ihn, daß auch er ins Nichts verwehen wird, daß endlich sich zwischen ihn und seinen bösen Vater schieben wird – der Tod.
    Eduard erwachte aus unruhigem Schlaf mit einem seltsamen Gefühl unaussprechlichen Bangens. Seltsam, eine einsame Thräne brach ihm von der Wimper. Welches Leid hatte sie geboren, welch ein Glück war ihm genommen? Doch nicht jene Hoffnung, auf die er so ganz verzichtet? Und ihm ward plötzlich, als ob er längst gestorben sei. Diese Thräne weinte wohl seine Seele, die noch immer zögernd an ihrem eignen Grabe verweilt.
    Was wollte diese todte Seele noch hier auf Erden? Vergaß sie noch etwas zu sagen? Jenes dämonische thörichte süße Weib – hatten sie Beide nicht vergessen, eine letzte Frage zu tauschen, eine Frage, was Wahrheit und was Lüge gewesen an dieser schicksalsvollen Liebe?
    Da klingelte es draußen. Der Postbote brachte einen Brief. Ein Krampf schien Eduard zu durchzucken, als er die Handschrift sah. Von ihr? Und er las:
     
    »Jeder guten That einen Dank, meinen herzlichsten sage ich Ihnen. Sie haben ihn wohl verdient, doch ein guter Gott gebe, daß Ihnen dies Rosen bringt, wünschen thue ich es Ihnen allerdings nicht, aber bitte sagen Sie mir doch sind Sie jetzt ruhig und getröstet? nun ich wünsche es, aber Sie sind es doch nicht ich weiß es; wenn Sie aber glauben durch Ihre von edlem Gemüth zeugende Denun cirung mich ruinirt zu haben, dann täuschen Sie sich doch ein wenig. Die Welt ist noch so groß und vielleicht giebt es auch noch ein Plätzchen, wo mich Ihre – – nicht mehr findet; jedenfalls haben Sie hier meine Existenz vernichtet ; denn ich bin viel zu stolz an einem Orte zu bleiben, wo mein Stolz eine solche Niederlage erlitten; ich bitte sagen Sie nur doch, was Sie für einen Grund hatten mich so zu vernichten? habe ich Ihnen jemals geschworen? Sie haben mir so oft Ihre Hilfe angeboten; ich habe sie nur im äußersten Falle in Anspruch genommen, mir ist ganz andere Hilfe geboten worden; doch ich glaube der Erste beste Jude wäre nicht so verfahren; ich habe keine Seele auf der Welt welche mir hilft, sondern nur solche wo ich helfen kann, ich habe es auch gethan und mich leider nicht vorgesehen, daß ein Fall eintreten könnte, wo ich es selber nothwendig brauche; ich habe in letzter Zeit in Berlin in Verhältnissen gelebt, die ich

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