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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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aber sechs Suppenlöffel von
unterschiedlicher Größe und Form. Dahinter lagen einige Flaschenöffner und
weiteres Kochbesteck, dem Lisa keine weitere Beachtung schenkte. Leise schob
sie die Schublade wieder zu. Dass hinter all diesen Dingen ein Kampfmesser der
Marke Columbia River lag, war ihr dabei entgangen.
    Als Alexander Holtz seine Wohnung betrat, war von seinen beiden
Besuchern zunächst nichts zu hören oder zu sehen. Wie jedes Mal, wenn er nach
Hause kam, schloss er die Tür hinter sich sorgfältig ab. Nur einen Augenblick
später hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden. Mit ausgestreckten Händen,
um einem Missverständnis zuvorzukommen, trat Gromek in den Flur und ging
behutsam, Schritt für Schritt, auf seinen ehemaligen Arbeitskollegen zu: »Hallo
Alex«, begrüßte er ihn. »Du hast lange nichts von Dir hören lassen.«
    Holtz drehte sich sofort in Gromeks Richtung. Dabei war seine
Bewegung so heftig, dass die Sohlen seiner Schuhe auf dem Fußboden der Diele
quietschten. Innerhalb weniger Sekunden wandelte sich sein Gesichtsausdruck von
einem ersten Erschrecken über Verwunderung zu einer verhaltenen Freude, von der
Gromek nicht zu erkennen vermochte, ob sie echt war oder vorgetäuscht. Nur
langsam kam die Farbe wieder in Alexander Holtz' Gesicht zurück, welches bei
Gromeks Begrüßungsworten schlagartig bleich geworden war.
    »Gromek!? Du blöder Hund! Ich hätte mir fast die Hose nassgemacht
wegen Dir. Von Anklopfen hältst Du wohl gar nichts, wie?«
    Die Männer fielen sich in die Arme und klopften sich gegenseitig
auf die Schultern.
    »Seit exakt München '72, Du erinnerst dich, halte ich nichts mehr
davon, mich vor eine verschlossene Tür zu stellen und abzuwarten, was
passiert.«
    »Na klar erinnere ich mich. Wie kommst Du darauf, dass ich das
jemals vergessen könnte? Ich bin zwar älter als Du, aber immer noch fit. In
jeder Beziehung.«
    Spielerisch fing Holtz an, Gromek zu boxen. Dieser reagierte sofort.
Als jeder von ihnen einen imaginären Treffer gelandet hatte, hörten sie genauso
abrupt wieder auf, wie sie angefangen hatten. Lisa war inzwischen im Türrahmen
der Küche aufgetaucht. Stumm hatte sie den Männern zugehört, wie sie über ein
Ereignis sprachen, das sie selbst ohne jeden persönlichen Bezug unter
Zeitgeschichte eingeordnet hatte.
    »Darf ich Dir eine Kollegin vorstellen? Lisa-Marie Delius - Alexander
Holtz.«
    Schweigend reichten Lisa und Holtz einander die Hand. Dabei
blickten sie sich fest in die Augen. Beide stellten sich dieselbe Frage: Kann
ich meinem Gegenüber trauen oder tötet es mich bei der nächsten Gelegenheit?
    Eine Stunde später telefonierte Lisa vom Flur aus mit ihrer Tochter,
während Gromek und Holtz sich nebenan im Wohnzimmer bei einem Glas Burgunder
unterhielten. Sie sprachen mit gedämpften Stimmen, als müssten sie befürchten,
die Nachbarn ringsherum könnten sie noch durch die Wände hindurch belauschen.
    »Julia, mein Schatz, ich bin es - ... - Das hat er gesagt!? - ...
- Ich spreche nachher gleich mit ihm, mein Engel. Hör jetzt mal genau zu, was
ich Dir sage: Wir werden für ein paar Tage nicht zu Hause wohnen können - ... -
Nein, zu Vati fahren wir nicht. Pack deinen kleinen Koffer - ... - Ja, den
lilafarbenen ...«
    Im Wohnzimmer war nachdenkliche Stille eingetreten. Dann nahm
Gromek den Faden wieder auf: »Um nochmal auf die Angelegenheit zurückzukommen:
Was, meinst Du, ist der Grund dafür, dass Du auf meiner Liste stehst?«
    »Deine charmante Begleitung«, brummte Holtz nachdenklich, »der von
Dir in die Hölle geschickte Bubeck und ich gehören zur Abteilung. Sollte der
letzte auf deiner Liste, dieser Rugova, auch dazugehören - was sehr
wahrscheinlich ist - würde ich sagen, da treibt jemand ein falsches Spiel. Die
nächste Frage wäre: Wer hat das Wissen, den Einfluss und die Logistik dazu?
Ohne Hilfe von innen ließe sich eine solche Aktion kaum durchführen. Wenn man
außerdem - wie zum Beispiel ich - über die Information verfügt, dass dieser so
plötzlich in Brüssel verstorbene Referent von Innenminister Steinhammer - Stephan
Freiherr von Hohenfels-Selm - angeblich ein von Direktor von Eckersdorff
eingeschleuster Späher gewesen sein soll, tja, dann ...«
    Michael Gromek betrachtete gedankenverloren den Rest Wein, der
samt rot und still wie ein Edelstein in der Wölbung seines Glases ruhte. Er
rieb sich das Kinn, während er überlegte. Holtz' Information, dass der
ermordete Referent des Innenministers ein Sektion-4 -Agent

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