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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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davon.
    Eigentümer dieses Komplexes war seit wenigen Monaten ein Konsortium
weißrussischer Geschäftsleute mit Hauptsitz in Minsk, das vor einiger Zeit
damit begonnen hatte, seine Investitionen in Europa - und hier speziell in der
Bundesrepublik - massiv zu verstärken. Diese Gruppe überaus potenter,
gleichzeitig aber undurchsichtige Ziele verfolgender Geschäftsleute hatte einen
Mann namens Vadim Paskarow zu ihrem Präsidenten ernannt. Nach gesicherten
Informationen der Sektion-4 war Paskarow der ehemalige
Abteilungsleiter der Direktion-R, die für die Bereiche operative Planung
und Analyse verantwortlich gewesen war. Diese hatte der für das Ausland zuständigen
ersten Hauptverwaltung des 1992 aufgelösten russischen Geheimdienstes KGB
unterstanden ...
    Kaum war Holtz in seinem blauen Ford Escort verschwunden,
fuhr ein Lieferwagen mit getönten Scheiben vor und hielt dicht am Eingang des
Lagerhauses. Ein dunkel gekleideter Mann sprang aus dem Wagen. Er stieg über
mehrere umherliegende Rohre, umging den einen oder anderen Schutthaufen und
griff schließlich nach dem Aluminium-Koffer, während der komplette Fuhrpark der
nächstgelegenen Feuerwehrstation mit Martinshorn und Blaulicht vorbeieilte. Der
Auftrag war zur vollen Zufriedenheit erledigt worden.
     
    Gromek parkte seinen BMW auf einem der Parkplätze in der
Straße, in der sich Alexander Holtz' Wohnung befand. Ehe sie ausstiegen, drehte
er sich noch einmal zu Lisa: »Eines sollten Sie vielleicht noch wissen: Vor
zwei Tagen, nach der Beerdigung - dieser Russe - er geht auf mein Konto.«
    Lisa schaute ihn argwöhnisch an. Schon wieder eine Information,
die er gar nicht haben durfte. Es sei denn, er hätte gerade eben die Wahrheit
gesagt. Gromek hatte den Blick nicht von ihr abgewendet.
    »Öffnen Sie das Handschuhfach.«
    Lisa zögerte. Was wollte er jetzt schon wieder von ihr? Misstrauisch
beobachtete sie, wie seine Hand unter das Sakko fuhr und die Glock hervorzog. Trotz ihrer Kopfschmerzen hielt sie sich bereit, jederzeit
zuzuschlagen. Mit einem Handgriff hatte Gromek die Magazinhalterung entriegelt.
Eine weitere Bewegung, und die obligatorische Patrone in der Kammer sprang aus
dem Auswurfschacht. Kugel und Magazin ließ er in die Innentasche seines Sakkos
gleiten, die Pistole legte er auf die Ablagefläche zwischen Fahrer- und Beifahrersitz.
»Ich werde jetzt aussteigen und mir ein bisschen die Beine vertreten.«
    Bevor Lisa ein Wort erwidern konnte, war die Fahrertür ins Schloss
gefallen. Sie war perplex. Nach einem letzten flüchtigen Blick in ihre Richtung
hatte Gromek sie mit ihren verwirrten Gefühlen allein gelassen. Sie sah, wie er
seine Hände in den Hosentaschen versenkte, betont langsam vor die Kühlerhaube
des Wagens schlenderte und ihr dabei den Rücken zuwandte. Endlich kam sie
seiner Aufforderung nach und betätigte den Verschluss des Faches, dessen Deckel
ihr daraufhin entgegen klappte. Ganz vorn, zwischen mehreren Stadtplänen
deutscher und europäischer Metropolen, lag ihre SIG-Sauer . Lisa stockte
der Atem.
    Das war ihre Chance.
    Ein Blick, ein Griff zu den im Zündschloss steckenden Autoschlüsseln.
Vorsichtig drehte sie daran, bis die Anzeigeinstrumente des Armaturenbretts
aktiviert waren. Dann musterte sie die Umgebung. Eine Wohnsiedlung - gewiss
kein idealer Ort, um Gromek ein für allemal loszuwerden. An irgendeinem Fenster
saß ganz sicher eine alte Dame. Es würde also Zeugen geben. Trotzdem war das
Risiko nicht allzu groß. Sie musste nur den Fensterheber betätigen und einen
einzigen gezielten Schuss abgeben. Vielleicht noch zwei, drei Sicherheitsschüsse.
Dann könnte sie den Wagen starten und davonfahren. Wie lange würde das dauern?
Vier, fünf Sekunden vielleicht. Nach weiteren zehn Sekunden wäre sie hinter der
nächsten Ecke verschwunden. Also geradezu ein Kinderspiel, verglich sie
unwillkürlich mit Aufträgen, die sie längst vergessen geglaubt hatte.
    Doch jetzt galt es, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren.
Sollte sie ihren Auftrag zu Ende bringen? Was war die Alternative? Niemand fuhr
gern mit seinem eigenen Killer spazieren - eine Situation, der sie so schnell
wie möglich ein Ende bereiten sollte. Aber wäre es dann wirklich vorbei? Gromek
hatte einen Auftraggeber. Wenn er ihr die Wahrheit erzählte, war es der eigene
Geheimdienst. Würde Gromek das Rendezvous nicht wahrnehmen, täte es ein
anderer. Und diesen anderen kannte sie nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein
anderer sich weniger Gedanken machen würde

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