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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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»Das dachte ich mir bereits.«
    Als Nächstes tat Holmser etwas sehr Unvorhergesehenes – oder etwas sehr Naheliegendes, je nach Sichtweise. Er verkündete: »Es ist Mittagszeit. Ich fahre hinauf in die Gaststätte an der Nordhandelsstraße, um etwas zu schmausen. Danach nehmen wir die Untersuchungen wieder auf.«
    »Sicherlich«, sagte Krausefuß. »Dürfen wir Herrn Grünbein aufbahren? Er sitzt nun schon recht lange erschossen in diesem Stuhl, und das ist doch nicht angemessen für einen Mann wie ihn.«
    »Handelt, wie Euch beliebt, mein guter Krausefuß«, erwiderte Holmser. »Meinen Segen habt Ihr. Aber der Armbrustbolzen darf nicht entsorgt werden. Er ist ein wichtiges Beweisstück. Ach, wisst Ihr was? Ich nehme ihn gleich selbst an mich. Das hätte ich ohnehin längst tun sollen. Wasndas?« Mein Freund drehte sich zu mir um. »Sichert bitte das Geschoss für mich.«
    »Was ist mit Büttel Bunteblum?«, wagte ich einzuwenden.
    »Was soll mit ihm sein?«, entgegnete Holmser.
    »Er sagte, wir sollten den Tatort unverändert lassen.«
    Mein Freund schnaubte nur. »Macht Euch darüber keine Gedanken, Wasndas. Bevor der gute Knabe den Bolzen auch nur vermisst, haben wir den Fall bereits gelöst. Also wenn Ihr dann so freundlich wärt …«
    »Na schön, wie Ihr meint«, erwiderte ich, wenn auch alles andere als begeistert. Armbrustbolzen aus Toten zu ziehen gehört keineswegs zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, aber auch diesbezüglich hat der Goblinkrieg mich natürlich abgehärtet. Also ging ich, um Holmser seinen Bolzen zu beschaffen. Beim Herausziehen fiel mir auf, dass der Bolzen sehr leicht zu entfernen war. Tief war er nicht in den Körper eingedrungen. Entweder hatte Grünbeins Mörder eine sehr schwache Armbrust verwendet oder aus großer Reichweite geschossen, ein Umstand, auf den ich auch Holmser hinwies, als ich ihm das blutige Geschoss überbrachte, eingewickelt in ein Taschentuch, damit es seine Weste nicht besudelte.
    »Das ist mir ebenso bereits aufgefallen«, erklärte dieser, als wir das Anwesen hinter uns ließen. »Genau aus diesem Grund suchen wir die Gaststätte an der Nordhandelsstraße auf. Oder sagen wir: Auch aus diesem Grund. Selbstverständlich werde ich mich keiner Pastete verweigern, wenn sie auf meinem Teller landet.«
    »Dann wollen wir mal sehen, ob uns der Wirt diesbezüglich weiterhelfen kann«, gab ich schmunzelnd zurück.
    Die Gaststätte an der Nordhandelsstraße trug den klangvollen Namen Zur Elbenkrone . Der Legende nach trug sie ihn deshalb, weil an ebendieser Stelle vor Urzeiten, also lange vor dem Dorf und der Gaststätte selbst, ein König der Elben von seinem hohen Ross gestiegen war, um eine kleine Mahlzeit zu sich zu nehmen. Die Schenke war für zwei Dinge berühmt und berüchtigt: zum einen für den Goblineintopf, der mitnichten Goblin enthielt, sondern seinen Namen vielmehr patriotischen Siegesgefühlen verdankte, und zum anderen für die Tatsache, dass sich so gut wie ständig durchreisende Auswärtige im Schankraum aufhielten, die dem Ort einen Hauch von Abenteuer verliehen.
    Einigen von ihnen gefiel es hier so gut, dass sie einfach blieben. Dazu zählte beispielsweise ein silberhaariger Elb namens Findolfir, der Abend für Abend in einer Ecke der Gaststätte saß und an seiner Lyra zupfte, wofür er vom Wirt, der über einen echten Elben in der Elbenkrone geradezu begeistert war, freie Kost und Logis empfing. Was genau Findolfir, der so gar nicht den Eindruck eines gestrandeten Barden erweckte, vor knapp zehn Jahren dazu bewogen hatte, sich hier niederzulassen, vermochte ich nicht zu sagen. Holmser und er kannten sich jedenfalls schon annähernd so lange, wie Findolfir in der Elbenkrone weilte, und ich argwöhnte, dass mein Freund auch in einige der Geheimnisse eingeweiht war, die den Elben umgaben. Mir gegenüber hat er jedoch niemals ein Wort darüber verlauten lassen, und da ich nicht der Mann bin, der andere dazu drängt, Dinge zu offenbaren, die vielleicht nicht für jedermanns Ohren gedacht sind, habe ich es stets dabei belassen, Findolfir als Mysterium anzusehen. Wenigstens war sein Lyraspiel leidlich unterhaltsam, obschon ein wenig zu empfindsam für meinen Geschmack.
    Heute, so zeigte sich, suchte Holmser Findolfir wegen eines der anderen Talente auf, die den Elben zu eigen sind: dem des Umgangs mit dem Bogen. Während wir noch ein vorzügliches Mahl verspeisten, bat mein Freund den Silberhaarigen an unseren Tisch, gab ihm einen Becher Wein aus und

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