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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)
Autoren: Bernd Frenz
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sagte er. »In dem Fall lasst Herrn Krausefuß das Personal zusammenrufen. Wir wollen den Schuldigen hier und jetzt überführen.«
    Diese Wendung der Ereignisse traf mich gänzlich unvorbereitet. Andererseits gehörte genau dies zu Holmsers Gaben, die ihm seinen Ruf als überragenden Ermittler eingebracht hatten: In einer scheinbar festgefahrenen Lage, in der sich alle Spuren im Grase verliefen, eine winzige Kleinigkeit zu entdecken, die ihm einen völlig neuen Ansatz für seine Nachforschungen bot und ihm letzten Endes erlaubte, falschen Schein von Wahrheit zu trennen.
    Wie gewünscht, fanden sich kurz darauf Herr Krausefuß, der Ponybursche Buko, der Koch Pimbin, die Reinemachfrau und alle anderen, die auf dem Anwesen lebten und in den Diensten Fondo Grünbeins gestanden hatten, im großen Speisezimmer ein. Auch Euphelia Säckler-Grünbein, ihr Gatte und ihr Enkel, die in den vergangenen Stunden bereits damit begonnen hatten, den Hausrat zu schätzen, um ihn nach der Testamentseröffnung schleunigst veräußern zu können, waren zugegen. »Und?«, begrüßte Euphelia meinen Freund giftig. »Habt Ihr den Täter ausfindig gemacht.«
    »Das habe ich wahrhaftig«, bestätigte Holmser zufrieden. »Er befindet sich in diesem Raum.«
    Seine Worte sorgten für einige Unruhe unter den Anwesenden. Es wurde gemurmelt, unbehagliche Blicke wurden gewechselt, und mancher Fuß scharrte besorgt auf den dunklen Holzbohlen.
    »Das kann ich kaum glauben«, sagte Herr Krausefuß laut. »Herr Grünbein behandelte sein Personal stets mit ausgesuchtem Zuvorkommen. Wir alle haben ihn gemocht.« Er warf einen misstrauischen Blick in Richtung der Säckler-Grünbeins.
    »Mein Bruder und ich haben uns vielleicht nicht so geliebt, wie es bei manchen Geschwistern der Fall ist«, fühlte sich Euphelia daraufhin bemüßigt klarzustellen. »Aber Familie bleibt Familie, und niemand aus meinem Hause wäre auch nur auf den Gedanken gekommen, Fondo zu ermorden. Das ist lächerlich.«
    »Genau genommen handelte es sich auch gar nicht um einen Mord«, erklärte Holmser. »Es war ein Unfall, eine Leichtfertigkeit mit Todesfolge, die anschließend als Mord getarnt wurde, um von dem unglücklichen Schuldigen abzulenken. Nicht wahr, mein guter Pimbin?« Er wandte sich dem Koch zu, einem jungen, rundlichen Burschen mit rosigem Gesicht.
    »Ich … Ich habe keine Ahnung, wovon Ihr sprecht, Herr Holmser«, quetschte dieser hervor, wobei die Art, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat, im Grunde Beweis genug für sein schlechtes Gewissen war.
    »Dann möchte ich es dir und allen anderen erklären«, sagte Holmser liebenswürdig. »Genau wie Buko bist du neu in den Diensten Herrn Grünbeins gewesen. Herr Krausefuß sagte mir, du musstest in kürzester Zeit eine ganze Menge neuer Leibspeisen erlernen. Ein Blick in die Küche beweist dabei, dass Pilzgerichte nicht deine Stärke sind, denn wofür sonst hättest du Naseprims Pilzfibel im Regal stehen, ein Buch, das nicht aus den Beständen des alten Topplers stammt. Gestern nun wünschte sich der alte Grünbein Schopftintlinge in Rahmsoße mit Klößen. Du bist zum Markt geeilt, allerdings gab es keine. Jemand verriet dir hingegen eine gute Stelle im Wald, wo man Pilze finden könne, nicht wahr?«
    »Ich … ähm …«, stammelte Pimbin.
    Holmser fuhr fort: »Nun stellt sich mir die Frage: War es Nachlässigkeit, die dich deine Ausbeute nicht mit dem Eintrag über Schopftintlinge in Naseprims Pilzfibel vergleichen ließ, bevor du sie zubereitet hast? Oder hast du schlichtweg vergessen, dass dir gesagt wurde, du würdest dort Faltentintlinge statt Schopftintlinge finden, die zwar beinahe gleich aussehen und ebenso schmecken, allerdings bedauerlicherweise unter gewissen Umständen giftig sind?«
    »Einen Augenblick!«, unterbrach Krausefuß meinen Freund. »Ich habe ebenfalls von der Mahlzeit gegessen. Und ich stehe noch auf beiden Füßen.«
    Holmser warf ihm einen schnellen Blick zu. »Ein sehr guter Einwand, Herr Krausefuß. Allerdings lebt Ihr enthaltsam in der Hinsicht, dass Ihr keinen Alkohol trinkt. Und wie ich sagte: Faltentintlinge sind nur unter gewissen Umständen giftig, nämlich dann, wenn man nach dem Verzehr Hochprozentiges zu sich nimmt. Und wie wir alle wissen, liebte Fondo Grünbein seinen Auenthal-Brandy, ein durchaus herbes Schlückchen, das – in Verbindung mit den Pilzen – eine heftige Wirkung zeigen würde. Dazu kommt, dass Fondo kein junger Mann mehr war. Die Pilze und der Brandy griffen
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