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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)
Autoren: Bernd Frenz
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dem Stuhl. Oder ich muss meinen Standort verändern, wodurch jedoch der Bolzen mit hoher Wahrscheinlichkeit bei seinem Flug an den Rändern des Lochs hängen bleiben und abgelenkt wird. Dazu kommt, dass eine Armbrust eine denkbar ungeeignete Waffe für gezielte Fernschüsse ist. Ein Bogen mit einem schlanken Pfeil würde mir den Schuss vielleicht ermöglichen. Doch nicht dieses plumpe Kriegswerkzeug.«
    »Wäre ich also ein Meuchelmörder und würde mein Opfer in diesem Raum erschießen wollen, wäre es mir von außerhalb des Fensters nicht möglich gewesen«, stellte Holmser fest.
    Findolfir nickte. »Ohne magische Waffe, deren Bolzen sich selbst lenkt, ohne die Fähigkeit zu fliegen oder wie eine Spinne am Abhang zu kleben – ja.«
    »Höchst aufschlussreich. Vielen Dank.«
    Wir begaben uns auf den Rückweg zur Kutsche, und Holmser bot Findolfir an, ihn wieder zurückzufahren, aber der Elb lehnte dankend ab. »Die Sonne scheint, und ich habe ein paar Stunden Zeit. Ich werde zu Fuß gehen.«
    »Dann danke ich Euch für Eure Hilfe und wünsche einen schönen Tag«, verabschiedete sich Holmser von ihm. »Ach, übrigens: Büttel Bunteblum ist auf der Suche nach einem unsichtbaren Meuchelmörder. Er könnte dabei auf den wirren Verdacht kommen, ein im Schleichen und Schießen wohl bewanderter Elb möge diesem Täterprofil entsprechen. Seht Euch ein, zwei Tage vor. Länger sollte es nicht mehr dauern, diesen Fall zu lösen.«
    »Ich weiß diese Warnung zu schätzen«, antwortete Findolfir. »Auch wenn ich bezweifle, dass Euer Büttel imstande wäre, meiner habhaft zu werden, möchte ich unangenehme Begegnungen vermeiden. Ich lebe gerne hier und will meinen Ruf unter den Gästen der Elbenkrone nicht beschädigen. Womöglich werde ich einen längeren Waldlauf unternehmen, bis sich der Wind in den Gräsern wieder gelegt hat.«
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte ich meinen Freund, nachdem wir wieder alleine waren. »Wir haben noch immer einen Toten mit einem Armbrustbolzen in der Brust, hingegen – wie man es dreht und wendet – erkenne ich nicht, wie ihn der Täter abgeschossen haben will. Ohne die Hilfe von Magie, versteht sich.«
    »Und die haben wir bereits ausgeschlossen«, sagte Holmser. »Zumindest am Tatort selbst.«
    »Es sei denn, der Meuchelmörder vermochte seine Anwendung der Magie zu maskieren«, gab ich zu bedenken.
    Mein Freund schenkte mir einen zweifelnden Blick. »Wir sollten das Unwahrscheinliche nicht als Wahrheit betrachten, solange wir noch nicht alle anderen Möglichkeiten ausgeschlossen haben.« Er machte ein nachdenkliches Gesicht. »Irgendetwas habe ich übersehen …«
    Holmser gab sich einen Ruck. »Nun gut. Lasst uns das Feld der Möglichkeiten weiter einkreisen, Wasndas. Überprüft Ihr bitte die Umgebung hier und das Anwesen des alten Grünbein noch einmal nach Magiespuren. Nehmt hierzu meinen Magieaufspürer. Ich werde mir den Tatort und unseren Toten erneut anschauen. Wer eine heiße Spur entdeckt, meldet sich bei dem anderen.«
    »Einverstanden«, erwiderte ich. Meine Hoffnung, irgendetwas zu finden, war zwar gering, aber wie Findolfir bereits festgestellt hatte, schien die Sonne so schön vom blauen Himmel, dass mir ein wenig Ermittlungsarbeit an der frischen Luft keineswegs Unannehmlichkeiten bereitete.
    Holmser bestieg unsere Kutsche und fuhr den Hügel hinunter. Unten am Weg, der zur Gurgelbachbrücke und danach weiter zu Grünbeins Anwesen führte, sah ich ihn auf den greisen Samwain Bunteblum, den Vater des Büttels, treffen, der mit einem zugedeckten Korb unterm Arm die Straße entlangspazierte. Die beiden Männer unterhielten sich kurz, dann stieg Samwain zu Holmser auf die Kutsche, und sie fuhren von dannen.
    Unterdessen begann ich mit meiner Arbeit. Wie erwartet, gelang es mir in den nächsten Stunden nicht, auch nur einen Hauch von Magie um das Anwesen von Fondo Grünbein zu entdecken. Ich kletterte sogar bis hinunter in die Gurgelbachklamm – ein recht mühsames Unterfangen nebenbei bemerkt –, ohne fündig zu werden.
    Als ich am späten Nachmittag zum Anwesen zurückkehrte, fand ich Holmser in heller Aufregung vor. Er sah aus wie ein Mann, der erst wenige Augenblicke zuvor ein befreiendes »Heureka!« über die Lippen gebracht hatte. »Wasndas! Ihr kommt genau richtig. Ich glaube, des Rätsels Lösung gefunden zu haben. Sagt mir nur, dass Ihr nirgendwo Magie gefunden habt, die meine Theorie stören könnte.«
    Diese Freude vermochte ich ihm zu bereiten.
    »Sehr gut«,
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