Große Liebe Desiree
feuerrot. »Dankeschön, Madam, vielen Dank.« Er zögerte und schluckte, offensichtlich rang er mit sich selbst, dann sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus. »Es tut mir leid wegen all dem Ärger, den Sie auf der Fahrt hatten, es tut mir wirklich sehr leid.«
Sie überlegte, ob er wohl das ausgebrochene Faß meinte, und entschied sich dagegen. Ob es nur ein Unfall gewesen war oder nicht, was sollte ein Junge wie Will damit zu tun haben? »Das ist schon in Ordnung, Will. Ich weiß, es war nicht deine Schuld.«
»Es war meine Schuld, daß ich den Mund gehalten habe! Alle anderen haben Sachen über Sie erzählt, die einfach nicht stimmten. Ich wußte das, aber ich habe einfach nur dagesessen und sie reden lassen. Und das war falsch, falsch, falsch!«
Seine Qual war so echt, daß Désirée beinahe gelächelt hätte. » O Will, bitte, mach dir keine Vorwürfe. Ich verstehe, warum du deinen Kameraden nicht widersprochen hast. Ich werde die Katy bis Sonnenuntergang verlassen haben, aber du wirst an Bord bleiben, zumindest so lange, bis ihr wieder in Providence seid. Die Katy ist ein gutes Schiff, und Kapitän Fox scheint ein guter Mann zu sein. Ich kann nicht verlangen, daß du all das aufs Spiel setzt, nur um mich in ihrer Gegenwart zu verteidigen.«
»Sie sind sehr freundlich, Madam.« Will schüttelte betrübt den Kopf. »Aber eins kann ich Ihnen sagen, Madam. Das mit dem Faß war kein Unfall. Ich hab’s gehört, und ich weiß es auch. Sie haben mehr Schwierigkeiten, als Sie ahnen, und irgendwer da draußen will Ihnen das Leben schwermachen. Denken Sie an meine Worte, Madam, vor allem wenn Sie bei den Engländern sind. Passen Sie auf sich auf, passen Sie gut auf sich auf!«
8. KAPITEL
Colin Macaffery stand im Schatten des Großsegels und beobachtete Désirée, die auf ihrem Koffer saß und auf Herendons Boot wartete. Die Kleine wußte, wie man sich ausstaffierte, sogar hier an diesem kalten, gottverlassenen Ort - ein Chapeau Bonnet aus kirschfarbener Seide mit hochgeschlagener Krempe, eine Flut von Rüschen an den Handgelenken und gelbe Schuhe an den Füßen. Selbst dieser zweckmäßige schwarze Umhang betonte noch ihre Schönheit. O ja, sie war eine Sparhawk mit all dem Charme und dem guten Aussehen, das ihr Schöpfer ihnen hatte zuteil werden lassen, um ihnen den Lebensweg zu erleichtern.
Genau wie ihr Vater Jon, dachte Macaffery verdrießlich. Als der Mann geboren wurde, wartete das Glück schon darauf, ihm in den Schoß zu fallen. Geld, Macht und ein Name, vor dem andere sich verbeugten und katzbuckelten, und die
Frauen - schon als er noch ein Junge in Newport war, hatten hübsche Frauen Jon umschwärmt wie Motten das Licht. Es war der ruhige, verantwortungsbewußte Colin, der hart arbeiten mußte, während Jon sich in den Bordellen Jamaikas vergnügte. Colin fand ein Schlupfloch im Gesetz, um den geschmuggelten Rum in Jons Fracht zu retten, Colin sorgte dafür, daß das Vermögen der Sparhawks unbeschadet die Revolution überstand, während Jon das hübscheste Mädchen in der ganzen Kolonie heiratete und dann auf Kaperfahrten ging.
Nicht, daß das alles jetzt noch eine Rolle spielte. Nein. Nicht einmal der Name Sparhawk hatte Jon vor einer britischen Kanonenkugel schützen können. Er, Colin Andrew Macaffery, dagegen lebte weiter und brachte es zu Wohlstand mit mehr Macht und mehr Einfluß, als irgendein närrischer, seefahrender Sparhawk es sich je hatte träumen lassen.
Aber Désirée war nicht nur schön. Sie war auch klug, ganz gewiß klüger als dieser dumme Kerl, ihr jüngerer Bruder. Macaffery ging davon aus, daß Obadiah schon tot war. Er hatte bei einem Unternehmen versagt, das jeder Dummkopf hätte ausführen können. Aber seine Schwester würde es klüger anfangen. Sie hatte es schon getan.
Macaffery lächelte, als Herendon sich vorbeugte und mit ihr sprach. Die Sonne ließ den reichen Goldschmuck auf dem Kragen glänzen, der aus seinem Mantel hervorschaute. In diesen britischen Gewässern war der Mann wieder mutig genug, sich als der hochdekorierte Geck zu zeigen, der er war. Je höher der Rang, desto tiefer der Fall. Der ergebene Blick, mit dem er Miss Désirée Sparhawk ansah, würde sein Schicksal besiegeln.
Zufrieden dachte Macaffery an die Guinea, die er in die Sache mit dem Faß investiert hatte. Nie war Geld besser angelegt worden, obwohl der Mann, den er bezahlt hatte, etwas übereifrig gewesen war. Er hatte nicht ihren Tod gewollt, sie sollte nur erschreckt werden. Und es
Weitere Kostenlose Bücher