Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Titel: Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
langsam heranziehen würde. Schon seit Tagesanbruch konnten beide Flotten einander auf der Höhe von rund zwölf Seemeilen westlich vor dem Kap Trafalgar deutlich ausmachen, und die englischen Schiffe begannen sich in die beiden geplanten Angriffskeile zu teilen. Um Cadiz auf Lee und damit eine Fluchtmöglichkeit zu behalten, gab der französische Admiral gegen 8 Uhr der alliierten Flotte den Befehl zur gleichzeitigen Halse, also zum Drehen des Hecks, nicht des Bugs durch den Wind. Diese Art der Kursänderung ist gerade bei schwachem Wind einfacher zu fahren als eine Wende, dauert jedoch wegen der weiter zu fahrenden Strecke viel länger, bis der neue Kurs anliegt.
    Der Befehl war eine weitere Fehlentscheidung in der Reihe der vielen Fehler, die der französische Admiral machte. Denn Villeneuves Anordnung führte nur zu neuem Chaos in der zuvor gerade ausgerichteten Schlachtlinie. Einige der Schiffe hatten die Halse schneller beendet als andere. Um auf die langsameren warten zu können, mussten die Mannschaften der schnelleren Einheiten Fahrt aus den Schiffen nehmen und dafür die Segel aufgeien oder backbrassen. Fast bewegungslos dümpelten sie nun auf der Stelle. Die ehemalige Nachhut, jetzt neue Vorhut, bekam einen gewissen Vorsprung vor dem Zentrum. Die jetzige Nachhut andererseits überholte Teile von Gravinas Geschwader. Es entstand eine zwei bis drei Schiffe tiefe, ungefähr vier Meilen lange und zudem löchrige Kurvenlinie. Damit würde das Feuer der Breitseiten, die auf die Angreifer schießen konnten, um mehrere Schiffe reduziert werden. Um das Ganze noch zu verschlimmern, wurde nun der ohnehin schwache Wind launisch und erschwerte weitere Manöver. Wäre Villeneuve weiter nach Süden gefahren, dann hätte Nelson vielleicht wegen des schwächelnden Windes nicht an ihn herankommen können. Doch Villeneuve hatte die Chance vertan, noch einmal davonzukommen, und wie auf einem Silbertablett bot er Nelson den Sieg an.
    Doch auch die Briten fuhren nur mit Wind und hatten ebenfalls einige Schwierigkeiten, die Schlachtformation einzunehmen. Dennoch war es ihnen gelungen, die beiden Stoßkeile zu bilden. Collingwood führte vierzehn Linienschiffe, Nelson nur zwölf, da ein Schiff während der Nacht zu weit abgekommen war. Der schwache Wind verhinderte das schnelle Hineinstoßen in den Gegner und ließ nur ein «Hineinschlendern» zu; eine weitere Gefahr für die Angreifer. Auch die etwas konkave Form der gegnerischen Linie erwies sich als Problem, denn Nelson musste mit seiner Luv-Kolonne eine etwas weitere Distanz zurücklegen als Collingwood. Der Angriff konnte daher zeitlich nicht exakt koordiniert werden. Die lange Zeit bis zum Aufeinandertreffen nutzten die Offiziere, um Briefe zu schreiben oder frische Wäsche anzulegen. Letzteres hatte einen triftigen Grund: Bei Verletzungen war die Entzündungsgefahr der Wunden bei schon länger getragener Wäsche bedeutend höher als bei frisch gewaschener. Die Matrosen vermachten sich gegenseitig ihre Habe, tranken einen, wenn es das Schicksal wollte, letzten Grog, sangen
Britons, strike home
oder
Rule Britannia
, einige tanzten sogar einen Hornpipe. Nelsonnotierte seine letzten Gedanken, die Emma galten. Dann schrieb er ein Gebet nieder, in dem er den Weltschöpfer um den Sieg bat und sich selbst seiner Gewalt überantwortete. Es schloss mit «Amen – Amen – Amen». Es sollte sein letztes Dokument werden.[ 12 ]
    Gegen 11 Uhr lagen nur noch zwei bis drei Meilen zwischen den feindlichen Flotten. Doch es dauerte noch fast eine Stunde, bis sie eine effektive Feuerreichweite erlangten. Nelson ließ nun das berühmt gewordene
England-expects-Signal
an alle Schiffe hissen. Kurz nach 12 Uhr folgte noch das Signal:
Engage the enemy more closely – Ran an den Feind!
Es war Nelsons letztes Signal an die Flotte und blieb stehen, bis es im Verlauf der Schlacht abgeschossen wurde. Da Villeneuve das Feuer schon seit 11:30 Uhr freigegeben hatte, versuchte das französische Schiff
Fougueux
, die «Feurige», ihrem Namen Ehre zu machen, und richtete die ersten Fernschüsse auf die sich annähernden Briten. Andere Schiffe der Verbündeten fielen ein. Dies war der eigentliche Beginn der Schlacht. Über eine halbe Stunde feuerten die Franzosen und Spanier auf die an der Spitze fahrenden Schiffe der Briten, die das Feuer außer mit einzelnen Jagdgeschützen am Bug nicht erwidern konnten. In diesen Minuten hätte eine schnell und präzise feuernde Artillerie der Alliierten den schönen

Weitere Kostenlose Bücher