Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte
überging Parker auch in der diplomatischen Führung und bot trotz der unentschiedenen Situation dem dänischen Kronprinzregenten Friedrich, der die Gesamtverteidigung leitete, großzügig die ehrenhafte Kapitulation an. Offenbar rechnete Nelson darauf, dass der keine Ahnung hatte, wie sehr Olfert Fischer, der dänische Flottenkommandant, den Briten eigentlich zugesetzt hatte. Die List ging auf, die Dänen akzeptierten und ergaben sich. Das wichtigste Glied des Neutralitätsbundes war ausgeschaltet. Schweden und Russland, nun isoliert, trafen Einzelabmachungen mit England, nachdem Nelson noch weiter in die Ostsee vorgestoßen war.
Doch die Kapitulation der Dänen 1801 ist noch nicht das Erstaunlichste. Noch verwunderlicher erscheint es, dass die Befehlsverweigerung Nelsons von der Admiralität wohlwollend akzeptiert, ja, die Zurückhaltung und Fehleinschätzung Parkers in der Schlacht durch die Ernennung Nelsons zum Oberbefehlshaber über die Flotte in der Ostsee geradezuabgestraft wurde. Zusätzlich erhob ihn der König am 22. Mai 1801 zum
Viscount Nelson, of the Nile and of Burnham Thorpe.
Nelsons Ruhm wuchs weiter. Einige Jahre später, 1807, sollte es eine zweite Schlacht bei Kopenhagen geben, nun ohne Nelson. Nach diesen beiden Angriffen ist der englische Begriff
to copenhagen
entstanden, der einen Präventivschlag gegen eine Flotte, mit der man eigentlich nicht im Krieg liegt, beschreibt.
Horatio Nelson war nach diesen Gefechten nicht mehr nur einer der vielen Admirale der Royal Navy, er war ein Held geworden, ein Star mit Allüren, dem die öffentliche Verehrung und die Sympathie der Seeleute genauso gehörten wie das Vertrauen der Kapitäne. Viele Seeleute wären Nelson bis ans Ende der Welt gefolgt und bewunderten den charismatischen Helden glühend. Viele wollten für ihren draufgängerischen Kommandeur sogar sterben oder mit ihm untergehen. Am liebsten wollten sie natürlich mit ihm siegen und am Leben bleiben oder, noch besser, Prisengelder einstreichen und Karriere machen. Denn um in der Royal Navy aufsteigen zu können, mussten sich junge Offiziere vor dem Feind auszeichnen. Aber auch die einfachen Seeleute, darunter nicht nur Engländer, sondern auch Ausländer aus Europa und der Neuen Welt, hofften auf zusätzliche Einkünfte. Sie waren zum großen Teil mit Gewalt von sogenannten
press gangs
in den Dienst gezwungen worden, wurden für Kleinigkeiten überaus hart bestraft und erhielten oft nur miserables Essen für die schwere Arbeit. Bei den Seegefechten dieser Zeit ging es nämlich auch um viel Geld. Allein der Rumpf der
HMS Victory
hatte, als er im Mai 1765 ins Wasser glitt, bis dahin 63.176 Pfund Sterling und 3 Schillinge gekostet. Ein normales, vollständig ausgerüstetes Linienschiff war also gut 70.000 Pfund wert. Gelang es, eines zu erobern und an die Navy zu verkaufen, wurde der Erlös als Prisengeld an die Besatzung verteilt; ein enormer materieller Anreiz also.
Napoleons und Nelsons waghalsige Pläne
Im Jahr 1804 wurde es für England bedrohlich, als Napoleon I. einen Plan für die Invasion der Insel entwickelte. Der Kaiser der Franzosen ließ an der Kanal- und Atlantikküste Tausende von kleinen Schiffen, Booten,Schaluppen sowie Prähmen mit flachem Boden als Truppen-, Pferde- und Kanonentransporter bauen. Zudem wurde am Kanal eine Armee in einer Stärke von 160.000 Mann, darunter 16.000 Kavalleristen, zusammengezogen. Diese
Armée des côtes de l’Océan
war der Ursprung der später so legendären
Grande Armée.
Es waren die besten Soldaten Frankreichs, und nie wieder sollte eine französische Armee so gut ausgerüstet werden. Zu den Soldaten kamen noch über 20.000 Seeleute hinzu. Das Zentrum dieser Invasionsvorbereitungen war Boulogne-sur-Mer, ein Ort, den die Römer einst
Portus Britannicus
genannt hatten und von dem aus schon Iulius Caesar erfolgreich nach England übergesetzt war. Hier baute man eigens ein großes Hafenbecken für die vielen Transportschiffe. Hier hielt der Kaiser Paraden ab und verteilte Orden. Und von hier aus sollte es losgehen.
Um aber auf die Insel übersetzen zu können, benötigte Napoleon die Deckung seiner Landungsschiffe durch die französische Kriegsflotte und zumindest für einige Tage die maritime Herrschaft über den Kanal. Wegen der britischen Seeblockade der französischen und, nach der spanischen Kriegserklärung an England, auch der spanischen Kriegshäfen war eine Kräftekonzentration der französischen Flotte jedoch unmöglich. Angesichts
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