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Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Titel: Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Angriffsplan Nelsons buchstäblich zerfetzen können. Doch die französisch-spanischen Breitseiten blieben relativ wirkungslos.
    Endlich, kurz nach Mittag, stieß Collingwoods Kolonne in die Linieder Franzosen und Spanier. Nelson rief Kapitän Hardy, dem Kommandanten der
Victory
, zu: «Seht nur, wie dieser prachtvolle Collingwood sein Schiff ins Gefecht führt!» Und der sagte ungefähr zur selben Zeit zu Rotheram, seinem Flaggkapitän: «Was würde wohl Nelson dafür geben, jetzt hier zu sein!» Aus überaus geringer Distanz feuerte nun Collingwoods
HMS Royal Sovereign
eine Breitseite der doppelt geladenen Kanonen in das Heck der spanische
Santa Ana
, die auf einen Schlag 400 Mann tötete oder schwer verwundete. Im Gefolge griffen immer mehr Schiffe seiner Kolonne in das Gefecht ein, darunter auch die
HMS Bellerophon
, deren Kapitän auf die gleiche Weise sterben sollte wie Nelson. Viele Jahre später sollte dieses 74 Kanonen tragende
ship-of-the-line
dritter Klasse den gestürzten Kaiser der Franzosen in die Verbannung transportieren.[ 13 ]

    Ungefähr zwanzig Minuten nachdem Collingwood mit seiner Lee-Kolonne und die alliierte Flotte die ersten Breitseiten ausgetauscht hatten, erreichte die
HMS Victory
, dicht gefolgt von der
HMS Temeraire
und der
HMS Neptune
, die feindliche Linie im Zentrum. Nelson versuchte, sich in eine Lücke zwischen der spanischen
Santissima Trinidad
und der französischen
Bucentaure
zu schieben. Die
Santissima
, das damals größte Kriegsschiff der Welt, führte auf vier Decks 130 Kanonen von gewaltiger Feuerkraft. Ihr Kommandant, Admiral Don Baltazar Cisneros, konnte zwar den Abstand zu der vor ihr laufenden
Bucentaure
verringern, aber nichtverhindern, dass die
Victory
hinter dem Heck des französischen Flaggschiffes vorbeiging. Die erste gewaltige Breitseite von Nelsons Flaggschiff fegte durch die Decks und hielt blutige Ernte. Insbesondere eine der mächtigen 68-pfündigen Karronaden verursachte viele französische Opfer. Immer mehr Schiffe griffen in den Kampf ein, der sich schnell zu einem allgemeinen «Getümmel» – einem Mêlée – entfaltete.
    Erst jetzt, unter schwerem Beschuss, signalisierte Admiral Villeneuve dem Befehlshaber der Vorhut, Dumanoir, zu wenden, um auch in die Schlacht einzugreifen. Doch der reagierte auf das Signal zunächst nicht, steuerte unbeirrt Nordkurs und entfernte sich damit von der eigentlichen Schlacht. Wer weiß, wie die Schlacht bei einem baldigen Eingreifen der Vorhut ausgegangen wäre. Nelsons
Victory
wurde nun ihrerseits schwer durch den Beschuss der französischen
Neptune
getroffen und zudem von der anlaufenden
Redoutable
angegriffen, deren Kapitän Lucas der große Held auf französischer Seite werden sollte. Er gab erst auf, als sein Schiff, die «Furchterregende», völlig seiner Masten beraubt worden war. Während das englische Admiralsschiff vergeblich versuchte, sich an die Seite der
Bucentaure
zu legen, wurde es von der
Redoutable
gerammt, die sich nun an ihrer hinteren Seite festsetzte. Enterversuche konnten von der
Victory
zunächst abgeschlagen werden, wohl auch, weil ihr Deck viel höher ist. Intensives Musketenfeuer von der
Redoutable
führte allerdings zu schweren Verlusten auf der
Victory.
Die berüchtigten französischen Scharfschützen, die auf den Masten saßen, nahmen lohnende Ziele auf dem Oberdeck der
Victory
ins Visier.
    Bereits eine halbe Stunde nachdem die
Victory
ins Gefecht gekommen war, um 13:15 Uhr, erkannte ein Scharfschütze aus den Marsen der
Redoutable
Nelsons Rangabzeichen und feuerte seine Muskete auf ihn ab. Die Kugel traf seine linke Schulter, riss Teile der Epaulette und des Uniformrocks mit sich, durchschlug das Schulterblatt, die Lunge und das Rückgrat und blieb erst in der Rückenmuskulatur stecken. Der tödlich verwundete Admiral wurde unter Deck gebracht, während Kapitän Thomas Hardy den Kampf auf der
Victory
weiterführte. Im Orlopdeck, dem sichersten Platz auf einem Linienschiff im Gefecht, wurde Nelson vom Schiffsarzt untersucht. Man versuchte, aufmunternd und hoffnungsvoll auf ihn einzureden, aber der Lord wusste schon mit Bestimmtheit, was nun der Arzt bestätigte. Es gab keine Überlebenschance mehr. Zum Glück für die
Victory
kam ihr die
Temeraire
zu Hilfe und attackierte die
Redoutable
sehr wirkungsvoll an der anderen Seite. Doch für Lord Nelson kam die Hilfe zu spät.

    Die Szenerie war ohnehin gespenstisch. Wie in dichtem Nebel blitzte und krachte es an allen Enden. Die Schiffe, viele von

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