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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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zurückverfrachtet. Ich bin in Ordnung.«
    Das würde Charles Chelsea auch nicht gefallen; diese Wühlmausgeschichte wäre unendlich viel dramatischer, wenn ein Angestellter des Parks bei seinem Rettungsversuch verletzt worden war.
    »Nicht einmal Kopfschmerzen?« beharrte Winder.
    »Ja, ich habe Kopfschmerzen«, sagte Carrie. »Ich habe immer Kopfschmerzen. Bei dem Gestank hier.« Sie stand auf und zerrte an dem flauschigen gestreiften Waschbärschwanz, der mit einem Klettband am Hinterteil des Kostüms befestigt war. Der Schwanz verursachte ein reißendes Geräusch, als Carrie ihn abnahm. Sie warf ihn in ihren Spind und sagte: »Warum stiehlt jemand Ratten?«
    »Wühlmäuse«, korrigierte Joe Winder.
    »Die Jungs, die das getan haben, wirklich, das hinterletzte Paar. Der reine Abschaum.«
    Und auch diesmal machte Winder sich gar nicht erst die Mühe, das aufzuschreiben.
    »Es ist verrückt«, sagte Carrie Lanier. Sie griff in ihre linke Achselhöhle und suchte dort, tief im Pelz verborgen, einen anderen Reißverschluß. Vorsichtig öffnete sie das Kostüm bis hinunter zu ihrem Fußknöchel. Das gleiche machte sie auch auf der anderen Seite. Während sie aus der Tierkluft stieg, sah Winder, daß sie ansonsten nur einen Büstenhalter und ein Höschen trug. Er gab sich alle Mühe, nicht hinzusehen.
    Carrie hängte das Kostüm an zwei Haken im Spind auf. Sie sagte: »Das verdammte Ding wiegt eine Tonne, ich wünschte, das würden Sie aufschreiben. Da drin herrschen an die fünfzig Grad. Die Gewerbeaufsicht hat veranlaßt, daß ein Belüftungssystem eingebaut wurde, aber das ist dauernd defekt.«
    Winder kam näher heran, um sich das Waschbärkostüm etwas näher anzusehen, nicht Carrie Lanier in ihrem Büstenhalter (der vorne aufgehakt wurde, rosafarben war und Spitzenkörbchen hatte). Winder hielt den Tieranzug hoch und fragte: »Wo ist die Stromversorgung?«
    »Hinten. Da, sehen Sie.« Carrie zeigte es ihm. »Die Batterien halten höchstens zwei Stunden, und dann ist Ende. Wir haben versucht, die Behörden darauf aufmerksam zu machen und uns zu beschweren – ein Witz. Die waren nicht mehr hier seit dem Tag, als Petey Possum starb.«
    »Könnte die Geschichte für mich interessant sein?«
    »Herzinfarkt«, fuhr Carrie Lanier fort. »Es war Sessums. Billy Sessums. Der allererste Petey Possum. Er war zwanzig Jahre in Disneyland – Goofy, Pluto, was Sie wollen. Billy war ein Profi. Er hat mir viel beigebracht.«
    »Und was ist passiert?«
    »Es war mal wieder einer dieser Tage. Dreiunddreißig Grad im Schatten, fünfundvierzig im Opossumkostüm. Die Batterien streikten, und Billy kurz darauf ebenfalls.« Carrie Lanier hielt inne und nickte versonnen. »Er war schon ziemlich alt, aber trotzdem...«
    »Das tut mir leid«, sagte Joe Winder. Er steckte das Notizbuch weg. Ihm wurde allmählich heiß und eng in dieser Umgebung.
    Carrie fragte: »Nennen Sie auch meinen Namen in der Pressemeldung?«
    »Ich fürchte nein. Es gehört zur Politik der Firma, nicht die Schauspieler zu erwähnen, die die Tierfiguren darstellen. Mr. Kingsbury meint, das würde den Kindern die Illusion nehmen.«
    Carrie lachte. »Tolle Illusion. Ich hab Kinder erlebt, die haben mir durch das Kostüm direkt an die Möpse gegriffen. Einmal war da sogar ein Freimaurer, der versuchte im Magischen Haus, mich flachzulegen.«
    Winder sagte: »Woher wissen sie denn, daß Sie eine Frau sind?«
    »Das ist ja gerade das Unheimliche.« Ihre Augen funkelten verschmitzt. »Was wäre denn, wenn sie nicht wüßten, daß ich eine Frau bin? Wenn sie nun annähmen, ich sei ein echter Waschbär? Was würde Mr. Francis X. Kingsbury denn dazu sagen?« Sie holte eine Bluejeans aus dem Spind und schlängelte sich hinein. »Wie dem auch sei, ich möchte meinen Namen nicht in dieser dämlichen Pressemeldung haben. Ich will nicht, daß meine Familie erfährt, was ich hier treibe.«
    »Sie machen sehr viele Kinder glücklich. Was ist daran nicht in Ordnung?«
    Sie sah ihn ernst an. »Sie sind noch ziemlich neu hier, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Joe Winder.
    »Mein Job ist schon mies, aber wissen Sie was? Ich glaube, Ihrer ist noch mieser.«
     
    Joe Winder schrieb die Pressemeldung in vierzig Minuten. »Diebstahl seltener Tiere erschüttert Wunderland der Abenteuer.« Zehn Absätze über das Verbrechen selbst mit einer Verbeugung vor dem heldenhaften Einsatz von Robbie Raccoon (»der um Haaresbreite einer schweren Verletzung entging«). Drei Absätze mit offiziellen Reaktionen

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