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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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(»eine traurige und entsetzliche Tat«) von Francis X. Kingsbury, Gründer und Direktor des Vergnügungsparks. Drei Absätze wissenschaftliche Informationen über die blauzüngige Mangowühlmaus mit einem entsprechenden Zitat von Dr. Will Koocher. Hundert Worte zur Belohnung von $ 10 000 und hundert weitere Worte über die verstärkten Sicherheitsmaßnahmen im Park.
    Winder legte die Pressemeldung auf Charles Chelseas Schreibtisch und ging nach Hause. Als er endlich Nina anrief, war es fast ein Uhr nachts. Er wählte die Nummer und hoffte, daß sie am anderen Ende den Hörer abnahm.
    »Hallo, Süßer«, sagte Nina.
    »Ich bin’s.«
    »Mein Gott, ich muß endlich mal wieder mit einem richtigen Mann reden«, sagte sie. »Ich hatte eine Phantasie, die mich richtig heiß machte. Wir lagen am Bug eines Segelbootes. Wir liebten uns in der Sonne. Ich war oben. Plötzlich kam ein furchtbarer Sturm auf-«
    »Nina, ich bin’s!«
    »- aber anstatt uns in der Kabine in Sicherheit zu bringen, banden wir uns an Deck fest und machten bei Blitz und Donner weiter. Nachher spülte der warme Regen das Salz und den Schweiß von unseren Körpern...«
    »Um Gottes willen.«
    »Joe?«
    »Ja, ich bin’s. Warum hörst du niemals zu?«
    »Weil sie mich nicht fürs Zuhören bezahlen«, sagte Nina. »Sie zahlen dafür, daß ich rede.«
    »Ich wünschte, du würdest dir einen normalen Job suchen.«
    »Joe, fang nicht schon wieder damit an.«
    Nina war eine Stimme bei einem dieser Telefonsexdienste. Sie arbeitete immer nachts, was ihre persönlichen Beziehungen ziemlich belastete. Außerdem kostete es Joe Winder immer vier Dollar, wenn er sie anrief. Wenigstens konnte man sich die Nummer leicht merken: 976-COME.
    Nina fragte: »Wie findest du diese Blitz-und-Donner-Nummer? Die habe ich mir selbst ausgedacht und ins Skript eingebaut.«
    »Was war es denn vorher – irgendwas mit Walen, nicht wahr?«
    »Tümmler, Joe. Eine Herde zutraulicher Tümmler hüpfte und planschte im Wasser herum, während wir uns liebten. Unsere animalischen Schreie schienen sie mehr und mehr zu erregen.«
    Nina hatte eine wunderbare Stimme, das mußte Winder zugeben. »Der neue Text gefällt mir besser«, gab er ihr recht. »Diese Idee mit dem Unwetter ist gut – hast du das selbst geschrieben?«
    »Nun tu nicht so überrascht.« Sie fragte ihn, wie sein Tag gewesen war, und er berichtete ihr von den gestohlenen Wühlmäusen.
    Nina sagte: »Siehst du? Und du dachtest, du würdest dich langweilen.«
    »Ich langweile mich auch. Die meiste Zeit.«
    »Joe, es wird niemals wieder so sein wie früher.«
    Er war nicht in der Stimmung, sich das anzuhören. Er sagte: »Wie läuft es denn bei dir?«
    »Ziemlich flau«, sagte sie. »Beverly ist heute früher nach Hause gegangen. Nur ich und Miriam sind da.«
    »Haben irgendwelche Perverse angerufen?« Natürlich hatten Perverse angerufen – wer sonst fand dabei sein Vergnügen?
    »Die üblichen Wichsakrobaten«, erzählte Nina. »Sie sind harmlos, Jöe, mach dir keine Sorgen. Ich lese einfach vor, ohne Stöhnen und Ächzen, und trotzdem sind sie schon nach dreißig Sekunden fertig. Einmal hatte ich sogar einen Typen dran, der anschließend eingeschlafen ist. Er schnarchte wie ein Baby.«
    Manchmal erzählte sie von ihrem Job, als wäre es eine Art Sozialdienst wie bei der UNICEF oder bei Menü auf Rädern.
    »Wann kommst du nach Hause?« fragte Winder.
    »Wie immer«, sagte Nina, was vier Uhr morgens bedeutete. »Soll ich dich wecken?«
    »Sicher.« Sie hatte eine Menge Energie, dieses Girl. Winder brauchte jemanden mit Energie, um ihm dabei zu helfen, seine eigene zu verbrauchen. Einer der Nachteile seines hochbezahlten PR-Jobs war der, daß er ihm absolut nichts abforderte, außer seinen Stolz.
    Eilig sagte Nina nun: »Joe, da wartet wieder ein Anrufer.«
    »Mach’s kurz und lieb.«
    »Mit dir beschäftige ich mich später, alter Junge.«
    Und dann legte sie auf.
     
    Winder konnte nicht schlafen, daher legte er ein Band mit Warren Zevon auf die Stereoanlage und machte sich ein Käseomelett, das ihm fast vom Teller lief. Er aß im Wohnzimmer in der Nähe der Lautsprecher und saß dabei auf einer Kiste, weil es in der Wohnung keine Sessel gab. Die Kiste war mit alten Zeitungsausschnitten gefüllt, seinen eigenen, und mit Medaillen und Urkunden verschiedener Journalismuspreise, die er im Laufe der Jahre bekommen hatte. Der einzige wichtige Preis, der nicht in der Kiste lag, war der, der jeden beeindruckte – der

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