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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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hatten – sein Tempo an der Tastatur, seine sichere Wortwahl, sein feines Gefühl für Tempo und Rhythmus... Trotzdem fehlte etwas, das er aus den alten Tagen kannte.
    Neugier. Dieser wichtigste und raubtierhafteste Instinkt des Reporters, dieser Drang, Dingen auf den Grund zu gehen. Er war tot. Oder er lag im Sterben.
    Zwei Fremde waren am hellichten Tag in einen Familienvergnügungspark eingedrungen und hatten zwei seltsame Nagetiere aus einer Tierschau entwendet. Winder hatte den Vorfall gründlich und kompetent beschrieben, doch er hatte keine Anstalten gemacht, die sich daraus ergebenden faszinierenden Erklärungsmöglichkeiten zu beleuchten. Indem er sich über das Was informiert und es geordnet und niedergelegt hatte, hatte er ganz einfach das Warum ignoriert.
    Selbst nach Süd-Florida-Maßstäben war dieses Verbrechen pervers, und der alte Joe Winder hätte sich wie ein Wilder auf die Aufklärung des Rätsels gestürzt. Der neue Joe Winder hatte lediglich seine tausend Worte getippt und war dann nach Hause gegangen.
    Genau so, wie man es von ihm erwartete.
    So ist es also, so fühlt es sich an. So ist es, wenn man ausgepumpt ist und sich verschleudert. Er schloß krampfhaft die Augen und dachte: Sag mir ja nicht, daß ich mich irgendwann an diesen gottverdammten Zombiejob gewöhne. Dann dachte er: Und erzähl mir nicht, daß ich von einem lausigen Bier schon voll bin.
    Er kroch über den Teppich zum Telefon und versuchte Nina beim Telefondienst anzurufen. Die Frau namens Miriam meldete sich und stürzte sich sofort in ein kompliziertes Szenario mit Trampolinen und silbernen Fußkettchen. Miriam gab sich solche Mühe, die sprachenunkundige Geliebte zu mimen (»Ooooh, Darlink, du machen, daß isch komm so viele Mal!«), daß Joe Winder es nicht übers Herz brachte, sie zu unterbrechen.
    Zum Teufel, was machte es schon aus, es waren doch nur vier Bucks. Die konnte er sich bestimmt noch leisten.

4
    Am Morgen des 17. Juli erwachte Danny Pogue in kalten Schweiß gebadet, der sein T-Shirt vom Hals bis zum Bauchnabel tränkte. Er trat die Laken vom Bett herunter und sah den Klumpen Mullbinden und Pflaster an seinem Fuß. Es war kein Traum gewesen. Er humpelte zum Fenster, und von dort konnte er alles sehen: den Swimmingpool mit den Olympiamaßen, den frisch gestrichenen Tennisplatz, die schattige Shuffleboardbahn. Überall, wohin er blickte, waren alte Leute mit schneeweißen Köpfen, blassen Beinen und bunten Bermudashorts. Alle Männer trugen Socken zu ihren Sandalen, und alle Frauen trugen Golfmützen und überdimensionale Sonnenbrillen.
    »Heilige Muttergottes«, sagte Danny Pogue. Er brüllte nach seinem Partner.
    Bud Schwartz kam hereingeschlendert und sah zufrieden und ausgeruht aus. Er löffelte gerade eine halbe Grapefruit aus, die er in einer Handfläche festhielt. »Hast du dich schon mal umgeschaut?« sagte er zu Danny Pogue. »Das absolut Abgefahrenste.«
    »Wir müssen raus hier.«
    »Warum das?«
    »Guck doch mal.« Danny Pogue zeigte aus dem Fenster.
    »Hast du Probleme mit deinen älteren Mitbürgern? Was denn – haben sie nicht das Recht auf ein bißchen Spaß? Außerdem gibt es auch ein paar junge Leute, die hier wohnen. Zwei ganz heiße Exemplare hab ich draußen am Swimmingpool gesehen. Supertitten.«
    »Ist mir egal«, murmelte Danny Pogue.
    »Hey«, sagte Bud Schwartz. »Sie hat dir in den Fuß geschossen, nicht in deinen kleinen Freund.«
    »Wo ist sie?«
    »Längst weg. Willst du was essen? Sie hat den Kühlschrank vollgepackt, das solltest du dir ansehen. Steaks, Schnitzel, Bier – das reicht für zwei Wochen, mindestens.«
    Danny Pogue hüpfte zum Bett zurück und schälte sich aus dem feuchten T-Shirt. Er entdeckte ein Paar nagelneuer Krücken in der Ecke. Er sagte: »Bud, ich mach die Fliege. Ehrlich, ich verschwinde.«
    »Ich kann dir zehntausend Gründe nennen, es nicht zu tun.«
    »Als da wären?«
    »Sie kommt mit einem Riesen für jeden von uns rüber, wie sie es versprochen hat«, sagte Bud Schwartz. »Treueprämie nennt sie es.«
    »Und ich nenne es unsichtbar.«
    »Hey, laß dich verdammt noch mal nicht so hängen. Sie ist eine alte Dame, Danny. Alte Damen lügen nie.« Bud Schwartz schleuderte die Grapefruitschale in eine Art Designerpapierkorb. »Was ist los mit dir, Mann? Das ist doch hier wie Urlaub, und alle Kosten werden übernommen. Sieh dir doch nur diese irre Bude an – zwei Schlafzimmer, zwei Bäder. Mikrowelle in der Küche. Cinemax vom Kabel. Sag, was du willst,

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