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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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weitergegeben wurde, eine Tradition, die nur durch Tod oder durch eine gerichtliche Anklage unterbrochen wurde. Der derzeitige Bürgermeister war ein stämmiger Bursche mit silbergrauem Haar, olivfarbener Haut und dem hageren, faltigen Gesicht eines Kettenrauchers.
    »Dies ist ein großer Tag für die Florida Keys«, sagte der Bürgermeister gerade. »In neun Monaten wird dies hier ein herrlicher Fairway sein.« Männlicher Applaus unterbrach ihn. »Der sechzehnte Fairway, wenn ich mich nicht irre. Ein vierhundertzwanzig Yard langes Par Vier in Richtung Meer. Ist das in etwa richtig, Jake?«
    Ein massiger Mann, der hinter dem Bürgermeister saß, grinste breit und bestätigend. Er hatte verkniffene Augen und ein Gesicht, so braun wie eine geröstete Walnuß. Er winkte dem Publikum zu; es war das herzliche und geübte Winken der Sportprominenz. Joe Winder erkannte in dem Mann mit den verkniffenen Augen Jake Harp, einen berühmten Golfprofi. Er sah unschlagbar lächerlich aus in einem hellgelben Blazer, brauner gürtelloser Hose, glänzenden weißen Sportschuhen und ohne Socken.
    Am Mikrophon erzählte der Bürgermeister von dem Meisterschaftsgolfkurs, den mit Flutlicht versehenen Tennisplätzen, den nach Geschlechtern getrennten Saunaanlagen, dem eleganten Clubhaus mit Blick aufs Meer und, natürlich, von den exklusiven Luxuswohnungen am Strand. Der Bürgermeister machte seine Ausführungen in einem überschwenglichen Ton, und das kleine Publikum schien seine Begeisterung zu teilen. Das neue Bauprojekt sollte den Namen Falcon Trace erhalten.
    »Und die erste Phase«, sagte der Bürgermeister, »ist bereits ausverkauft. Die Rede ist von zweihundertzwei Einheiten!«
    Joe Winder fand einen freien Stuhl und setzte sich. Er stellte die Fliegenrute in seinen Schoß, so daß sie zwischen seinen Beinen hochragte wie eine drei Meter hohe CB-Antenne. Er fragte sich, warum er noch nichts von diesem Projekt gehört hatte, wenn man bedachte, daß dieses Gelände an die südliche Grenze des Wunderlands der Abenteuer stieß. Er konnte sich nicht erinnern, in der Zeitung eine Notiz über einen neuen Country Club gelesen zu haben. Er spürte ein mörderisches Rumoren in seinem Bauch.
    Nicht schon wieder, dachte er. Nicht schon wieder.
    Der Bürgermeister stellte Jake Harp vor – »einer der größten mit Kreuzgriff puttenden Spieler aller Zeiten« -, und das Publikum stand tatsächlich auf und applaudierte.
    Jake Harp stand auf dem Podium und winkte überschwenglich. Winkte und winkte, als wäre er der verdammte Papst.
    »Willkommen in Falcon Trace«, begann er und las von einer Karteikarte ab. »Willkommen in meinem neuen Zuhause.«
    Mehr Applaus, als jeder sich wieder auf seinem Stuhl niederließ.
    »Sie wissen, ich habe die PGA dreimal gewonnen«, sagte Jake Harp, »und habe das Masters zweimal als Dritter beendet. Aber ich kann ehrlich sagen, daß ich mich niemals so geehrt gefühlt habe wie an dem Tag, als Sie alle mich zum Haus-Pro im wunderschönen Falcon Trace wählten.«
    Eine Stimme erklang in Bühnennähe: »Fahr zur Hölle!«
    Eine kräftige leidenschaftliche Stimme – eine Frau. Die Menge murmelte unbehaglich. Jake Harp räusperte sich nervös und erzeugte mit dem Mikrophon einen tuberkulösen Grunzlaut.
    Erneut erhob sich die Stimme der Frau: »Wir brauchen keinen neuen verdammten Golfplatz. Warum verschwinden Sie mit den anderen Gangstern nicht nach Palm Springs?«
    Jetzt stand sie. Joe Winder verrenkte sich den Hals, um eine bessere Sicht zu haben.
    Der berühmte Golfspieler versuchte, einen Scherz anzubringen. In mühsam lockerem Ton sagte er: »Ich schätze, wir haben hier eine Golfwitwe im Publikum.«
    »Nein«, rief die Frau zurück, »eine echte Witwe.«
    Auf der Bühne bückte Jake Harp sich und flüsterte mit dem Bürgermeister, der heftig an seiner Zigarette zog. Jemand gab dem Dirigenten der High-School-Band ein Zeichen, und er stimmte eine Tanznummer von Michael Jackson an. Unterdessen tauchten drei uniformierte Sheriff Deputies auf und bewegten sich auf die Protestlerin zu. Die Frau schüttelte eine Faust über der silbrigen Wolke, als die ihr Kopf erschien, und sagte etwas, das Joe Winder bis auf das Wort »Schwein« nicht verstehen konnte.
    Dann setzte sie einen weichen Sonnenhut auf und ließ zu, daß man sie verhaftete.
    Aber hallo, dachte Winder. Die Lady vom Wildlife Rescue Corps, die ihm die Botschaft im Wunderland zugesteckt hatte.
    Joe Winder beobachtete, wie die Deputies die alte Frau

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