Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
Vom Netzwerk:
Parkplatz und hörten sich das Programm einer Station für Countrymusik an. Bud Schwartz hatte bisher noch nie ein Automobil mit einer funktionierenden Uhr gefahren, daher war er verblüfft, als er auf das Armaturenbrett des Cutlass blickte und feststellte, daß es bereits halb eins war und die Sekunden weitertickten.
    »Fahr lieber los«, sagte Danny Pogue, »nur für alle Fälle!«
    »Ich habe eine bessere Idee – gib mir mal ’nen Vierteldollar.« Bud Schwartz stieg aus und ging zu einem Münzfernsprecher unter einer Straßenlaterne. Er wählte die Nummer von Molly McNamaras Wohnung und ließ es fünfmal klingeln. Er legte auf, warf erneut die Münze ein und wählte noch einmal. Diesmal ließ er es doppelt so lange läuten.
    Im Wagen, als sie die U. S. 1 hinunterjagten, sagte Danny Pogue: »Ich kann nicht glauben, daß sie es getan hat – vielleicht ist sie woanders hingegangen. Sicher hat sie uns eine Nachricht hinterlassen.«
    Bud Schwartz umklammerte das Lenkrad mit beiden Händen; die Schußwunde war taub, weil er sie völlig vergessen hatte. Er dachte nur noch an Flucht-wenn die alte Eule nun zu den Bundespolypen gerannt war? Schlimmer noch, wenn sie die Gotti-Akte gefunden hatte? Wenn sie im Schlafzimmer herumgeschnüffelt und sie versteckt zwischen Matratze und Bettkasten gefunden hatte, im Rückblick nicht gerade das idealste aller Verstecke.
    »Scheiße«, sagte er, indem er sich die düstersten Möglichkeiten ausmalte.
    »Jetzt mach dich mal nicht verrückt«, sagte Danny Pogue, wenigstens dieses eine Mal optimistisch.
    Sie schafften es in zweiundzwanzig Minuten bis zum Apartment, parkten den Mietwagen und gingen hinauf. Die Tür zu Mollys Wohnung war nicht abgeschlossen. Bud Schwartz klopfte trotzdem zweimal. »Wir sind’s nur«, rief er halblaut. »Butch und Sundance.«
    Als er hineinging, sah er, daß die Wohnung auseinandergenommen worden war. »O Jesus«, sagte er.
    Danny Pogue schob ihn mit der Krücke beiseite. »Das glaub ich nicht«, sagte er. »Jemand hat die Bude ausgeräumt!«
    »Nein«, sagte Bud Schwartz, »das war wohl etwas mehr.«
    Die Sofas waren aufgeschlitzt, Stühle zerbrochen, Spiegel zerschmettert. Eine Siamkatze aus Porzellan war mit dem Kopf zuerst in den großen Fernsehschirm gerammt worden. Während Danny Pogue durch die Trümmer humpelte, ging Bud Schwartz direkt ins Schlafzimmer, das ebenso durchsucht und verwüstet worden war. Er griff unter die Matratze und fand die Kingsbury-Akten genau an dem Platz, wo er sie deponiert hatte. Wer die Wohnung gefilzt hatte, war nicht allzu sorgfältig vorgegangen.
    Ein heiserer Ruf ertönte aus der Küche.
    Bud Schwartz fand Danny Pogue auf den Knien neben Molly McNamara. Sie lag auf dem Rücken, ein Bein verkrümmt unter das andere geklemmt. Ihr Hausmantel, zerrissen und mit etwas Dunklem befleckt, war bis zu ihren Hüften hochgerutscht. Ihr Gesicht war völlig zerschlagen; Blutstropfen glänzten wie winzige Holunderbeeren in ihrem schneeweißen Haar. Die Augen waren geschlossen, und ihre Lippen waren grau, aber sie atmete noch – rasselnd, unregelmäßig.
    Danny Pogue griff nach Mollys Handgelenk und fühlte ihren Puls. »Allmächtiger Gott«, sagte er mit zitternder Stimme. »Was – wen sollen wir jetzt holen?«
    »Niemand.« Bud Schwartz schüttelte traurig den Kopf. »Begreifst du denn nicht, wir können niemand holen.« Er bückte sich und legte seine verbundene Hand auf Mollys Stirn. »Wer zum Teufel vergreift sich so an einer alten Dame?«
    »Hoffentlich stirbt sie nicht.«
    »Das hoffe ich auch«, sagte Bud Schwartz. »Ehrlich und wahrhaftig, so etwas gehört sich nicht.«

17
    Joe Winders Hosenbeine waren von den Oberschenkeln abwärts pitschnaß. Nina betrachtete sie lange und sagte: »Du warst angeln.«
    »Ja.«
    »Mitten am Tag.«
    »Die Fische sind alle verschwunden«, sagte Winder trübsinnig. »Seit sie das ganze Gelände eingeebnet haben.«
    Nina saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Fußboden. Sie trug Bluejeans-Shorts und einen rosafarbenen Baumwollbüstenhalter; die gleiche Kluft, die sie an dem Tag getragen hatte, als er sie kennenlernte, während sie die Zahlen in einer Bingohalle in Seminole ausrief. Joe Winder war dorthin gefahren, um sich mit einem Indianer namens Sammy Deer zu treffen, der angeblich ein Propellerboot verkaufen wollte, doch Sammy Deer war für das Wochenende nach Freeport rübergerutscht und hatte Joe Winder mit dreihundert kettenrauchenden weißen Frauen in der Bingohalle

Weitere Kostenlose Bücher