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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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zurückgelassen. Auf dem Weg nach draußen schon halb durch die Tür, hatte er Ninas Stimme gehört (»Q 34; Q wie in >Quecksilber<, 34!«), war herumgefahren und zurückgegangen, um sich zu vergewissern, ob sie genauso reizend aussah wie sie klang, und das tat sie. Nina erklärte ihm, daß sie stundenweise als Bingo-Ausruferin arbeitete, bis ihr Job als Telefontante anfing, und er vertraute ihr an, daß er ein Propellerboot kaufen wollte, damit er jederzeit in die Everglades verschwinden könne, wenn ihm danach war. Nach ihrem ersten Rendezvous hatte er seine Pläne geändert.
    Nina sagte: »Du bist rausgeflogen, nicht wahr?«
    »Eine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen, und das nicht unbedingt in freundschaftlicher Stimmung.« Joe Winder ließ sich neben ihr nieder. Er ahnte, daß gleich eine Gardinenpredigt einsetzen würde.
    »Zieh dir eine anständige Hose an«, sagte sie.
    »Wozu?«
    Nina fragte, warum seine Zunge blau war, und er erzählte ihr die Geschichte von den falschen Mangowühlmäusen. Sie sagte, sie glaube ihm kein Wort.
    »Charlie hat praktisch alles zugegeben.«
    »Das ist mir eigentlich egal«, erwiderte Nina. Sie unterbrach den Trommelwirbel auf ihrer Kniescheibe und drehte sich weg.
    »Was ist los?«
    »Sieh mal, ich kann es mir nicht leisten, dich durchzufüttern.« Als sie ihm wieder ihr Gesicht zuwandte, waren ihre Augen feucht und funkelten zornig. »Dabei lief alles so gut«, sagte sie.
    Winder war wie vom Donner gerührt. Machte sie sich ernsthaft Sorgen um das Geld? »Nina, es hat einen Toten gegeben. Begreifst du denn nicht? Ich kann nicht für einen Mörder arbeiten.«
    »Sei still!« Sie wedelte mit dem Schreibblock vor seiner Nase herum. »Weißt du, woran ich gearbeitet habe? An neuem Material. Den anderen Mädels gefallen meine Texte so gut, daß sie sie kaufen wollen, zwei oder drei in der Woche. Bei fünfundzwanzig Dollar pro Stück kommt einiges zusammen.«
    »Das ist ja toll.« Das Verrückte war, daß er stolz war auf sie. Sie würde es niemals glauben, daß er auf sie stolz sein konnte.
    Den Stift zwischen die Lippen schiebend, erzählte Nina: »Ich habe von einem übersinnlichen Erlebnis geschrieben. So als würde man sterben und als könne man sich tatsächlich da liegen sehen – um in der allerletzten Minute doch noch gerettet zu werden. Nur ging es in meinem Text um Liebe, nämlich darum, wie man, kurz bevor man kommt, aus seinem eigenen Körper herausströmt. In der Luft schwebend, blickte ich hinunter auf das Bett und sah mich dort, wie ich mich wild aufbäumte, wie meine Fingernägel sich in deine breiten, sonnengebräunten Schultern gruben. Ich hab den Text der Neuen gegeben, Addie, und sie hat ihn am Freitag ausprobiert. Ein Typ hat elfmal angerufen, sagt sie.«
    »Ist das ein neuer Rekord?«
    »Zufälligerweise ja. Aber der Punkt ist der, daß sich mir da ganz große Chancen bieten. Wenn ich anfange, Manuskripte zu verkaufen, dann brauche ich vielleicht nicht mehr am Telefon zu sitzen. Dann könnte ich zu Hause bleiben und schreiben – wäre das nicht besser?«
    »Natürlich.« Winder legte einen Arm um sie. »Das kannst du auch jetzt noch tun, Liebling. Das wäre ganz riesig.«
    »Aber nicht, wenn du den ganzen Tag hier rumsitzt. Und dir ständig deinen dämlichen Warren Zevon anhörst.«
    »Ich suche mir einen anderen Job.«
    »Nein, Joe, es wäre wieder dieselbe alte Scheiße.« Sie löste sich von ihm und stand auf. »Ich kann nicht schreiben, wenn in meinem Leben ein Durcheinander herrscht. Ich brauche jemand, der Ruhe in mein Leben bringt. Frieden.«
    Winder fühlte sich verletzt. »Um Himmels willen, Nina, ich kenn mich ein bißchen mit Schreiben aus. Hier ist es wunderbar ruhig.«
    »Es gibt gewisse Spannungen«, sagte sie grimmig, »streite es ja nicht ab.«
    »Autoren brauchen häusliche Spannungen. Sieh dir nur Poe, Hemingway an – und Mailer zu Beginn seiner Karriere, da kannst du von Spannungen reden.« Er hoffte, daß Nina sich geschmeichelt fühlte, zu einem solchen Kreis von Prominenten gezählt zu werden, aber sie tat es nicht. Ungeduldig sagte er: »Außerdem ist es keine hohe Literatur. Es sind nur Telefonpornos.«
    Ihr Gesichtsausdruck verdüsterte sich. »Telefonpornos? Vielen Dank, Joe.«
    »Mein Gott, genau das ist es doch wirklich!«
    Kühl verschränkte sie die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen eine der hohen Lautsprecherboxen. »Es ist immer noch Schreiben, und Schreiben ist harte Arbeit. Wenn ich es damit ernsthaft versuchen

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