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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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soll, brauche ich Platz. Und etwas Sicherheit.«
    »Wenn du Lebensmittel meinst, dann mach dir keine Sorgen. Ich versorge mich schon selbst.«
    Nina hob verzweifelt die Hände. »Wo willst du denn einen Job finden, der genausogut bezahlt wird?«
    Joe Winder konnte einfach nicht glauben, was er da hörte. Warum diese plötzliche Angst? Dieses Verteilen von Schuldgefühlen? Wenn er gewußt hätte, daß eine derart heftige Diskussion auf ihn wartete, hätte er sich wirklich eine Hose angezogen.
    Nina sagte: »Es geht nicht nur um das Geld. Ich brauche jemanden, der zuverlässig ist, der für mich da ist.«
    »Habe ich dich jemals enttäuscht?«
    »Nein, aber das wirst du tun.«
    Winder sagte nichts, denn sie hatte vollkommen recht; nichts in seinen augenblicklichen Plänen würde ihr gefallen.
    »Ich kenne dich«, fügte Nina mit trauriger Stimme hinzu. »Du läßt von dieser Sache niemals ab.«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    »Dann glaube ich, daß wir uns in völlig entgegengesetzte Richtungen bewegen. Ich denke, daß du im Gefängnis enden wirst, vielleicht bist du auch eines Tages tot.«
    »Hab doch etwas Vertrauen zu mir«, sagte Joe Winder.
    »Das ist nicht so leicht.« Nina ging zum Wandschrank, riß die Tür auf und ließ den Blick über das Durcheinander gleiten. »Wo hast du meinen Koffer hingetan?«
    Mitte der siebziger Jahre wählte Florida einen streitbaren jungen Gouverneur namens Clinton Tyree ins Amt. Er war Ex-Footballstar und Vietnamveteran. Mit seinen eins fünfündneunzig war er der größte Gouverneur in der Geschichte des Staates. Aller Wahrscheinlichkeit nach war er auch der ehrlichste. Als eine unersättliche und politisch mit besten Beziehungen ausgestattete Bodenspekulationsfirma Clinton Tyree zu bestechen versuchte, nahm er ihre Angebote heimlich mit dem Tonband auf, übergab dieses Beweismittel dem FBI und erklärte sich bereit, bei der Verhandlung auszusagen. Indem er sich öffentlich gegen solche nahezu allmächtigen Kräfte stellte, wurde Clinton Tyree zu einer Art Volksheld im Sunshine State und über dessen Grenzen hinaus. Der schwache Geruch der Integrität lockte die nationalen Medien an, die schnellstens nach Florida eilten und den jungen Gouverneur zum Star einer neuen politischen Bewegung hochstilisierten.
    Unglücklicherweise bestand diese Bewegung nur aus einem einzigen Mann. Clinton Tyree redete mit einer schonungslosen Offenheit, die seine Politikerkollegen entsetzte. Während andere sich am Wirtschaftsaufschwung Floridas rücksichtslos bereicherten, warnte Clinton Tyree, daß der Staat sich am Rande einer gigantischen Umweltkatastrophe befände. Die Everglades trockneten aus, die Korallenriffe starben. Der Lake Okeechobee erstickte an von Menschenhand geschaffenen Giften, und die Blautölpel steckten voller Quecksilber. Während andere Amtsinhaber Florida als tropisches Traumland anpriesen, nannte der Gouverneur es eine Giftmüllhalde mit Palmen. Während eines populären Call-in im Radio bat er Besucher, doch wenigstens zwei Jahre lang wegzubleiben. Er redete nicht davon, das atemberaubende Wachstum des Staates zu steuern, sondern es völlig zu stoppen. Dies, so meinte er, sei die einzige vernünftige Methode, um das Land zu retten.
    An dem Tag, als Clinton Tyrees Bild auf dem Titelblatt eines bundesweit vertriebenen Nachrichtenmagazins erschien, versammelten sich einige der mächtigsten Wirtschaftsinteressenten Floridas – Bankiers, Bauunternehmer, Straßenbauer, Zuckerbarone, Manager von Phosphatabbaufirmen – zu einer informellen Verschwörung, um die Reformen des neuen Gouverneurs zu hintertreiben, indem sie ihn einfach übergingen, als wäre er ein kleiner Haufen Hundescheiße auf einem ansonsten edlen Teppich.
    Clinton Tyree zu übergehen war ziemlich einfach; dazu war nur Geld nötig. Innerhalb weniger Monate war jeder, bei dem es möglich war, kompromittiert, eingeschüchtert oder einfach gekauft. Der Gouverneur stand plötzlich völlig isoliert da, und das sogar innerhalb seiner eigenen politischen Partei, die wenig Interesse an seinen radikalen Vorstellungen hatte, da sie sämtliche wohlhabenden Förderer abschreckte, die sonst mit ihrem Geld die Wahlkämpfe unterstützt hatten. Florida retten? Warum? Und vor was? Die Unterstützung, die Clinton Tyree von seinen Wählern zuteil wurde, half ihm kein bißchen in den Hinterzimmern in Tallahassee; jeder Gesetzesvorschlag, den er befürwortete, wurde niedergeschlagen, verschwand in der Versenkung oder wurde bis zur

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