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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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empfahlen.
    Infolgedessen stand Charles Chelsea in gespenstischer Einsamkeit auf der Behelfsbühne, wo das fröhliche Spruchband über seinem Kopf flatterte, während er auf den Parkplatz starrte und sich fragte, wie zum Teufel er Francis X. Kingsbury die Neuigkeit mitteilen sollte. Heute gäbe es keine Feier, keine Parade, keinen fünfmillionsten Besucher. Heute kamen überhaupt keine Besucher.
    Joe Winder kam sich vor wie ein verdammter Law-and-Order-Freak – er war seit zehn oder zwölf Jahren nicht mehr auf einem Schießstand gewesen, und das nur deshalb, um mit dem Revolver seines Vaters, einem alten Smith, zu schießen. Die Pistole, die Skink ihm gegeben hatte, war ein schlankes, ausländisches, halbautomatisches Fabrikat. Sie war nicht besonders schwer, doch Skink versicherte, daß man mit ihr jeden Job erledigen könne, ganz gleich, wie der Job aussehe. Winder hatte beschlossen, ihn als Raumschmuck zu behalten. Er lag unter dem Vordersitz, während er auf der County Road 905 nach Süden fuhr.
    Er hielt an einem Münzfernsprecher an, wählte die Telefonsex-Nummer und ließ die Kosten auf seinen Hausanschluß übertragen. Miriam nahm ab und begann mit einem neuen Szenario, in dem sie nackt auf einem ungesattelten Pferd ritt. Als Joe Winder sie unterbrach und nach Nina fragte, sagte Miriam, sie sei nicht da..
    »Bestellen Sie ihr bitte, sie soll mich anrufen.«
    »Gerne, Joe.«
    »Wenn ich es mir recht überlege, vergessen Sie’s.«
    »Wie Sie meinen. Gefällt Ihnen diese Pferdegeschichte?«
    »Ja, Miriam, sie ist sehr schön.«
    »Nina hat sie geschrieben. Soll ich den Schluß bringen?«
    »Nein, danke.«
    »Es ist ganz heiß, Joe. Sie hat wirklich Phantasie.«
    »Ich weiß.«
    Joe Winder fuhr weiter, bis er zum Bauplatz von Falcon Trace kam. Er parkte am Straßenrand und beobachtete ein Paar senffarbener Planierraupen, die einen weiteren Teil des Waldes einebneten und dabei ein dichtes Gewirr entwurzelter Tamarinden und anderer Bäume und Sträucher hinterließen. Jeden Tag wurden ein paar weitere Morgen im Namen des Meisterschaftsgolfs vernichtet.
    Ein Team Landvermesser arbeitete am anderen Ende des Geländes, bei Winders Angelplatz. Er vermutete, daß sie die Grundstücke festlegten, wo die teuersten Häuser gebaut würden – je mehr Blick auf den Ozean, desto höher der Preis. So würde Francis X. Kingsbury sein Geld verdienen – der Golfplatz an sich war eigentlich gar nicht als Hauptverdienstmöglichkeit geplant; es war ein Grundstücksschwindel, schlicht und einfach. Die Verbindung zwischen den einzelnen Bahnen würde während der Bauarbeiten hergestellt und das auf den Grundstücksteilen, auf denen man nicht mit Blick auf den Ozean werben konnte. Schon bald, wußte Winder, würden sie mit Dynamit ankommen und Wasserhindernisse in den alten Felssockel sprengen.
    Er sah, daß beide Planierraupen angehalten hatten und daß die Fahrer aus den Führerhäusern herabgestiegen waren, um sich etwas zwischen den Bäumen anzusehen. Joe Winder schwang sich aus dem Wagen und rannte los. Er erinnerte sich daran, was Skink ihm von den Jungadlern erzählt hatte. Er rief den Männern etwas zu und sah, wie sie sich umwandten. Einer verschränkte die Arme und lehnte sich gegen seine Planierraupe.
    Winder legte die zweihundert Meter in Rekordzeit zurück. Als er die Männer erreichte, ging sein Atem so heftig, daß er Mühe hatte zu reden.
    Einer der Fahrer fragte: »Haben Sie ein Problem?«
    Winder zeigte seinen Wunderland-Ausweis, den er mit Absicht nach Beendigung seines Anstellungsverhältnisses nicht zurückgegeben hatte. Der Planierraupenfahrer, der an seiner Maschine lehnte, studierte das Abzeichen und brach in Gelächter aus. »Was zum Teufel ist das denn?«
    Als Joe Winder wieder zu Atem gekommen war, erwiderte er: »Ich arbeite für Mr. Kingsbury. Ihm gehört das Land.«
    »Das ist aber nicht der Name auf dem Schild. Dort steht Ramex Global.«
    Der andere Fahrer ergriff das Wort: »Außerdem, wer schert sich schon um ein paar beschissene Wölfe.«
    »Ja«, sagte der erste Fahrer. »Schütten wir sie zu.«
    »Nein«, sagte Joe Winder. Es waren keine Wölfe, sondern Graufüchse – insgesamt sechs, nicht größer als Katzenjunge. Die Planierraupen hatten den Baum mit ihrem Bau entwurzelt. Noch halbblind krochen und krabbelten die Jungen übereinander herum. Dabei quiekten und jaulten sie in zahnloser Panik.
    Winder sagte: »Wenn Sie sie völlig in Ruhe lassen, kommt die Mutter wahrscheinlich zurück.«
    »Was

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