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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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dort schlaff und keuchte, und sein Gesicht war rot angelaufen.
    Danny Pogues Zunge war staubtrocken, als der Fremde aus dem Schatten trat.
    »Ach, Sie sind es«, sagte Molly McNamara. »Seien Sie vorsichtig, tun Sie dem jungen Mann nicht weh.«
    Der Fremde ließ Bud Schwartz mit dem Hintern auf den Holzfußboden fallen und sagte: »Ich hab ihn dabei erwischt, wie er den Finger von irgend jemand in ein Marmeladenglas steckte.«
    »Ich hatte ihn darum gebeten«, sagte Molly. »Und nun, Gouverneur, setzen Sie sich doch.«
    »Was ist mit Ihnen passiert?« wollte der Fremde wissen. »Wer hat Ihnen das angetan, Miss McNamara?«
    Er bedachte Danny Pogue mit einem anklagenden Blick, doch Danny schüttelte den Kopf. Bud Schwartz, der sich wieder auf die Füße kämpfte, sagte: »Wir waren das nicht, sondern irgendein verdammter Kubaner.«
    »Nennen Sie mir einen Namen«, sagte der Fremde.
    »Ich weiß keinen«, sagte Molly McNamara, »aber ich habe ein anstäridiges Stück von ihm abgebissen.«
    »Der Finger«, erklärte Bud Schwartz, während er immer noch nach Luft rang.
    Der Fremde kniete neben dem Schaukelstuhl nieder und untersuchte behutsam die blutigen Schnitte und Prellungen in Mollys Gesicht. »Das ist... unverzeihlich.« Er flüsterte leise vor sich hin, als seien die Worte nur für ihn bestimmt. »Das ist nackte Barbarei.«
    Molly legte eine Hand auf den Arm des Besuchers. »Es wird schon wieder gut werden. Bestimmt.«
    Bud Schwartz und Danny Pogue hatten Männer wie diesen nur im Gefängnis gesehen, und dort auch nur selten. Sein Gesicht konnte man nicht anders als wild bezeichnen: wild, besessen und furchtlos, aber nicht unbedingt verrückt. Es wäre dumm, vielleicht sogar lebensgefährlich, anzunehmen, daß dieser Bursche nicht bei Verstand war.
    Er wandte sich an Bud Schwartz und sagte: »Wollen Sie mir nicht den Griffel dieses Kubaners überlassen?«
    »Ich hab ihn auf den Boden fallen lassen.« Bud Schwartz dachte: Mein Gott, er verlangt doch wohl nicht von mir, daß ich ihn aufhebe, oder?
    Danny Pogue schaltete sich ein. »Kein Problem, ich suche ihn.«
    »Nein«, sagte der Mann im Regenanzug. »Ich nehme ihn mit, wenn ich gehe.« Er drückte Mollys Hand und erhob sich. »Kommen Sie klar?«
    »Ja, sie sorgen gut für mich.«
    Der Fremde nickte Bud Schwartz zu, der nicht übersehen konnte, daß eines der Augen des Mannes aus seiner Höhle rutschte. Der Mann schob es wie selbstverständlich wieder zurück.
    »Ich wollte Ihnen nicht weh tun«, sagte er zu Bud Schwartz. »Na ja, eigentlich wollte ich Ihnen doch weh tun.«
    Molly erklärte: »Er wußte nicht, daß ihr meine Gäste seid, das ist alles.«
    »Ich melde mich wieder«, sagte der Fremde. Er gab Molly einen Kuß auf die Wange und versprach, in ein oder zwei Tagen wieder vorbeizuschauen. Dann war er weg.
    Bud Schwartz wartete, bis er die Tür zufallen hörte. Dann meinte er: »Was zum Teufel war das denn?«
    »Ein Freund«, entgegnete Molly. Sie kannten sich schon sehr lange. Sie hatte als freiwillige Helferin während seines Wahlkampfs für ihn gearbeitet und bei den alten Mitbürgern und den Umweltorganisationen Werbung für ihn gemacht. Später, als er sein Amt aufgab und verschwand, war Molly einer der wenigen Menschen, der wußte, was geschehen war, und einer der wenigen, die alles verstanden. Während all der Jahre war er auf seine eigene seltsame Art mit ihr in Verbindung geblieben – manchmal von ferne, manchmal in Form eines geradezu atemberaubenden Auftritts; er brachte manchmal Kabinettstückchen, die gleichermaßen beängstigend wie auch von beißendem Witz waren.
    »Der Bursche ist aber groß«, sagte Danny Pogue. »Himmel, er sieht aus, als ob – hat er mal gesessen? Was ist das für einer?«
    »Das wollen wir gar nicht wissen«, sagte Bud Schwartz. »Habe ich recht?«
    »Absolut«, sagte Molly McNamara.
    Kurz vor Mitternacht am 23. Juli erreichte Jim Tile ein Ruf per Sprechfunk, daß ein unbekanntes Individuum auf der Card Sound Road Automobile beschoß. Der Trooper meldete dem Mann in der Einsatzzentrale, daß er unterwegs sei und daß er das Sheriff’s Office in Monroe County alarmieren würde, falls er Hilfe brauchewas, wie er wußte, nicht nötig war.
    Die Wagen standen auf dem Bankett der Straße, etwa eine halbe Meile östlich der Brücke. Jim Tile betrachtete die Aufkleber auf den Stoßstangen und machte kurz Inventur: zwei Alamos, ein Hertz, ein National und ein Avis. Jedes der Fahrzeuge hatte ein einziges Einschußloch vom

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