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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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zurück.
    »Äther«, sagte er hustend, »es ist Äther. Mein Vater nimmt das, wenn er den Leuten die Bäuche aufschneidet.«
    »Tut er das öfters?«, erkundigte sich Großer-Tiger.
    »Beinahe jeden Tag«, sagte Christian; »natürlich nur, wenn jemand es haben will.«
    »Obacht geben!«, schrie in diesem Augenblick Glück; »der Wurzelherr der Steppe naht! Bleibt oben!« Er lief ins Führerhaus
     und schlug die Türe zu.
    »Was ist los?«, fragte Christian und ließ den Schraubdeckel fallen.
    »Glück meint den Wolf«, sagte Großer-Tiger ruhig.
    Christian sprang auf. Rings über den Hügeln stand der Morgenhimmel in festlichem Glanz. Die Sonne zögerte noch, und in den
     Tälern schwebten hauchdünne Nebelstreifen, aus denenhin und wieder galoppierende Reiter auftauchten. Es wurden immer mehr, und sie schrien laut und schwenkten Lassos, die an
     Stangen festgemacht waren. In wenigen Augenblicken war rund um die Anhöhe der Teufel los.
    »Die Jäger kommen!«, rief Christian, Großer-Tiger jedoch schüttelte den Kopf.
    »Du denkst wohl«, rief Christian, »der Wolf käme von allein hier herauf?«
    »Das tut er«, versicherte Großer-Tiger, »mein Onkel   …«
    »Was hat er erzählt? Sprich schnell! Kwai, kwai!«
    »Er sagt, dass der Wolf auf Hügel und Berge springt, wenn er verfolgt wird.«
    »Er kommt!«, rief Christian. »Nein, sie kommen! Es sind zwei!«
    Großer-Tiger schaute neugierig über die Fässer. Da kamen den Hang herauf, auf dem gleichen Weg, den sie gestern Abend mit
     den Ziegen zum Kloster gegangen waren, zwei Wölfe in voller Flucht. Ein Reiter mit Lasso folgte ihnen. Er trieb sein Pferd
     mit dem Daschior in der Linken zu höchster Eile, die Rechte hielt das Lasso wurfbereit; aber die Wölfe liefen um ihr Leben.
     Da hob sich der Mann in den Steigbügeln, und das Pferd verstand, dass es jetzt sein Letztes hergeben müsse. Es galoppierte
     über den harten Boden, die Hufe setzten fast gleichzeitig auf; es lief, ja beinahe flog es. Aber die Wölfe liefen auch, bis
     einer nicht mehr konnte und ihn das Lasso des Reiters erreichte. Es gab einen gewaltigen Ruck; das Seil straffte sich und
     hob den Wolf mit allen vieren vom Erdboden. Er fiel auf den Rücken und kam von da an nicht mehr auf die Beine, denn der Reiter
     und sein Pferd waren von der gleichen Raserei besessen. Sie schleiften den Wolf hügelab im Galopp hinter sich drein. Er überschlug
     sich mehrere Male und blieb dann tot liegen.
    Der andere Wolf hatte die Anhöhe erreicht. Er stand erschöpft mit bebenden Flanken keine zehn Schritt weit von dem Wagen und
     blickte auf seine Feinde rundum, die jetzt mit verhängten Zügeln die Anhöhe heraufpreschten.
    Der Wolf wollte von neuem fliehen, aber er konnte nicht, denn auch hinter der Jurte kamen plötzlich Reiter zum Vorschein.
     Da sah der Wolf, dass er eingeschlossen war. Er stemmte sich mitgekrümmtem Rücken und steifen Vorderläufen gegen die Erde, seine Zähne schlugen aufeinander, er knurrte heiser aus offenem
     Rachen, und dann klappte er das Gebiss wieder zusammen, dass es krachte.
    Großer-Tiger lief ein Schauer über den Rücken, und Christian lag nicht mehr viel daran, einen Wolf in nächster Nähe zu haben.
     Beide blickten gebannt auf ihn, wie er sich noch tiefer duckte und dabei anfing, rückwärts zu kriechen.
    Als der erste Jäger mit wurfbereitem Lasso vorüberjagte, war der Wolf verschwunden.
    »Er sitzt unter dem Wagen!«, flüsterte Christian.
    »Es gibt keine Hilfe«, sagte Großer-Tiger gefasst.
    Der Kreis der Jäger hatte sich geschlossen. Die Pferde schnaubten, weißer Schaum troff von den Mäulern, die Hufe stampften
     den Boden, und die Reiter schrien eine Art Jagdgeheul aus vollem Hals. Einige stocherten mit den Lassostangen unter den Wagen,
     aber der Wolf ließ sich nicht vertreiben. Trotz des Lärms hörte man seinen pfeifenden Atem und das Schnappen der Zähne.
    Glück öffnete das Fensterchen der Rückwand. »Was gibt’s?«, fragte er.
    »Der Wolf sitzt unter dem Wagen«, berichtete Großer-Tiger sachlich.
    Grünmantel grinste. Er saß in Sicherheit und hatte leicht vergnügt sein. »Fahr zu«, sagte er zu Glück, »es ist ohnehin Zeit.«
    »Gern, wenn du die Kurbel drehst.«
    »Du weißt, ich kann das nicht sehr gut«, erwiderte Grünmantel betreten.
    »Ich zeige es dir«, sagte Glück bereitwillig und öffnete die Tür des Führerhauses ein wenig.
    »Hilfe!«, schrie Grünmantel, »er will den Wolf auf mich hetzen!« »Schrei nicht so!«, sagte Glück

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