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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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geschlossen hatte. Diebeiden mussten sich etwas Wichtiges zu sagen haben, denn sie gingen ein Stück seitab, bis sie außer Hörweite waren. Großer-Tiger
     und Christian standen hinter den Fässern und schauten zu. Auch Grünmantel beugte sich neugierig vor, und weil er sich unbeobachtet
     glaubte, öffnete er leise das Fenster an seiner Seite. Doch deswegen hörte er noch lange nicht, was Glück und Mondschein miteinander
     verhandelten. Sie waren stehengeblieben, und Mondschein redete auf Glück ein. Dann trat er einen Schritt zurück, verneigte
     sich, griff in seinen Gürtel und zog etwas heraus, das er mit beiden Händen Glück darbot, der es mit ehrfürchtiger Bewegung
     ergriff, zur Nase führte und dann wieder in die Hände Mondscheins legte. Darauf verneigten sie sich voreinander, und als sie
     das getan hatten, kehrten sie zu den Übrigen zurück, lachten und waren auf einmal die besten Freunde. Grünmantel schloss das
     Fenster wieder zu.
    »He, ihr Hüttenbrüder!«, rief Glück fröhlich, »wo steckt ihr denn?«
    Großer-Tiger und Christian traten hinter den Fässern vor.
    »Wir sind hier«, sagten sie; »was steht zu Diensten, befehlender Herr?«
    »Kommt herunter!«, rief Mondschein, »ihr seid wohl stolz?«
    »Die Kleinen«, erwiderte Großer-Tiger höflich, »wünschen nicht, sich vorzudrängen.«
    Glück schnupperte und blähte die Nasenflügel, als er dem Wagen näher kam. »Habt ihr die Kanne mit dem roten Strich umgeworfen?«,
     fragte er.
    »Was das anlangt«, gab Christian zu, »so ist etwas verschüttet worden.«
    »Aber nicht viel«, sagte Großer-Tiger schnell, »nur ein ganz klein bisschen.«
    Dann erzählte er, wie es mit dem Wolf gewesen war, den Christian betäubt hatte, und Mondschein sagte zu Glück: »Deine beiden
     jüngeren Brüder sind Helden und Söhne von Helden. Man muss ihnen zwei Worte Ehre sagen.«
    »Meinetwegen«, brummte Glück, »aber sie haben genug verschüttet, um zehn Wölfe ohnmächtig zu machen.«
    Er kletterte auf den Wagen, weil er in die Kanne schauen wollte,ob noch etwas darin wäre, und Mondschein hob nacheinander Christian und Großer-Tiger herunter. Er führte sie durch die Menge
     der Reiter und Pferde zu dem Mann, der die zwei Wölfe im Anfang allein gejagt und dann den einen mit dem Lasso getötet hatte.
    Sie verneigten sich artig, und Großer-Tiger sagte: »Wir grüßen den Herzog von Hanta, und wir wünschen ihm Reichtum, Glück
     und langes Leben.«
    »Meine Söhne«, sprach der Herzog, »woher wisst ihr, wer ich bin?«
    »Der Sunit-Wang«, berichtete Christian, »hat gesagt: ›Ich werde den Herzog von Hanta bitten, dass er die Jagd leite.‹ Da Ihr
     sie eröffnet habt, müsst Ihr der Herzog sein.«
    »Der Himmel weiß, was ihr für Burschen seid!«, rief der Herzog erstaunt; »wollt ihr mit mir reiten?«
    »Ich bin noch nie auf einem Pferd gesessen«, sagte Großer-Tiger kleinlaut.
    »Wir bitten um weitherzige Entschuldigung«, sagte Christian, »wir müssen heute noch bis Küh-Wasser fahren.«
    »Bis Küh-Wasser?«, rief der Herzog unmutig; »was wollt ihr dort?«
    »Vielleicht«, sagte Großer-Tiger, »gibt es in Küh-Wasser ein Zelt, in dem wir schlafen können.«
    Ein Zelt gäbe es allerdings, warf Mondschein ein, und als ihn der Herzog fragend anblickte, fügte er als Erklärung hinzu:
     »Der Kaufmann Grünmantel fährt auch in dem Wagen, der von selber geht, da wird er in Küh-Wasser bei seinen Angestellten über
     Nacht bleiben wollen.«
    »Nehmt euch in Acht«, warnte der Herzog, »ihr seid in keiner guten Gesellschaft!«
    »Wir wissen es«, sagte Christian traurig.
    »Wir sitzen bedrängt unter einem kahlen Baum«, sagte Großer-Tiger.
    »So bleibt bei mir«, schlug der Herzog vor, »in meinem Zelt seid ihr sicher. Jeder kriegt ein Pferd, und ich lehre euch, wie
     man den Wolf mit dem Lasso fängt.«
    »Wir danken für übermäßige Güte«, sagte Großer-Tiger.
    »Wir müssen nämlich heim«, sagte Christian, »mein Vater wartet, meine Mutter wartet, und die alte Ama wartet auch auf mich.
     Wenn ich nicht nach Hause komme, wird man sagen: ›Diese Ama ist schuld, dass Kompass-Berg verlorenging.‹ Man wird sie entlassen,
     und sie wird ihr Gesicht verlieren.«
    »Da die Sache so ist«, gab der Herzog zu, »müsst ihr freilich nach Hause eilen, so schnell es geht. Der Wang hat mir gesagt,
     ihr reist über Sinkiang?«
    »Wir reisen auf diesem Weg«, bestätigte Christian.
    »Der befehlende Ehrwürdige in Urumtschi wird uns helfen«, sagte

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