Großstadt-Dschungel
sporadischen Nickerchen in der Bibliothek zwischen den Büchern und mehreren Kaffeetassen.
Seine Brust ist erstaunlich hart.
Okay, er ist kein Ethan Hawke, aber er ist wirklich süß, und ein Harvard-Absolvent, das macht ihn noch süßer. Ich könnte ihn heute Nacht verführen, und wir hätten wilden, leidenschaftlichen, animalischen Sex; wir würden Arm in Arm aufwachen und uns anlächeln, würden zum Frühstück frische Croissants essen und danach Händchen haltend am Fluss spazieren gehen.
Er riecht, sehr,
sehr
gut.
Er riecht wie?.
Unmöglich, ich kann keine ungezügelte Affäre mit einem Mann haben, der ?’s Rasierwasser benutzt. Der Punkt ist ganz einfach, ich muss jemanden finden, der mich nicht an? erinnert, sondern bei dem ich ihn vollkommen vergesse. Wenigstens für eine Weile. Ich denke mir das folgendermaßen: ? ist am Boden zerstört, dass ich mich in jemand anderen verliebt habe, und wird dann merken, dass ich seine wahre Liebe bin, und mich bitten, zu ihm zurückzukehren. Von dem Zeitpunkt an leben wir glücklich und zufrieden, bis dass der Tod uns scheidet.
Ich sollte das besser nicht laut sagen, oder?
Ich weiß, dass ich mir jemanden wünschen sollte, mit dem ich eine gesunde Beziehung führen könnte, in Wirklichkeit aber wäre ich absolut glücklich, einen anderen Mann dazu benutzen zu können, Jeremys Interesse zurückzugewinnen.
Seufz. Ich weiß, ich bin ein hoffnungsloser Fall.
Ich rücke etwas von Andrew ab. „Es tut mir schrecklich Leid. Ich sollte mich frisch machen.“ Auf seinem Hemd ist ein großer feuchter Fleck.
„Kein Problem.“ Er kritzelt etwas auf eine Streichholzschachtel. „Ruf mich jederzeit an, wenn dir danach ist, okay?“
„Danke.“ Mir wird diese ganze Veranstaltung zunehmend peinlicher.
Was für ein netter Typ.
Ich stoße die Tür zum Waschraum auf und treffe zehn Frauen, die ohne jede Scheu ihr Aussehen in den Spiegeln überprüfen. Ich weiß nicht genau, was es mit diesen Waschräumen in Bars auf sich hat, aber Frauen entwickeln dort merkwürdige Triebe: Sie sortieren öffentlich ihren Busen und die Unterhose neu, legen ihre Schminkutensilien wie einen Patronengürtel auf der Armatur ab. Konkret: Eine Frau mit Rock im Schlangenmuster zieht einen kompletten Kosmetikbeutel aus der Tasche, schüttet den Inhalt in das Porzellanbecken und sucht sich die Wimpernzange heraus.
Ich betrachte mich selbst im Spiegel. Anstatt rauchgrau zu schimmern, sehen meine Cosmo-Augen aus, als ob jemand mein Gesicht mit Asche bearbeitet hätte.
„Entschuldigung“, sage ich an die Schlangenrockfrau gewandt. „Hast du vielleicht auch Make-up-Entferner dabei?“
„Logisch, Kleines“, gibt sie zurück. (Sie ist um einiges älter, von daher „Kleines“. Es gibt nämlich einen Unterschied zwischen „Süße“, was Natalie gern benutzt, und „Kleines“.) „Da hast du einen Wattebausch, Kleines.“
„Danke.“ Ich sehe in den Spiegel und übe zu lächeln. Ich lächle wieder und wieder, bis es hinterhältig und dämonisch wirkt. Vielleicht werde ich zur Hexe. Männer lieben Hexen.
Ich verlasse den Waschraum und gehe wieder zum Tresen.
„Einen ‚Sex on the Beach‘, bitte.“ Vor lauter Wut fange ich auf dem Barhocker fast an, hin und her zu wippen. Eine Wasserstoffblonde sortiert sich ihr Haar neu und beugt sich dabei so weit nach vorn, dass der Anzug-Mann, mit dem sie sich unterhält, einen direkten Blick unter ihr Shirt ergattert. Die drei Männer, die an mir vorbeigehen, ordnen die Frauen nach einem Punktesystem. Ein Typ mit schlaffer Haut vergibt für die Brünette vier Hocker weiter laut und vernehmlich eine neun Komma fünf. Sie trägt einen langen Rock mit einem Schlitz bis unter die Achseln. Sein Gesicht erinnert wirklich eher an eine faule, gepellte Pampelmuse, seine Augen sind wie Rosinen. Die acht, die er jetzt vergibt, ist glaube ich für mich. Zu gern würde ich, Meisterin des Dramas, ihm meinen Drink über den Kopf gießen, entscheide mich aber, ihn in Grund und Boden zu starren. Schließlich ist ein Drink ein Drink, der nicht verschwendet werden darf. Ich starre ihn an, bis seine Haut sich in braune Pünktchen und orangefarbene Sprenkel aufzulösen scheint, als säße ich zu nah vor dem Fernseher.
Warum bin ich hier? Warum bin ich nicht zu Hause und sehe fern? Es ist fast elf, und ich könnte mit Sam „L and O“ sehen. Das Gekicher der Wasserstoffblonden hört sich an wie das aus dem Off eingespielte Lachen der nachmittäglichen Seifenopern. Ich
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