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Großstadt-Dschungel

Großstadt-Dschungel

Titel: Großstadt-Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Mlynowski
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gesagt? Ich weiß, dass es falsch ist! Kann ich es ändern? Ist es zu spät? Habe ich verloren? „Nicht Marvell! Ich meinte Ezra Pound.“ Ich hätte mein Magisterexamen zu Ende machen sollen! Warum nur habe ich das nicht getan?
    „Okay, Ezra Pound. Bist du sicher?“
    „Nein. Es könnte auch William Carlos Williams sein. Ich bin nicht sicher, aber ich denke, es war Pound.“
    „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es Pound war?“
    „Einundfünfzig Prozent Pound, vierundvierzig Prozent William Carlos Williams. Vier Prozent seine Frau. Warte, ich bin mir nicht sicher, ob er überhaupt verheiratet war.“
    „Es könnte also seine Frau gewesen sein, wenn er verheiratet war?“
    Eventuell. „Ich bin mir nicht sicher, aber ich tippe auf Pound.“
    „Okay. Danke. Gute Nacht!“
    Aufgelegt.
    Gute Nacht? Gute Nacht! Wie soll ich wohl in den Schlaf finden, wenn ich nicht weiß, ob ich Recht hatte? Zum Glück ist mein Bücherregal inzwischen voll intakt. Ganz oben auf dem Regal liegt die Schullektüre. Dann kommen die Klassiker. Auf dem dritten Boden stehen die Schmöker, auf dem vierten die Bücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert, und ganz unten stehen die Liebesromane. Ich habe jeden Abschnitt nach Verlagen sortiert – ein ziemlich Zeit raubendes Unterfangen, wegen dem ich einen hochspannenden Film zur besten Sendezeit verpasst habe. Ich hätte mir dieses Zeit raubende Unterfangen für einen Abend wie den heutigen aufheben sollen.
    Ich finde eine Ausgabe von „Das wüste Land“ in einem meiner Bücher von Norton. Es ist wirklich Ezra Pound gewidmet.
    Danke dir, Herr. Und danke dir, T.S. Vielleicht sollte ich mich von heute an in Demut F.J. nennen.
    Vergiss es.
    Um exakt 1:07 Uhr klingelt mein Telefon.
    „Hallo?“
    „Gut, ich dachte schon, ich wecke dich auf.“ Es ist Iris.
    „Du hast mich geweckt. Ich habe dir schon vor drei Stunden gesagt, dass ich ins Bett will.“
    „Ich weiß, aber das ist ein Notfall.“
    „Warum?“
    „Weil Kyle früh von der Party abgehauen ist und Michael mir seine Nummer gegeben und gesagt hat, ich soll ihn anrufen.“
    „Michael anrufen?“
    „Nein, Kyle.“
    „Wer ist Michael?“
    „Ein Freund von Kyle.“
    „Hast du angerufen?“
    „Noch nicht. Soll ich?“
    „Wird Tamara dir das nicht übel nehmen?“
    „Sie kriegt es nicht mit. Ich rufe nur an, und wir quatschen, und dann fragt er mich hoffentlich, ob wir uns treffen wollen. Mein Make-up sieht noch super aus.“
    „Du willst jetzt noch ausgehen? Es ist 1:08 Uhr! Habt ihr kein Ausgehverbot?“
    „Doch, aber zur Not kann ich aus dem Fenster klettern.
    Anrufe zu verzweifelter Stunde verlangen nach verzweifelten Maßnahmen.“
    „Na, dann ruf ihn an.“
    „Gut. Aber ich will, dass du am Telefon bleibst. Ich mache das per Konferenzschaltung.“
    „Und wenn ich lache?“
    „Lach eben nicht!“
    „Aber was, wenn ich es mir nicht verkneifen kann? Ist das wirklich eine gute Idee?“
    „Bitte, bitte, bitte.“
    „Also schön.“
    Ich höre das digitale Piepsen der Schnellwahlfunktion (offensichtlich hatte sie seine Nummer bereits einprogrammiert) und dann eine tiefe männliche Stimme „Hallo?“ sagen.
    „Ist Kyle da?“
    „Ich bin dran.“
    „Hi, wie geht? Ich bin’s, Iris.“
    „Hi, Iris, wie geht?“
    Was ist denn „Wie geht“? Warum lassen sie das „s“ weg?
    „Ganz gut. Ich mach nichts Besonderes, sitze einfach zu Hause rum. Und du?“
    „Ach weißt du, ich chille ein bisschen auf meiner Polstergarnitur ab.“
    Dieser Junge hat eine Polstergarnitur? Warum hat er eine Polstergarnitur? Wie alt ist er? Warum chillt er?
    „Oh.“ Das ist Iris.
    Schweigen. Mehr Schweigen. Soll ich mich einmischen?
Beeeeep
. Ups. Das war ein Unfall, ich schwöre.
    „Na dann, viel Spaß“, sagt sie. „Wir sehen uns.“
    „Okay.“ Ich vernehme einen Hauch Irritation in Kyles Stimme, die eine Oktave tiefer ist, als ich gedacht hätte.
    „Okay, bye.“ Iris unterbricht die Verbindung mit Kyle. Erneute Stille.
    Ich fange an zu lachen.
    „Hör auf!“ befiehlt Iris, obwohl sie sich selbst kaum halten kann.
    „Tolle Vorstellung! Ich bin beeindruckt!“
    „So ein Mist! So ein Mist!“
    „Warum hat er eine Polstergarnitur?“
    „So ein Mist! Irgendwann in meinem Leben werde ich in der Lage sein, Männer wie normale Menschen zu behandeln, stimmt’s?“
    „Ich halte dich auf dem Laufenden.“
    Das ganze Gekicher ist tödlich für meinen Bauchnabel.

11. KAPITEL
    O h, Mann
    Ich will gerade anfangen, „Der Scheich

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