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Grounded (German Edition)

Grounded (German Edition)

Titel: Grounded (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy A. Luvers
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Bett, den R ücken in meine Richtung; in ihrem Schoß lag ein Album. Sie hatte die Hand vor den Mund geschlagen und ihre Schultern bebten.
    „Ell.“
    Ich ließ mich neben ihr auf das Bett sinken. Vor ihr lagen unsere Familienfotos. Auch sie hatte, wie ich vor einiger Zeit, in Erinnerungen schwelgen wollen. Sie musste die Alben in meinem Schrank gefunden haben.
    Was um Himmels Willen hatte sie an meinem Schrank zu suchen? Nun ja. Darüber konnte ich mir auch später noch Gedanken machen.
    Die aufgeschlagene Seite zeigte Ells Jugen dweihe. Sie saß auf Dads Schoß, eigentlich zu groß und zu hübsch gekleidet, um auf dem Schoß ihres Vaters zu sitzen. Gerade das verlieh dem Bild einen idyllischen und grotesken Flair zugleich. Ihre Wange lehnte an Dads Hals, die Arme hatte sie um seinen Rumpf geschlungen.
    Seine Hand ruhte auf ihrem Haarschopf, nur wenige Zentimeter daneben drückten sich seine Lippen in ihr Haar.
    Ell glitt beinahe von selbst in meine Arme und vergrub das Gesicht an meiner Brust; ihre Hände suchten Halt an meinem Shirt. Beinahe automatisch begannen meine Finger, streichelnde Bewegungen über ihren Kopf zu vollführen.
    „Ell.“
    Sie sprach kein einziges Wort, aber das brauchte sie auch nicht. Ich verstand. Ell schluchzte lange Zeit und ich drückte viele Küsse auf ihr Haar, denn es gab nichts, das tröstender gewesen wäre. Es gab Zeiten im Leben, in denen Worte nicht das Geringste auszurichten vermochten.
    Es reichte nicht, das wurde mir in diesem M oment klar.
    Ich reichte nicht.
    Ich würde niemals Mum und Dad ersetzen können und ich würde niemals sagen können „Sei nicht traurig, du hast doch mich“, denn ich allein genügte nicht. Konnte es nicht. Dieses Loch, das in Ells Leben klaffte, würde niemals von mir geflickt werden können.
    „Ell“, wisperte ich heiser gegen ihre Stirn. Es fiel mir schwer, zu sagen, was ich dachte, aber es musste sein. Es nicht auszusprechen, wäre unfair gewesen. Man musste der Realität ins Auge sehen, egal, wie hart sie sein mochte, denn das war das einzig Richtige. Oder? „Willst du nach Neuseeland? Zu Oma und Opa?“
    Sie hielt inne, hob das Gesicht und wischte sich über die tränennassen Augen. Aus ihrem Blick sprach Unglaube. „Hä?“
    „Willst du nach Neuseeland ziehen?“
    Ihre Kinnlade klappte herunter. „Du willst mich loswerden?!“
    „Nein. Aber du bist unglücklich hier.“
    „Natürlich bin ich das.“ Meine Schwester musterte mich fassungslos. „Aber deshalb will ich doch nicht nach Neuseeland. Ich will hier bleiben, bei meinen Freunden.“
    Ich atmete tief durch. „Soll ich Oma und Opa bitten, hierher zu kommen?“
    „Was? Nein. Warum fragst du mich so was?“ Sie wirkte überfordert. „Warum sollten wir sie bitten, herzukommen?“
    Ich ignorierte ihre Frage und sammelte mich erneut. „Ell. Möchtest du …“ Ich brach ab und musste tief durchatmen. Das war wesentlich schwieriger, als ich gehofft hatte. „Also. Hättest du gern Pflegeeltern?“
    „Oh mein Gott! Du willst mich doch loswe rden!“ Entsetzt rutschte Ell fort von mir, erneut liefen die Tränen in Strömen ihre Wangen hinab.
    „Nein, das ist es nicht!“
    „Es klingt aber sehr danach! Sag doch einfach, dass ich dir zur Last falle!!“, rief sie schluchzend.
    „Das ist es nicht“, wiederholte ich leise.
    „Sondern?“ Ihre Wangen glühten, als würde sie fiebern.
    „Ell, ich weiß nicht weiter.“ Meine Hände vol lführten ungeschickte Gesten, die weniger meine Worte unterstreichen, als vielmehr meine eigene Unzulänglichkeit vertuschen sollten. „Du bist todunglücklich und es gibt nichts, was ich für dich tun kann. Ich kann Dad oder Mum nicht ersetzen. Ich kann sie nicht mal besonders gut vertreten.“
    „Und deshalb will ich automatisch lieber w oanders sein, das denkst du?“ Ich schwieg. „Du hast Recht“, sagte Ell dann, „du kannst Mum und Dad nicht ersetzen.“ Ihre Augen stießen wie Dolche direkt durch meine Kehle und Brust. „Natürlich kannst du das nicht. Und natürlich vermisse ich sie jeden Tag. Du etwa nicht?“ Meine Schwester wischte sich über die verweinten Augen. Dann schmiegte sie sich wieder in meine Arme. „Aber ich hab doch keinen mehr außer dir. Schick mich nicht weg. Ich will nicht von dir getrennt sein.“ Sie begann erneut zu weinen.
    „Ich schicke dich doch nicht weg. Niemals.“ Meine Lunge zog sich schmerzhaft zusammen und ich spürte, wie meine Augen feucht wurden. „Aber vielleicht bin ich zu egoistisch?

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