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Gruber Geht

Gruber Geht

Titel: Gruber Geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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seiner Jacke, hängt sie über einen der Stühle, fischt die eingerollte Zeitung und das iPhone aus den Taschen, schnürt seine Schuhe auf, legt sich auf das Bett am Fenster, den Kopf auf die Hände, und sieht hinaus in den Himmel. Schön, der Blick. Wäre schöner, wenn er nur auf Besuch hier wäre, oder als Begleitung. Kathi hatte mitkommen wollen, aber sie würde nur furchtbar nerven, und was konnte sie schon tun, Gruber hatte den Vorschlag sehr entschieden abgelehnt. Er liegt hier, wenn er hier schon liegen muss, lieber allein. Die drei, vier Stunden lang, je nachdem, mit welcher Geschwindigkeit die Flüssigkeit durch sein System gepumpt wird, also je nachdem, welche Ärztin gerade für ihn zuständig ist: Die mit der French Manicure, die er beim ersten Mal schon hatte, die gerne flirtet und die er durchaus auch privat einmal treffen würde, oder die Kärntnerin, die letztes Mal gleich drei Mal daneben gestochen hat und mehr freundlich schaut als freundlich redet. Es gibt hier zwar niemand Unfreundlichen, aber es gibt Freundliche und Freundlichere. Die mit der French Manicure, Dr. Dings, warte mal, Moment, Dr. Nowak, genau, die ist definitiv freundlicher, und halleluja, gerade als Gruber sich auf dem Bett zurechtgeruckelt und die Zeitung ausgebreitet hat, betritt sie das Zimmer. Forscher Schritt. Großes, offenes Lächeln. Viele weiße Zähne. Strenge Kurzhaarfrisur, aber nicht ungeil. Sie trägt die Kartonschüssel vor sich her, mit den Spritzen darauf und dem Zugang, der ausschaut wie ein Schmetterling. In der anderen Hand hält sie drei Plastikbeutel mit klaren Flüssigkeiten. «Wo ist der junge Mann?» Es ist ein Spiel, sie spielt es mit jedem Patienten, Gruber hat es gehört, wenn sie eines der Nebenzimmer betrat. Sie hat einen leichten Akzent. Tschechin. Oder Slowakin.
    «Hier. Schönen, guten Tag, Frau Doktor Nowak.» Da schau, sie ist beeindruckt. Gruber grinst und setzt sich auf. Sie ist ziemlich sicher jünger als er, er schätzt sie auf Anfang dreißig, höchstens dreiunddreißig. Sie hängt die Beutel in das Gestell, den Baum, wie man das hier nennt, und beugt sich über Gruber. «Geht es Ihnen gut?» No answer requested. «Wo sollen wir?» Grubers hellblau karierte Ärmel sind des warmen Tages wegen aufgekrempelt, sie betrachtet seinen linken Arm. «Oje. Hier sicher nicht.» Der linke Arm leidet noch immer unter den Folgen der Behandlung durch die Kärntner Ärztin, vom Handgelenk zum Ellbogen zieht sich eine Schwellung, die in den drei Wochen seit Grubers letztem Besuch hier von Blau nach Grau und von Grau nach Grün wechselte und sich jetzt in ein blasses, marmoriertes Pissgelb verwandelt, das Gruber noch immer daran hindert, kurze Ärmel zu tragen, weil ihn dann alle für einen Junkie halten würden. Wenn Gruber denn etwas Derartiges wie kurze Ärmel überhaupt je tragen würde, was, außer auf dem Land oder am Strand, sowieso nicht in Frage kommt. Na gut, abgesehen von Polos. Aber nie T-Shirts. Und niemals ein Kurzarm-Hemd, Gruber stellt es jedes Mal die Haare auf, wenn er so einen Bürospießer im Kurzärmligen sieht, im schlimmsten Fall auch noch mit Krawatte. Unterirdisch. Stil ist, so Gruber zu jedem, den es interessiert, keine Frage der Außentemperatur.
    Die Ärztin zieht ihm die Gummischnur über den rechten Arm. Zurrt sie fest. Klopft auf seine Venen. «Da. Ist doch eh schen.» Gruber schaut in die andere Richtung, er hat das Stechen nicht gern, noch immer nicht, jetzt erst recht nicht. Hätte Gruber das Stechen je gern gehabt oder auch nur ertragen, dann hätte er früher nicht die Wirkung des Heroins durch Inhalationstechniken minimiert. Permanent hat man ihm erzählt, wie viel großartiger die Wirkung sei, wenn das Zeug durch die Vene ins Gehirn pfeife und wie sich schlagartig jede Spannung im Körper löse und durch eine ultimative Wärme, ja, durch eine merkwürdige rein physische Form von Glück ersetzt werde. Kathi, die furchtlose, pragmatische Kathi, die sich so was traut, hat es ihm immer wieder erzählt, und Gruber sah ihr zu, wie sie in die Kissen sank mit verschwimmendem Blick und einem blöden Grinsen. Aber er konnte nicht. Er konnte einfach nicht. Er verbrannte das Heroin in einem Stück Alufolie und sog den Rauch ein, während er traurig dabei zusah, wie sich ganze Schwaden des sündteuren Qualms in Luft auflösten. Vielleicht wäre jetzt der Moment, mit dem Fixen zu beginnen. Ja. Jetzt, wo eh schon gestochen wird. Macht ihn zwar nicht gesünder, hat aber vermutlich eine

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