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Gruber Geht

Gruber Geht

Titel: Gruber Geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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dankenswerterweise mitgenommen hat und wo er sich, wie Gruber findet, als eines derartigen Etablissements durchaus würdig erwiesen hat. Dafür sind solche Etablissements doch da, dafür zahlt man doch die überteuerten Getränke in den, Gruber konnte es erst nicht fassen, Plastikgläsern, dafür erträgt man doch die grauenvollen geblümten Fake-Chippendale-Sessel, dass man sich da dann die eine oder andere soziale Auffälligkeit leisten darf. Die im akuten Gruberschen Fall darin bestand, einen schwulen, migräneerregend quäkenden Designer gegen dessen Willen über die Mängel seiner aktuellen Kollektion aufzuklären und des Weiteren persönlich und eigenhändig herauszufinden, dass die Kunststoffgläser einen höheren Zweck haben, nämlich den, dass sie, wenn man sie spätnachts im Taumel akuter, multitoxischer Lebensfreude (Gruber hatte, in alphabetischer Reihenfolge, Bier, Champagner, Gin Tonic, Kokain, Marihuana, Weißwein und Vodka Gimlets) von der Dachterrasse in die grandiose Aussicht hineinwirft, keinen gröberen Schaden anrichten. Wieder was gelernt! Und diesmal etwas direkt Sinnvolles, jetzt einmal im Vergleich zu den Nahrungsmittelunverträglichkeiten von Schwangeren. Immerhin war er, nach dem Aggregatzustand seiner Kleider zu schließen, nicht in den blau strahlenden Pool gefallen und hatte, soweit seine Erinnerungen beieinander waren, auch niemanden in den Pool gestoßen, oder? Nein, hat er nicht. Leider konnte Gruber danach, das muss gegen halb vier in der Früh gewesen sein, das Mietrad nicht mehr finden, er konnte sich partout nicht mehr erinnern, wann und wo er es zuletzt gehabt und abgestellt hatte, zwischen welchen zwei Lokalen ihm die Fortbewegung per Rad zu anstrengend und uncool geworden und er auf Taxis umgestiegen war.
    Was ihn jetzt überhaupt erst ins Galão geführt hat, denn er glaubt, dass er irgendwo hier in der Gegend, ja in exakt dieser Straße das Rad vor einer dieser Saufhütten abgestellt hat. Er suchte, na ja, eine Zeitlang danach und fand das Unternehmen extrem erschwert durch den Umstand, dass er sich nicht mehr genau erinnern kann, wie das Rad ausgesehen hat. Er weiß eigentlich überhaupt nicht mehr, wie es ausgesehen hat, er weiß nur noch, dass der Sattel zu niedrig und hodenwärts extrem unbequem war. Aber er kann sich jetzt ja hier schlecht auf jedes Rad setzen, um dessen Wirkung auf seine Eier auszutesten, Himmel. Nach fünf Minuten erfolglosen Suchens brauchte Gruber jedenfalls dringend eine kleine Pause und wählte dafür das Galão. Scheißidee, das mit dem Rad, wie ist er bloß auf diese bobomäßige Drecksidee gekommen. Eine Stärkung könnte auch nicht schaden; die Sandwiches in der Vitrine sahen, als er um den Kaffee angestanden war, ganz lecker aus. Die Mädels dahinter auch. Das Lokal allerdings. So Middäh, Oida. Derlei würde in Wien oder anderswo keine zwei Wochen überstehen, und mit Recht, weil in Wien und anderswo die Gäste derart Luxus-verwöhnt sind, dass sie bei der Nahrungsaufnahme ihre Teller und Gläser gerne mal auf einen Tisch stellen. Haben sie hier nicht, Tische. Die Leute platzieren ihre Sandwiches und Getränke auf dem Boden oder der Bank neben sich, als wäre etwas technisch derart Elaboriertes wie der Tisch noch gar nicht erfunden. Sollte man denen mal sagen, vielleicht. Gruber war noch keine drei Minuten angestanden, da hatte schon einer mit dem Fuß sein Kaffeeglas umgeschmissen und dann, heilige Scheiße, die Scherben eigenhändig zusammengekehrt. Darfjanichtwahrsein. Wie weit sich die Leute erniedrigen, nur um lieb und lässig zu wirken. Genau an solchen beschämenden Beispielen, findet Gruber, zeigt sich doch die Pervertiertheit und komplette Eierlosigkeit des Bobo-Lebensstils. Muss er Kathi erzählen. Und Carmen, denn die hat ihm das Lokal natürlich empfohlen, musst unbedingt im Galão frühstücken, wenn du in Berlin bist, hatte Carmen gesagt. Davon, dass es hier keine Tische gibt und kein Klo und die Gäste zu Putzdiensten genötigt werden, davon hatte sie nichts gesagt. Er wär ja eh nicht extra hergekommen, wenn er nicht im Zuge seiner fahrradfahnderischen Ermittlungen zufällig daran vorbeigelaufen wäre, ah, Galão, hatte nicht Carmen? Und zufällig fühlt er sich in dem Moment einfach zu schwach, um sich ein menschenwürdiges Lokal zu suchen, zum Beispiel eines, in dem man bedient wird. Allerdings ist der Kaffee gut, der Kaffee ist für deutsche Verhältnisse geradezu sensationell, er will noch einen Kaffee, und diesmal so

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