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Gruber Geht

Gruber Geht

Titel: Gruber Geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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schlimm bis jetzt?»
    «Geht so», sagt Gruber, «geht so.»
    Glatte Lüge. Riesengroße, totale Super-Mega-Lüge. Es ging eigentlich gar nicht. Es war bei der zweiten Chemo dasselbe gewesen wie beim ersten Mal, wenn nicht schlimmer. Mit dem Unterschied, dass es ein paar Stunden, nachdem er begonnen hatte, seine Innereien in einen Kübel neben seinem Bett zu reihern, an seiner Tür zu läuten anfing, und geläutet und geläutet und geläutet und mit dem Läuten nicht mehr aufgehört hatte, bis Gruber seinen zentnerschweren Leib würgend und mit schmerzbrüllender Muskulatur endlich zur Tür geschoben und in die Fernsprechanlage gekeucht hatte: WA S ! Mach auf, hatte seine Mutter gesagt. Nein. Nicht jetzt. Bitte, Gott, ich leide doch eh schon so. Mutter, hatte Gruber mit seiner festest möglichen Stimme gesagt, es passt grad nicht so gut, Mutter. Sollte sie ruhig glauben, dass sie ihn beim Vögeln gestört hat. Wurscht was, Hauptsache, sie machte einen Abgang. Mach auf, Johannes, hatte seine Mutter gesagt. Ob sie nicht bitte ein anderes Mal wiederkommen könne, hatte Gruber, schon wieder kurz vorm Speiben, mit entschieden weniger fester Stimme gesagt, es gehe ihm grad nicht so. Ich weiß, Johannes, hatte seine Mutter gesagt, also mach auf, und aus ihrer Stimme hatte Gruber jetzt trotz der elektronischen Verzerrung herausgehört, dass sie tatsächlich wusste. Gottverdammt. Seine Mutter konnte er jetzt brauchen wie einen Ausschlag am Hintern. Aber genau wie ein Ausschlag würde seine Mutter auch so schnell nicht weggehen, er hatte also besiegt auf den Summer gedrückt und die Wohnungstür entsperrt. Dann hatte er sich wieder hingelegt. Er hatte gehört, wie sie zur Tür hereinkam und etwas in die Küche stellte. Dann war sie in sein Schlafzimmer gekommen, hatte sich an sein Bett gesetzt, ihm über den haarlosen Kopf gestreichelt und ihn auf die Stirn geküsst. Wie siehst du denn aus. Warum hast du nicht angerufen. Dummkopf. Ich bin deine Mutter. Ich bin Ärztin. Warum hast du nicht gleich. Warum? Dummerchen. WEI L du meine Mutter bist, Mutter, hatte Gruber matt gesagt, und WEI L du Ärztin bist, deshalb. Hatte dann aber brav und ohne lang zu fragen die drei Tabletten geschluckt, die sie ihm in der hohlen Hand hingehalten hatte. Hatte ergeben die Zunge herausgestreckt, damit sie irgendwelche Globuli darauf verteilen konnte, nicht schlucken, langsam unter der Zunge zergehen lassen. Und hatte dann sogar den chinesischen Tee getrunken, der, wie seine Mutter versicherte, gegen die Übelkeit helfen werde, wenngleich Gruber seiner Mutter unter Würgen versicherte, dass jede Art von Tee seine Übelkeit zuverlässig maximiere. Hatte tatsächlich nur noch zwei Mal gekotzt, weniger schlimm als vorher, und die Übelkeit war tatsächlich weniger geworden. Und hatte seiner Mutter, die sich unter Grubers schreckgeweitetem Blick einen seiner Fauteuils ins Schlafzimmer gezogen hatte (der Boden, Mutter, pass auf, bitte!) endlich alles über seinen Zustand erzählt, obwohl sie offenbar eh schon das meiste wusste. Hatte Kathi verflucht, die ganz augenscheinlich nicht dichtgehalten und trotz grausamster Gruberscher Drohungen alles an die Mutter weitergeplaudert hatte. Und hatte dann acht oder neun Stunden durchgeschlafen. War aufgewacht und hatte sie in der Küche fuhrwerken gehört. Hatte sich, obwohl er sich deutlich erfrischt fühlte, noch ein wenig totgestellt, vielleicht würde sie ja doch verschwinden. Schließlich hatte er eingesehen, dass das nicht geschehen würde, war aufgestanden und hatte die Suppe gegessen, die sie ihm in der Zwischenzeit gekocht hatte. Suppe zum Frühstück, Mutter? Warum nicht, essen sie in Asien ja auch. Sie hatte offenbar auf dem Sofa geschlafen, auf dem Sofa mit dem Bierfleck, das Kathi dann trotzdem nicht gewollt hatte, kein Platz, kein Bedarf, aber danke, sehr lieb. Doch immerhin gab es jetzt Suppe, in seiner Küche, tatsächlich, unglaublich, es war ja natürlich nie etwas geworden aus seinem nächtlichen Suppenplan, obwohl Kathi ihm schon am nächsten Tag ein Rezept von Johanna Maier (zwei Sterne) gemailt hatte, das so klang oder von Kathi so runtergebrochen worden war, dass es auch ein Kochdepp wie Gruber hinkriegen konnte. Allerdings hatte seine Mutter keine Rindssuppe gekocht, sondern eine chinesische mit Huhn und Pilzen darin und irgendetwas Zerkochtem. Nach dem Rezept einer befreundeten chinesischen Ärztin. Denn sie beschäftige sich in letzter Zeit sehr mit traditioneller chinesischer Medizin,

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